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  • · Fachbeitrag · Praxis-Pkw

    Aktuelle finanzgerichtliche Entscheidungen rund um den Praxis-Pkw

    von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de

    | Der Pkw im Betriebsvermögen sorgt für eine stetige Auslastung der Finanzgerichte. In diesem Beitrag sollen einige jüngere Entscheidungen hervorgehoben werden. Dabei geht es um so praxisrelevante Fragen wie, was passiert, wenn die Nutzungsvergütung höher ist als der Nutzungswert, um Erleichterungen bei der Einzelaufzeichnung und um den Vorsteuerabzug für den Pkw bei nebenberuflicher selbstständiger Tätigkeit. |

    1. Führt eine Nutzungsvergütung, die höher ist als der Nutzungswert, zu negativem Arbeitslohn?

    Dem Nutzungswert für die private Nutzung eines Firmenwagens, wie er nach der 1 %-Regelung oder nach der Fahrtenbuchmethode ermittelt wird, liegt die Annahme einer völlig kostenlosen Nutzung des Firmenwagens zugrunde. In der Praxis kommt es jedoch häufig vor, dass die Mitarbeiter sich an den Kosten des Fahrzeugs finanziell beteiligen müssen. Dies kann erfolgen in Form

    • einer pauschalen oder nutzungsabhängigen Vergütung,
    • der Zahlung von Leasingraten,
    • der Übernahme von Betriebskosten oder
    • einer Zuzahlung zu den Anschaffungskosten.

     

    Dann spricht man von einer teilentgeltlichen Überlassung. Das gezahlte Nutzungsentgelt vermindert den steuerpflichtigen Nutzungswert. Dies gilt sowohl bei der Pauschalmethode als auch bei der Fahrtenbuchmethode. Was aber gilt, wenn die gezahlte Nutzungsvergütung höher ist als der errechnete Nutzungswert? Ist der negative Betrag dann als Werbungskosten absetzbar oder gar als negativer Arbeitslohn verrechenbar? Die Finanzverwaltung bestimmt, dass der übersteigende Betrag weder als Werbungskosten abzugsfähig noch als negativer Arbeitslohn steuermindernd anzusetzen ist (BMF 21.9.17, IV C 5 - S 2334/11/10004-02, BStBl I 17, 1336, Tz. 1 und 8). Der BFH hat im Jahre 2016 dem Fiskus zugestimmt und entschieden, dass bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode die gezahlte Nutzungsvergütung nicht von den Gesamtkosten des Fahrzeugs abgezogen werden kann, sondern nur vom ermittelten Nutzungswert. Der Abzug ist nur möglich bis zu einem Betrag von 0 EUR. Ein negativer Betrag stellt keinen negativen Arbeitslohn dar und kann auch nicht als Werbungskosten abgesetzt werden (BFH 30.11.16, VI R 49/14 und VI R 24/14).

     

    Aktuell hat der BFH seine beiden Entscheidungen aus dem Jahr 2016 bestätigt: Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Privatnutzung, d. h. für die Nutzung zu privaten Fahrten und zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, eines Firmenwagens ein Nutzungsentgelt, mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung. Nichts anderes gilt, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der privaten Nutzung einzelne Kosten des betrieblichen Pkw trägt, z. B. Benzinkosten. Übersteigen die Eigenleistungen des Arbeitnehmers den privaten Nutzungsvorteil, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten. Dies gilt sowohl bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode als auch bei der 1 %-Regelung (BFH 18.2.20, VI B 20/19).

     

    • Beispiel

    Herr Steuerle zahlt für die Privatnutzung seines Firmenwagens eine monatliche Nutzungsvergütung von 600 EUR (= 7.200 EUR im Jahr). Der private Nutzungswert betrage 6.000 EUR im Jahr. Herr Steuerle muss zwar keinen Nutzungswert versteuern, er kann die Differenz aber auch nicht als Werbungskosten ansetzen.

     

    Beachten Sie | Es sollte darauf geachtet werden, dass der Arbeitgeber die Zahlung auf den steuerpflichtigen Nutzungswert anrechnet. Ist dies nicht der Fall, sollten Betroffene die Korrektur in ihrer Einkommensteuererklärung vornehmen, indem sie den Bruttoarbeitslohn um die während des Jahres geleisteten Zahlungen kürzen. Vom Arbeitgeber sollten sie sich eine Bescheinigung über die Zahlungen geben lassen.

