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  • · Fachbeitrag · Vermögensnachfolge

    Zehn Tipps für die vorweggenommene Erbfolge bei Privatvermögen

    von StB Dipl.-Kfm. Stefan Barsch, Braunschweig

    | Ein Ziel der vorweggenommenen Erbfolge ist die Reduzierung der Steuerlast. Da das Erbschaftsteuerrecht zukünftig sicherlich nicht steuerzahlerfreundlicher werden wird, ist die Planung der vorweggenommenen Erbfolge aus steuerlichen Gründen wichtig wie selten. Dabei steht in diesem Beitrag die Übertragung von Privatvermögen im Vordergrund. Auf die Übertragung von Betriebsvermögen gemäß §§ 13 a und b ErbStG wird nicht eingegangen (siehe hierzu aber die Literaturhinweise am Ende des Beitrags). |

    1. Zwei Grundregeln zur vorweggenommenen Erbfolge

    Zur Reduzierung der Steuerlast durch vorweggenommene Erbfolge sind zwei Grundregeln zu beachten:

     

    • Nicht die Eltern als eine Person schenken, sondern jeder Elternteil kann selbst schenken. D.h. der Vater kann sein Vermögen an seine Kinder verschenken und die Mutter kann ihr Vermögen an die Kinder verschenken. Bei einem Kind sind das ggf. zwei Schenkungen - und daher ggf. zwei Freibeträge. Von daher sollte das Vermögen gleichmäßig zwischen den Eltern verteilt werden.

     

    • Da alle Vermögensübertragungen von derselben Person innerhalb von zehn Jahren zusammengerechnet werden (§ 14 Abs. 1 ErbStG), ist es wichtig, das Vermögen frühzeitig auf die nächste Generation zu übertragen. So könnte der Freibetrag nach § 16 ErbStG alle zehn Jahre neu genutzt werden.

    2. Strukturierungen zwischen Eheleuten und mit Kindern

    Vermögensübertragungen unter Lebenden, insbesondere Schenkungen, die mit Blick darauf vorgenommen werden, dass der Erwerber im Erbfall das Vermögen ohnehin erhalten soll, werden als vorweggenommene Erbfolge bezeichnet.

     

    Ziele der vorweggenommenen Erbfolge sind z.B.

    • Reduzierung der Steuerlast,
    • Erhaltung des Familienvermögens,
    • Versorgung des Schenkers und seiner Familie sowie
    • Pflichtteilsminderung.

     

    Unter vorweggenommener Erbfolge wird hier nicht nur die Übertragung auf die nachfolgende Generation verstanden, sondern, als vorbereitender Schritt, auch die Verteilung des Vermögens zwischen den Ehepartnern. Die Abbildung ordnet die zehn Gestaltungstipps den beiden Ebenen zu.

     

     

    2.1 Besser verheiratet als verlobt!

    Der Freibetrag für Schenkungen unter Verheirateten beträgt 500.000 EUR wogegen er bei Verlobten nur 20.000 EUR beträgt (§ 16 Abs. 1 ErbStG). Heiraten ist somit gegenüber der Verlobung erbschaft- und schenkungsteuerlich sehr viel vorteilhafter. Mit Strukturierungen sollte daher so lange gewartet werden, bis die Partner in spe geheiratet haben.

     

    2.2 Güterstandsschaukel

    Durch die Güterstandsschaukel lässt sich Vermögen steuerfrei zwischen den Eheleuten transferieren. Dabei wechseln die Eheleute aus der Zugewinngemeinschaft in die Gütertrennung und zurück. Im Einzelnen läuft die Güterstandsschaukel folgendermaßen ab: Die Eheleute beenden notariell den (gesetzlichen) Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Für den Zugewinnausgleich wird der Vermögenszuwachs der Eheleute ermittelt. Dieser Vermögenszuwachs wird schenkungssteuerfrei ausgeglichen (§ 5 Abs. 2 ErbStG). Anschließend wechseln die Eheleute wieder in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

     

    • Beispiel

    Die Eheleute EM und EF leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. EM hat ein Vermögen im Wert von 1 Mio. EUR, EF ist vermögenslos. Die Eheleute wechseln in den Güterstand der Gütertrennung und EF erhält 500.000 EUR als Zugewinnausgleich. Danach wechseln sie zurück zum Zugewinnausgleich.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Güterstandsschaukel ist höchstrichterlich abgesichert (BFH 12.7.05, II R 29/02).

