· Fachbeitrag · Investitionsabzugsbetrag
Steuerliche Wirkung einer Gewinnverteilungsabrede für den Fall der Nichtinvestition
von Prof. Dr. Volker Kreft, Dipl.-Finanzwirt, RiFG, Bielefeld
| Soll ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) einer Personengesellschaft rückgängig gemacht werden, ist die daraus resultierende Gewinnerhöhung entsprechend der ursprünglichen Gewinnverteilungsabrede auf die Gesellschafter zu verteilen. Eine geänderte Gewinnverteilungsabrede für den Fall der Nichtinvestition nach § 7g EStG , die die Gesellschafter nach Beendigung des Geschäftsjahrs (Streitjahrs), aber vor Ablauf der Investitionsfrist, getroffen haben, soll danach steuerlich nicht zurückwirken (FG Düsseldorf 8.5.19, 15 K 1457/18 F; Rev. zugelassen). |
1. Rückgängigmachung eines IAB
§ 7g EStG erlaubt kleinen und mittleren Betrieben unter bestimmten Voraussetzungen die gewinnmindernde Bildung eines IAB i. H. von bis zu 40 % der künftigen Investitionen für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. Der IAB ist außerbilanziell zu korrigieren und führt zu einer Vorverlagerung des Abschreibungsvolumens. Ist die Investition in den folgenden drei Wirtschaftsjahren jedoch unterblieben, kommt es nach § 7g Abs. 3 EStG zur rückwirkenden gewinnerhöhenden Auflösung des IAB im Jahr der ursprünglichen Bildung. Vergleichbare Steuerfolgen können sich ergeben, wenn der gebildete IAB vorzeitig innerhalb der dreijährigen Investitionsfrist ganz oder teilweise freiwillig rückgängig gemacht wird oder das begünstigte Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des auf die Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (§ 7g Abs. 4 EStG).
Diese Gesetzestechnik des § 7g EStG führt insbesondere in Fällen des Gesellschafterwechsels innerhalb der Investitionsfrist zu Problemen bei der rückwirkenden Zurechnung der durch Nichtinvestition oder Verletzung der besonderen Nutzungsvoraussetzungen ausgelösten Mehrsteuern des Jahrs der Bildung des IAB.
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Die Klägerin und die zum Klageverfahren Beigeladene waren Gesellschafterinnen einer GbR. Die GbR bildete im Streitjahr 2010 im Gesamthandsvermögen einen IAB. Die sich daraus ergebende Gewinnminderung wurde auf die beiden Gesellschafterinnen entsprechend ihrer Gewinnanteile aufgeteilt. Im September 2011 erklärte die Beigeladene schriftlich, dass sie alle Steuern, die im Fall einer Nichtinvestition entstehen, persönlich tragen werde. Zum 31.12.12 wurde die GbR wegen interner Differenzen aufgelöst. Die Beigeladene führte den Betrieb der GbR als Einzelunternehmen fort. Die ursprünglich geplanten Investitionen nahm sie nur teilweise vor. |
Das beklagte FA löste den IAB gemäß der Gesetzestechnik des § 7g EStG rückwirkend für das Streitjahr 2010 teilweise auf. Die darauf beruhende Gewinnerhöhung verteilte es entsprechend der ursprünglichen Gewinnverteilung auf die Klägerin und die Beigeladene. Die Klägerin machte hiergegen geltend, sie habe die Nichtinvestition nicht zu vertreten. Durch die von der Beigeladenen im Jahr 2011 abgegebene schriftliche Erklärung sei die Gewinnverteilungsabrede wirksam geändert worden mit der Folge, dass die Beigeladene die korrekturbedingten Steuern daher alleine zu tragen habe. |
2. Entscheidung des FG Düsseldorf
Das FG schloss sich dagegen der Beurteilung des FA an und wies die Klage als unbegründet ab. Die Richter kamen zu der Überzeugung, dass der aus der Auflösung des IAB resultierende Gewinn zu Recht anhand der ursprünglichen Gewinnverteilungsabrede aufgeteilt worden sei. Die Technik des § 7g EStG sehe für den Fall der teilweisen Nichtinvestition eine rückwirkende Änderung des Steuerbescheids des Jahrs der Bildung des IAB vor. Auch wenn der Betrieb unentgeltlich auf die Beigeladene übergegangen sei, sei die Korrektur bei der GbR als Rechtsvorgängerin vorzunehmen.
Das Gericht lehnte eine Berücksichtigung der im Jahr 2011 geänderten Gewinnverteilungsabrede ab. Die Erklärung der Beigeladenen sei für das Streitjahr 2010 ohne Bedeutung, weil eine Gewinnverteilungsabrede nicht rückwirkend geändert werden könne.
3. Relevanz für die Praxis
Der Besprechungsfall gibt Anlass zu folgenden, für die steuerliche Praxis wichtigen Anmerkungen.
