· Fachbeitrag · Investitionsabzugsbetrag
Das Jahressteuergesetz bringt praxisrelevante Änderungen beim IAB mit sich
von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg, www.steuer-webinar.de
| Der Gesetzgeber hat im Jahressteuergesetz 2020 die Kriterien für den Investitionsabzugsbetrag (IAB) geändert. Allerdings ergaben sich im Vergleich zum Gesetzesentwurf doch einige Abweichungen! Ferner hat der Gesetzgeber ein beliebtes Steuergestaltungsmodell bei Personengesellschaften ausgehebelt, das der BFH 2017 noch zugelassen hatte. Ferner gab es wichtige verfahrensrechtliche Änderungen bei Betriebsprüfungen. Die sich aus den Änderungen des § 7g EStG ergebenden steuerlichen Folgen inkl. einer Checkliste werden nachfolgend dargestellt. |
1. Erweiterung der Voraussetzungen
Der Gesetzgeber hat für IAB, die ab dem 31.12.19 gebildet werden, die Nutzungsvoraussetzungen geändert.
1.1 Schädliche Verwendungen
Voraussetzung für die Inanspruchnahme des IAB war es bisher, dass es sich um die Anschaffung/Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens handelt, die mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden. Werden aufgrund der Anschaffung/Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsguts IAB hinzugerechnet und ggf. die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gemindert (§ 7g Abs. 2 EStG), das Wirtschaftsgut aber nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt (Verbleibens- und Nutzungsfristen), ist die Anwendung von § 7g Abs. 2 EStG rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 4 S. 1 EStG).
PRAXISTIPPS |
|
Nach BMF (20.3.17, IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02, BStBl I 17, 423, Rz. 38) wird die Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzung insbesondere dann nicht mehr erfüllt, wenn das Wirtschaftsgut innerhalb des Verbleibens- und Nutzungszeitraums
- 1. veräußert oder entnommen wird,
- 2. einem Anderen für mehr als drei Monate entgeltlich oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird (z. B. längerfristige Vermietung) oder
- 3. in einen anderen Betrieb, in eine ausländische Betriebsstätte oder in das Umlaufvermögen überführt wird.
1.2 Längerfristige Vermietung stellt keine schädliche Verwendung mehr dar
Die längerfristige Vermietung, d. h. länger als drei Monate (vgl. Punkt 2), wird durch die Neuregelung nicht mehr als schädliche Verwendung angesehen. Unternehmen können für IAB, die nach dem 31.12.19 gebildet werden, für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden, einen IAB abziehen.
|
Für ein Röntgengerät wurde ein IAB gebildet. Im Jahr der Anschaffung wurde es ausschließlich betrieblich genutzt. Im darauffolgenden Jahr wurde es für vier Monate ausschließlich selbst betrieblich genutzt und acht Monate an einen anderen Arzt vermietet.
Lösung (Neuregelung): Nach der Neuregelung ist die längerfristige Vermietung (länger als drei Monate) keine schädliche Verwendung mehr. |
1.3 Einführung einer einheitlichen Gewinngrenze
Für die Zugangsberechtigung zum IAB mussten bisher betriebliche Größenmerkmale in Abhängigkeit der Einkunfts- und Gewinnermittlungsart geprüft werden (§ 7g Abs. 1 S. 2 EStG). IAB konnten nur berücksichtigt werden, wenn der Betrieb am Schluss des jeweiligen Abzugsjahrs die in § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG genannten Größenmerkmale nicht überschreitet. Neu: Für nach dem 31.12.19 gebildete IAB spielen die Einkunftsarten und die Gewinnermittlungsarten keine Rolle mehr, denn es wurde eine einheitliche Gewinngrenze i. H. v. 200.000 EUR eingeführt. Hinweis: Im Rahmen des Gesetzesentwurfs war noch eine Gewinngrenze von 150.00 EUR vorgesehen.
Übersicht / | ||
Art des Betriebs | Für bis zum 31.12.19 gebildete IABs | Für nach dem 31.12.19 gebildete IABs |
Gewerbebetrieb/Freiberufler, bilanziert | Betriebsvermögen, max. 235.000 EUR |
Gewinngrenze max. 200.000 EUR |
Gewerbebetrieb/Freiberufler, EÜR | Gewinngrenze max. 100.000 EUR |
Beachten Sie | Die Verbesserung kommt daher schon regelmäßig für das Jahr 2020 zum Tragen.
|
Insbesondere im Bereich der Einnahmen-Überschuss-Rechner ist die Anhebung der maßgeblichen Gewinngrenze auf 200.000 EUR zu begrüßen und stellt eine Steuervereinfachung dar. |
2. Anpassung der Höhe der IAB
Der Gesetzgeber hat für IAB, die ab dem 31.12.19 gebildet werden, die Höhe von bisher bis zu 40 % auf nun bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten angepasst.