    2. Aufwendungen für Familienheimfahrten mit teilentgeltlich vom Arbeitgeber überlassenen Firmenwagen

    Wird ein Dienstwagen vom Arbeitnehmer für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt, ist dafür grundsätzlich kein geldwerter Vorteil zu versteuern. Andererseits ist ausdrücklich geregelt, dass solche Familienheimfahrten mit dem Firmenwagen nicht als Werbungskosten abgesetzt werden dürfen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 8 EStG). In diesem Kontext hat das FG Niedersachsen (8.7.20, 9 K 78/19, Rev. BFH VI R 35/20) entschieden, dass Aufwendungen für wöchentliche Familienheimfahrten auch dann wegen § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 8 EStG nicht abgezogen werden können, wenn dem Arbeitnehmer für die Überlassung eines Firmenwagens tatsächlich Kosten entstehen. In diesem Fall wollte der Steuerpflichtige den Abzug eines tatsächlichen Aufwands für Familienheimfahrten (0,10 EUR bzw. 0,09 EUR pro gefahrenen Kilometer (pauschaler monatlicher Zuzahlungsbetrag zzgl. einer kilometerabhängigen Tankkostenzuzahlung) als Werbungskosten anerkennen lassen.

     

    Bereits zuvor hatte der BFH (28.2.13, VI R 33/11, BStBl II 13, 629) entschieden, dass ein Werbungskostenabzug bei unentgeltlicher Überlassung eines Firmenwagens mangels eigenen Aufwands ausgeschlossen ist. Das FG legt nun für die (teil-)entgeltliche Überlassung nach. Auch hier verbleibt es bei dem Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 8 EStG. Es orientierte sich dabei am Wortlaut dieser Vorschrift: Der Gesetzgeber unterscheide nicht zwischen unentgeltlicher und teilentgeltlicher Überlassung mit der Folge, dass alle Arten von Überlassung von dem Abzugsverbot erfasst werden (so auch die Auffassung der Finanzverwaltung in R 9.10 Abs. 2 LStR).

    3. Erleichterung beim Nachweis der tatsächlichen Fahrten bei Einzelbewertung

    Arbeitnehmer, die einen Dienstwagen auch privat nutzen dürfen, müssen die Privatnutzung entweder nach der 1 %-Regelung oder aber nach der Fahrtenbuchmethode versteuern. Bei der Pauschalregelung werden monatlich 1 % des Listenpreises des Kfz als Privatanteil versteuert. Hinzu kommen noch 0,03 % des Kfz-Listenpreises pro Entfernungskilometer und Monat, wenn der Wagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird. Aber: Die Arbeitnehmer können den Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vermeiden, wenn sie ihr Fahrzeug tatsächlich weniger als 15 Tage pro Monat genutzt haben. Sie können dann stattdessen eine Einzelbewertung der Fahrten vornehmen, und zwar mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer und tatsächlicher Fahrt zur Tätigkeitsstätte (der Wert von 0,002 % ergibt sich, wenn man die 0,03 % durch die angenommenen 15 Tage dividiert).

     

    Wer die Einzelbewertung ‒ gerade auch in Corona-Zeiten ‒ nutzen will, muss notieren, an welchen Tagen er das Fahrzeug tatsächlich für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte („erste Tätigkeitsstätte“) genutzt hat. Ein Wechsel zwischen der „normalen“ Pauschalregelung und der Einzelbewertung innerhalb eines Kalenderjahres ist nicht zulässig. Haben sich Arbeitnehmer für die Einzelbewertung entschieden, müssen sie diese das ganze Jahr über fortführen. Die Finanzverwaltung verlangt im Übrigen eine exakte Datumsangabe bei den Aufzeichnungen (BMF 4.4.18, IV C 5 - S 2334/18/10001, BStBl I 18, 592). Doch ist diese wirklich verpflichtend oder kann der Nachweis über die Anzahl der Fahrten auch anderweitig geführt werden?

     

    Aktuell hat das FG Nürnberg (23.1.20, 4 K 1789/18) entschieden, dass die Angabe der exakten Daten, an denen der Steuerpflichtige die Arbeitsstätte aufgesucht hat, nicht zwingend erforderlich ist.