3.1 Rückwirkung einer Gewinnverteilungsabrede
Im Streitfall kam es entscheidend darauf an, ob eine während der noch laufenden Investitionsfrist von drei Jahren getroffene, geänderte Gewinnverteilungsabrede steuerlich anerkannt werden kann für ein zurückliegendes Wirtschaftsjahr der Bildung des IAB. Unstrittig kann grundsätzlich eine Änderung der Gewinnverteilung mit steuerlicher Wirkung nur für zukünftige Wirtschaftsjahre erfolgen. Fraglich ist aber, ob hiervon nicht eine Ausnahme zu machen ist, wenn aufgrund der Besonderheiten der Gesetzestechnik des § 7g EStG ein nach Änderung der Gewinnverteilung sich realisierendes ‒ mithin zukünftiges ‒ Verhalten (die Nichtinvestition) zu einer rückwirkenden Steuererhöhung führt. Hier fehlt bislang eine höchstrichterliche Rechtsprechung, was das FG zur Zulassung der Revision veranlasst hat.
PRAXISTIPP | Aufgrund der unsicheren Rechtslage ist in vergleichbaren Fällen das Einlegen eines Einspruchs bzw. die Erhebung einer Klage geboten. Sofern die zugelassene Revision eingelegt wird, könnten die Rechtsmittel mit dem Antrag auf Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung über die Revision verbunden werden. |
3.2 Gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche
Selbst wenn das FG-Urteil vom BFH bestätigt werden sollte, ist aus Sicht der betroffenen Gesellschafter daran zu denken, dass aus einer solchen geänderten Gewinnverteilungsabrede zivilrechtliche Ausgleichsansprüche in Höhe des Steuerschadens hergeleitet werden könnten. Darauf hat auch das FG explizit in der Besprechungsentscheidung hingewiesen.
Einstweilen sollte sich die Gestaltungsberatung zunächst einmal auf die Urteilsgrundsätze einstellen mit der Folge, dass bei einem Gesellschafterwechsel die Rechtsfolgen einer ausbleibenden Investition damit im Zweifel die im Abzugsjahr beteiligten Gesellschafter zu tragen haben (so auch Meyer, in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 7g EStG, Rn. 75). Bei einer Bildung eines IAB in der Gesamthandsbilanz einer Personengesellschaft ergibt sich daher die steuerliche Problematik immer in den Fällen des Gesellschafterwechsels, in denen dann die negativen steuerlichen Konsequenzen einer Nichtinvestition noch von allen Altgesellschaftern mitgetragen werden müssen, obwohl sie an der Entscheidung gegen eine geplante Investition nicht mehr beteiligt sind.
PRAXISTIPP | Um dem entgegenzuwirken, könnte man zum einen daran denken, die Gewinnverteilungsabrede im Gesellschaftsvertrag anzupassen und eine Ausnahme für einen solchen Fall des Ausscheidens eines oder mehrerer Gesellschafter vorzusehen. Zum anderen könnte ein entsprechender Ausgleich auch in einer mit dem oder den ausscheidenden Gesellschaftern zu treffenden Ausscheidensvereinbarung geregelt werden (so auch Münch, BB 19, 1394). |
3.3 Freiwillige vorzeitige Rückgängigmachung
Der Vollständigkeit halber sollte in gleicher Weise auch für Fälle des vorzeitigen (freiwilligen) Rückgängigmachens des IAB (§ 7g Abs. 3 S. 1 2. HS EStG) und für Fälle des Rückgängigmachens infolge Verstoßes gegen die besonderen Nutzungsvoraussetzungen des § 7g Abs. 4 S. 1 EStG (ausschließliche betriebliche Nutzung in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs) Vorsorge getroffen werden.
Eine bestehende Regelung im Gesellschaftsvertrag, wonach der oder die ausscheidenden Gesellschafter an schwebenden Geschäften nicht teilnehmen, ist ‒ worauf das FG im Besprechungsurteil zu Recht hinweist ‒ nicht hinreichend, um der steuerlichen Problematik zu entgehen.
PRAXISTIPP | In Abgrenzung zu dem Besprechungsfall hat der BFH in einem aktuellen Urteil eine Änderung des bisher gültigen Ergebnisverteilungsschlüssels einer vermögensverwaltenden GbR dahin, dass dem während des Geschäftsjahres der GbR eintretenden Gesellschafter der auf den Geschäftsanteil fallende Einnahmen- oder Werbungskostenüberschuss für das gesamte Geschäftsjahr zugerechnet werden soll, steuerrechtlich anerkannt. Voraussetzung ist danach, dass diese vom Beteiligungsverhältnis abweichende Ergebnisverteilung für die Zukunft getroffen worden ist und alle Gesellschafter zustimmen. Zudem muss die abweichende Ergebnisverteilung ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis haben und darf nicht rechtsmissbräuchlich sein (vgl. BFH 25.9.18, IX R 35/17, BStBl II 19, 167). |