Beachten Sie | Soweit den IAB keine entsprechenden Investitionen gegenüberstehen, sind sie jedoch rückgängig zu machen.
Begünstigte Betriebe können IAB aber weiterhin nur bis zu einer Summe von insgesamt 200.000 EUR in Anspruch nehmen (§ 7g Abs. 1 S. 4 EStG). Dieser betriebsbezogene Höchstbetrag vermindert sich im jeweiligen Wirtschaftsjahr des Abzugs um die in den drei vorangegangenen Wirtschaftsjahren berücksichtigten Abzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 EStG, die noch „vorhanden“ sind, d. h. nicht wieder hinzugerechnet (§ 7g Abs. 2 S. 1 EStG) oder rückgängig gemacht wurden (§ 7g Abs. 3 und 4 EStG). Bei der Ermittlung des Höchstbetrags von 200.000 EUR bei Mitunternehmerschaften sind die im Bereich des gemeinschaftlichen Gewinns und die im Bereich der Sonderbetriebsgewinne in Anspruch genommenen und nicht wieder hinzugerechneten oder rückgängig gemachten IAB zusammenzufassen.
3. Gestaltungsmodell bei Mitunternehmerschaften ausgehebelt
Personengesellschaften und Gemeinschaften werden gemäß § 7g Abs. 7 EStG einem Steuerpflichtigen i. S. d. § 7g Abs. 1 bis 6 EStG gleichgestellt. Anders als die Regelungen zum Pendant der Reinvestitionsrücklage i. S. d. § 6b EStG erfolgt in der Anwendung des § 7g EStG auf Mitunternehmerschaften somit eine gesellschafts- und keine gesellschafterbezogene Betrachtung.
2017 hatte der BFH (15.11.17, VI R 44/16, BStBl II 19, 466, Beschluss) festgestellt, dass eine begünstigte Investition i. S. d. § 7g EStG auch dann vorliegt, wenn bei einer Personengesellschaft der IAB vom Gesamthandsgewinn abgezogen wurde und die geplante Investition innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums von einem ihrer Gesellschafter vorgenommen und in dessen Sonderbetriebsvermögen aktiviert wird. In diesen Fällen sei im Wirtschaftsjahr der Anschaffung der in Anspruch genommene IAB dem Sonderbetriebsgewinn des investierenden Gesellschafters außerbilanziell hinzuzurechnen. IAB konnten sowohl vom gemeinschaftlichen Gewinn als auch vom Sonderbetriebsgewinn eines Mitunternehmers abgezogen werden.
Im Bereich des gemeinschaftlichen Gewinns einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft in Anspruch genommene IAB konnten also auch für begünstigte Investitionen eines ihrer Gesellschafter oder Gemeinschafter im Sonderbetriebsvermögen verwendet und dem entsprechenden Sonderbetriebsgewinn außerbilanziell hinzugerechnet werden. Entsprechendes galt für im Bereich des Sonderbetriebsgewinns eines Gesellschafters oder Gemeinschafters beanspruchte IAB bei begünstigten Investitionen im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft oder Gemeinschaft sowie für im Bereich des Sonderbetriebsgewinns eines Gesellschafters oder Gemeinschafters beanspruchte IAB bei begünstigten Investitionen eines anderen Gesellschafters oder Gemeinschafters im Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft oder Gemeinschaft.
| ||||
Die R1 und R2 Rechtsanwälte GbR plant eine Investition und zieht daher einen IAB ab. Tatsächlich schafft jedoch Mitunternehmer R1 das begünstigte Wirtschaftsgut an. Damit befindet sich dieses in seinem Sonderbetriebsvermögen. | ||||
| ||||
Auswirkungen Rechtsanwalt R1 (Beteiligung 75 %) | Auswirkungen Rechtsanwalt R2 (Beteiligung 25 %) | |||
Bildung IAB | Abzug 75 % von 40 % = | ‒ 30 % | Abzug 25 % von 40 % = | d‒ 10 % |
Hinzurechnung IAB | volle Hinzurechnung = | + 40 % | ||
AK-Minderung | voller Abzug = | ‒ 40 % | ||
Spätere AfA und Sonder-AfA | voller Abzug im SBV = | ‒ 60 % | ||
Summe | ‒ 90 % | ‒ 10 % | ||
Tatsächliche Investition | 100 % | 0 % |
Mit dem Beschluss (BFH 15.11.17, VI R 44/16, BStBl II 19, 466) stellten die Richter klar, dass es für die Frage der tatsächlichen Investition nach Bildung eines IAB im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft unerheblich ist, dass der „Verbrauch“ durch eine Investition im Sonderbetriebsvermögen erfolgt. Dieses gelte auch bei einer entsprechenden Bildung des IAB im Sonderbereich eines Gesellschafters und einer entsprechenden Reinvestition im gesamthänderisch gebundenen Betriebsvermögen. Aufgrund der gesellschaftsbezogenen Betrachtung scheide eine Differenzierung zwischen Gesamthands- und Sonderbetriebsbereich für Zwecke des § 7g EStG aus. Durch dieses Grundsatzurteil ergaben sich einige Gestaltungsspielräume, die zuletzt durch das BMF übernommen wurden (vgl. BMF 26.8.19, IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02, BStBl I 19, 870).