     

    • Sachverhalt

    Der Kläger war als angestellter Bauingenieur tätig und dementsprechend offenbar überwiegend auf den Baustellen und weniger am Betriebssitz tätig. Sein Arbeitgeber stellte ihm einen Firmenwagen sowohl für berufliche als auch für Privatfahrten sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung. Zur Versteuerung der privaten Pkw-Nutzung wurde vom Arbeitgeber die 1 %-Regelung angewendet. In seinen Einkommensteuererklärungen beantragte der Arbeitnehmer für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebssitz („erste Tätigkeitsstätte“) die sogenannte Einzelbewertung.

     

    Er ermittelte die Anzahl der Tage anhand eines Taschenkalenders, den er jedoch offenbar nur per Bleistift führte. Das FA lehnte eine Einzelbewertung ab. Der Kläger könne keine Nachweise, insbesondere keine Datumsangaben, über die durchgeführten Fahrten erbringen. Die Aufzeichnungen im Taschenkalender wurden mit Bleistift geführt, sodass jederzeit nachträgliche Änderungen der Eintragungen möglich waren, ohne dass diese erkennbar gewesen wären. Es mangelte also an „exakten Aufzeichnungen“ der Daten. Die Klage hatte jedoch Erfolg.

     

    Das FG Nürnberg ging von einer zulässigen Einzelbewertung aus: Zwar hat der Arbeitnehmer nach den Vorgaben der Finanzverwaltung kalendermonatlich und fahrzeugbezogen schriftlich zu erklären, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er das betriebliche Kraftfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt hat. Die bloße Angabe der Anzahl der Tage reicht demnach nicht aus. Allerdings sind diese Verwaltungsvorgaben für das Gericht nicht bindend. Der Kläger ist als Außendienstmitarbeiter nur an einer geringen Anzahl von Tagen ausschließlich von der Wohnung zur Tätigkeitsstätte gefahren, wie sich seinen Eintragungen in den Taschenkalendern entnehmen lässt. An den Angaben des Steuerpflichtigen zu den tatsächlich durchgeführten Fahrten bestehen keine Zweifel, so dass die Einzelbewertung zum Tragen kommt.

     

    Beachten Sie | Trotz des positiven Urteils des FG Nürnberg sollten Arbeitnehmer dem Arbeitgeber und der Finanzverwaltung gegenüber möglichst präzise Angaben machen ‒ und zwar mit den exakten Datumsangaben. Verständlicherweise haben Arbeitgeber wenig Interesse, die Einzelbewertung bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigen, da sie mit viel Aufwand verbunden ist. Sie verweisen ihre Arbeitnehmer daher gerne auf deren Einkommensteuererklärung. Aber: Arbeitnehmer, die mit ihrem Bruttoarbeitslohn noch nicht die Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung erreicht haben, sollten beachten, dass sich eine „Korrektur in der Einkommensteuererklärung“ nicht (mehr) mindernd auf die Sozialversicherungsbeiträge auswirkt. Das bedeutet also: Verzichtet der Arbeitgeber auf die Zugrundelegung der Einzelbewertung, kann der Arbeitnehmer diese zwar im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung geltend machen. Er hat aber keine Möglichkeit, dies auch für Zwecke der Sozialversicherung zu erreichen. Er zahlt dann zu hohe Sozialversicherungsbeiträge.

     

    PRAXISTIPP | Um Missverständnisse zu vermeiden: Der Taschenkalender hat im Urteilsfall zwar ausgereicht, um die Einzelbewertung für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb („erster Tätigkeitsstätte“) zu rechtfertigen. Keinesfalls kann er aber ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch ersetzen, wenn bereits die 1 %-Regelung verhindert werden soll. Hier sind genaue Aufzeichnungen mit Angaben der gefahrenen Kilometer, der aufgesuchten Geschäftspartner usw. erforderlich. Und vor allem: Niemals dürfen Eintragungen mit Bleistift geführt werden. Sie müssen dokumentenecht sein.