     

    2.3 Familienwohnheimschaukel

    Auch mit der Familienheimschaukel lässt sich durch Strukturierungen zwischen den Eheleuten Erbschaftsteuer sparen. Voraussetzung ist, dass das Familienheim der Mittelpunkt des familiären Lebens ist (BFH 18.7.13, II R 35/11, ErbBstg 14, 3).

     

    • Der Ehemann - als Eigentümer des Familienheims - schenkt das Familienwohnheim schenkungsteuerfrei an seine Ehefrau (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG).
    • Nach einer Schonfrist (1 Jahr) verkauft die Ehefrau das Familienheim dem Ehemann und erhält als Gegenleistung Bargeld.

     

    Auf diesem Wege kann - je nach Verkehrswert der Immobilie - auch mehr als der schenkungsteuerliche Freibetrag für Ehegatten (500.000 EUR) dem Ehegatten übertragen werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Während die Güterstandsschaukel höchstrichterlich abgesichert ist, fehlt diese Absicherung bei der Familienwohnheimschaukel (Klein, GStB 14, 15).

     

    2.4 Gestaltungsmöglichkeiten beim Berliner Testament

    Beim Berliner Testament (§ 2269 BGB) vererbt der erstversterbende Ehepartner alleinig an den überlebenden Ehepartner und anschließend erben die Kinder (oder andere) als Schlusserben. Das Berliner Testament ist aus erbschaftsteuerlicher Sicht bedenklich. Steuerfreibeträge, die den Kindern als Schlusserben nach dem erstversterbenden Ehegatten zugestanden hätten, werden verschenkt. Dadurch, dass sich das Vermögen beim überlebenden Ehegatten akkumuliert, steigt die steuerliche Bemessungsgrundlage und damit die Steuerprogression. Zusätzlich wird der Anteil des Erstverstorbenen beim Übergang auf die Schlusserben nochmal versteuert. Diese erbschaftsteuerlichen Nachteile können durch zwei Gestaltungen abgemildert werden:

     

    • Der überlebende Ehepartner schlägt die Erbschaft aus und macht stattdessen den tatsächlich entstandenen Zugewinnausgleich und seinen Pflichtteil geltend. Das Vermögen geht auf die anderen Erben, hier die Kinder, über.

     

    • Die Kinder machen im Einvernehmen mit dem überlebenden Ehegatten ihre Pflichtteilsansprüche geltend. So werden die persönlichen Steuerfreibeträge der Kinder wenigstens teilweise eingesetzt.

     

    2.5 Kettenschenkungen

    Bei einer Kettenschenkung wird Vermögen vom Geber über eine Reihe von Zwischenerwerbern steuersparend auf den Zielempfänger übertragen.

    • Beispiel

    Eine Schwiegermutter überträgt ihrer Tochter eine Eigentumswohnung ohne Verpflichtung, die Eigentumswohnung an den Ehemann der Tochter weiterzuschenken. Anschließend überträgt die Tochter die hälftige Eigentumswohnung an ihren Ehemann.

     

    Der BFH hat diese interessante Form der Vermögensübertragung nun bestätigt (BFH 18.7.13, II R 37/11). Danach liegt schenkungsteuerlich keine Zuwendung der Schwiegermutter an den Ehemann vor, da die Eltern regelmäßig kein Interesse daran haben, ihr Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf die Schwiegerkinder zu übertragen. Regelmäßig gewollt ist die Übertragung auf die eigenen Kinder.

     

    PRAXISHINWEIS | Wichtig: Die weitergebende Person (hier die Tochter) muss eine eigene Entscheidungsbefugnis bzgl. der Verwendung der Immobilie haben. Sie darf nicht zur Weitergabe der Immobilie an den Schwiegersohn verpflichtet sein (BFH 18.7.13, II R 37/11, Tz. 14).

     

    Der BFH hat in dem Urteil die allgemeinen Voraussetzungen für eine steueroptimale Vermögensübertragung präzisiert (Heinrichshofen, ErbStB 13, 335).