Die Anschaffung eines begünstigten Wirtschaftsguts liegt nicht vor, wenn ein Gesellschafter oder Gemeinschafter ein Wirtschaftsgut von der Personengesellschaft oder Gemeinschaft erwirbt oder die Personengesellschaft oder Gemeinschaft oder ein anderer Gesellschafter oder Gemeinschafter ein Wirtschaftsgut erwirbt, das zuvor zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters oder Gemeinschafters gehörte, da in diesen Fällen das Wirtschaftsgut bereits vor der Anschaffung dem Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft zuzurechnen war (BMF 26.8.19, IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02, BStBl I 19, 870, Rz. 5).
Beachten Sie | Nach der Neufassung des § 7g Abs. 7 EStG können vom Gewinn der Gesamthand oder Gemeinschaft abgezogene IAB ausschließlich bei Investitionen der Personengesellschaft oder Gemeinschaft nach § 7g Abs. 2 S. 1 EStG gewinnerhöhend hinzugerechnet werden. Entsprechendes gilt für vom Sonderbetriebsgewinn eines Mitunternehmers abgezogene IAB bei Investitionen dieses Mitunternehmers oder seines Rechtsnachfolgers in seinem Sonderbetriebsvermögen.
Damit steht fest, dass abweichend von der BFH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2017 die Hinzurechnung von IAB nur in dem Vermögensbereich zulässig ist, in dem der Abzug erfolgte. Der Gesetzgeber stellt damit sicher, dass die Steuererleichterung nur demjenigen gewährt wird, der auch tatsächlich Investitionen tätigt. Dadurch wurde nunmehr die Flexibilität des IAB genommen und Gestaltungsspielräume bei Mitunternehmerschaften eingedämmt. Damit wäre die Konstellation aus dem obigen Beispiel nicht mehr möglich. Die Regelung findet erstmalig für IAB Anwendung, die in nach dem 31.12.20 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden.
4. Sonderabschreibung
Bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens können unter den Voraussetzungen des § 7g Abs. 6 EStG im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren neben den „normalen“ Abschreibungen nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch genommen werden. Die Voraussetzungen der einheitlichen Gewinngrenze (200.000 EUR) und der Möglichkeit einer längerfristigen Vermietung als unschädliche Nutzungsverwendung wurden folgerichtig auch für die Sonderabschreibungen aufgenommen.
5. Kein Schutzschild mehr gegen BP-Feststellungen ab 2021
IAB in Betriebsprüfungen geltend zu machen, um steuerliche Nachzahlungen abzufedern, ist dem Gesetzgeber ein Dorn im Auge. Daher erfolgt insoweit eine bemerkenswerte verfahrensrechtliche Gesetzesänderung.
Bei nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der erstmaligen Steuerfestsetzung oder der erstmaligen gesonderten Feststellung nach § 7g Abs. 1 EStG in Anspruch genommenen IAB setzt die Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 S. 1 EStG voraus, dass das begünstigte Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der IAB noch nicht angeschafft oder hergestellt worden ist (§ 7g Abs. 2 S. 2 EStG).
Beachten Sie | Die Bildung eines IAB für Investitionen, die zum Zeitpunkt der Geltendmachung bereits angeschafft oder hergestellt wurden, ist nun gesetzlich ausgeschlossen. Die Änderung ist erstmalig für IAB, die in nach dem 31.12.20 endenden Wirtschaftsjahrs in Anspruch genommen werden, anzuwenden.
Checkliste / Inanspruchnahme eines IAB | ||
Erzielen Sie einen Gewinn von höchstens 200.000 EUR, können Sie anhand der folgenden Kriterien prüfen, ob die von Ihnen geplanten Investitionen begünstigt sind und ob es steuerlich sinnvoll ist, einen IAB ab dem 1.1.20 zu bilden. Sofern Sie sämtliche Fragen mit „Ja“ beantworten, kommt ein IAB in Betracht: | ||
| ☐ Ja | ☐ Nein |
| ☐ Ja | ☐ Nein |
| ☐ Ja | ☐ Nein |
| ☐ Ja | ☐ Nein |
| ☐ Ja | ☐ Nein |
| ☐ Ja | ☐ Nein |
Progressionseffekte sollten wie bisher in die steuerliche Berechnung der Gesamtsteuerbelastung mit einbezogen werden.