     

    4. Vorsteuerabzug bei nur geringer selbstständiger Tätigkeit

    Es kommt häufig vor, dass ein Steuerzahler, der als Arbeitnehmer einem Vollzeitjob nachgeht, abends und am Wochenende nebenher eine selbstständige Tätigkeit ausübt. Für beide Tätigkeiten wird zumeist das gleiche Fahrzeug genutzt. Dennoch möchten die Steuerzahler gerne beim Kauf des Kfz die gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen und später, das heißt im Laufe der Kfz-Nutzung, lediglich Umsatzsteuer für die anteilige Privatnutzung zahlen. So verbleibt „unterm Strich“ ein Teil der erstatteten Umsatzsteuer beim Steuerzahler; zumindest hat er einen Liquiditätsvorteil. Allerdings: Um für ein Kfz überhaupt dem Grunde nach die Vorsteuer geltend machen zu können, muss dieses zu mindestens 10 % unternehmerisch genutzt werden. Anderenfalls scheidet die sogenannte „Zuordnung zum Unternehmensvermögen“ von vornherein aus. Wer also die Vorsteuer zunächst abziehen möchte, muss dem FA gegenüber nachweisen, dass ein gewisser Teil der Fahrten tatsächlich ‒ und vor allem unmittelbar ‒ mit dem Betrieb zusammenhängt und nicht mit der Tätigkeit als Angestellter.

     

    Das FG Thüringen (22.10.19, 3 K 308/19) hat nun entschieden, dass Fahrten von einem Zweitwohnsitz, der wegen der Arbeitnehmertätigkeit unterhalten wird, zum Erstwohnsitz nicht unternehmerisch veranlasst sind. Sie sind für die Prüfung der 10 %-Grenze also nicht dem Unternehmen zuzuordnen. In ähnlichen Fällen dürfte daher die 10 %-Grenze vielfach unterschritten werden.

     

    • Sachverhalt

    Der Kläger war im Streitjahr 2014 mit einem Entwicklungsbüro für technische Gestricke unternehmerisch tätig. Seit Ende 2011 stand er zusätzlich als Produktentwickler in einem Vollzeitarbeitsverhältnis. Da sich die Stelle offenbar weit entfernt von seinem ersten Wohnsitz befand, mietete er eine Zweitwohnung an und pendelte seitdem zwischen Zweit- und Erstwohnsitz, von wo aus er das Entwicklungsbüro betrieb. In 2014 erwarb er ein Kfz und machte die Vorsteuer i. H. v. 6.546,22 EUR aus dem Kauf und aus den laufenden Pkw-Kosten geltend. Das FA versagte den Abzug der Vorsteuer aus dem Kaufpreis: Der Anteil der unternehmerischen Nutzung habe nur 5,9 % betragen. Wegen der weniger als 10%igen unternehmerischen Nutzung dürfe eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen nicht erfolgen. Nur die Vorsteuer aus den laufenden Pkw-Kosten sei in Höhe des unternehmerischen Nutzungsanteils abziehbar. Im Rahmen seines Einspruchs wandte sich der Steuerzahler gegen die erfolgte Kürzung der Vorsteuer. Die durch ihn durchgeführten Familienheimfahrten seien zur Hälfte unternehmerisch veranlasst. Doch Einspruch und Klage blieben erfolglos.

     

    Zwar stellen Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten wegen einer aus betrieblichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung unternehmerische Fahrten dar und unterliegen keiner Vorsteuerkürzung. Abweichend davon ist die doppelte Haushaltsführung im Streitfall aber nicht durch einen betrieblichen bzw. unternehmerischen Anlass begründet, sondern allein durch die dort ausgeübte Arbeitnehmertätigkeit veranlasst. Die Rückfahrten des Klägers an seinen Erstwohnsitz, an dem sich auch der Sitz seines Unternehmens befindet, waren nämlich ohne die nichtselbstständige Tätigkeit des Klägers gar nicht erforderlich und damit allein durch letztere veranlasst. Aus diesen Gründen war die Vorsteuer aus den laufenden Pkw-Kosten nur in Höhe des unternehmerischen Nutzungsanteils abzugsfähig (= 5,9 %). Denn die Verwendung des Pkw durch den Kläger für Fahrten zwischen seiner Zweitwohnung/ersten Tätigkeitsstätte und seinem Familienwohnsitz waren nicht unternehmerisch veranlasst, und zwar auch nicht zur Hälfte.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2020 | Seite 291 | ID 46663310