     

    2.6 Immobilienübertragung mit Vorbehalt des Nießbrauchs

    Diese sehr oft gewählte Form der vorweggenommenen Erbfolge wird in der Regel als Vorbehaltsnießbrauch an einer Immobilie (oft: Mietwohngrundstück) vereinbart. Beim Vorbehaltsnießbrauch findet eine Eigentumsübertragung auf ein oder mehrere Kinder statt, wobei sich die Eltern das Nutzungsrecht an der Immobilie vorbehalten. Erbschaftsteuerlich mindert der Kapitalwert des Nießbrauchs den steuerpflichtigen Erwerb. Ertragsteuerlich werden die Einkünfte dem Nießbraucher zugerechnet.

     

    PRAXISHINWEIS | Zwei Dinge sind wichtig:

     

    • Ein Nießbrauch muss eine bestimmte Zeit laufen. So muss der Nießbrauch bei einem 65-Jährigen mindestens sieben Jahre bestehen, ansonsten findet er steuerlich keine Anwendung (§ 14 Abs. 2 BewG).

     

    • Ist der Nießbrauch vor dem 1.1.09 bestellt worden, ist ggf. die Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer zinslos gestundet worden. Wenn nun der Nießbrauch erlöscht, z.B. durch Tod oder Verzicht, wird die gestundete Steuer fällig.

     

    • Ist beispielsweise der Nießbrauch 1990 bestellt worden, hat man diese gestundete Steuer oft nicht mehr „auf dem Schirm“. Das Finanzamt „vergisst“ jedoch nicht und fordert nach dem Erlöschen des Nießbrauchs die gestundete Steuer aus dem Jahre 1990.

     

    • Die gestundete Steuer kann jederzeit mit ihrem Barwert abgelöst werden. Dies ist in der Regel vorteilhaft (§ 25 Abs. 1 S. 3 ErbStG , § 12 Abs. 3 BewG).
     

    Weitere Einzelheiten werden auch in dem neuen Schreiben des BMF (30.9.13, IV C 1 - S 2253/07/10004, BStBl I 13, 1184) zum Nießbrauch bei Vermietung und Verpachtung dargestellt.

     

    2.7 Mittelbare Grundstücksschenkung

    Eine mittelbare Zuwendung liegt vor, wenn das Geld, das verschenkt wird, nur Mittel zum Erwerb des eigentlichen Zuwendungsgegenstandes ist.

    • Beispiel

    Ein Ehepaar schenkt der Tochter 500.000 EUR zum Erwerb eines genau bestimmten Mietwohngrundstücks. Der Steuerwert der Immobilie beträgt 400.000 EUR. Es liegt eine mittelbare Grundstücksschenkung vor, bei der der Steuerwert als Bemessungsgrundlage abzusetzen ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Seit 2009 wird versucht, schenkungsteuerlich die Bewertung von Immobilien verstärkt dem Verkehrswert anzunähern. Dies hat zu Folge, dass der schenkungsteuerliche Vorteil geringer geworden ist. Nur bei Mietwohngrundstücken ist der Vorteil wegen des nur 90%igen Ansatzes höher (§ 13c Abs. 1 ErbStG). Jetzt sind verstärkt ertragsteuerliche Aspekte zu beachten: Mit einem Urteil des FG Köln (10.8.06, 10 K 4657/04) ist die Anerkennung von Anschaffungskosten bei der mittelbaren Schenkung von Mietwohngrundstücken nicht mehr gesichert. Brüggemann schlägt daraufhin vor, dass der Schenker das Grundstück selbst erwerben und anschließend an den Beschenkten übertragen sollte. So wäre die Abschreibung aufgrund § 11d EStDV wieder gesichert (Brüggemann, ErbBstg 07, 276).

     

    2.8 Hochzeitsgeschenke

    Zur Hochzeit sollten die Eltern das eigene Kind beschenken und nicht das Schwiegerkind. Wird das Brautpaar beschenkt, erfolgt die Schenkung zur Hälfte an den Schwiegersohn. Der hat aber nur einen Freibetrag in Höhe von 20.000 EUR.

     

    • Beispiel

    Anlässlich der Hochzeit schenken die Brauteltern dem Brautpaar ein Haus (Steuerwert 400.000 EUR). Wäre die Schenkung nur an die Tochter erfolgt, fiele aufgrund des Freibetrags von 400.000 EUR keine Schenkungsteuer an. So aber fallen 36.000 EUR Schenkungsteuer an. Die Tochter könnte anschließend die hälftige Immobilie ihrem Mann im Wege der Kettenschenkung zuwenden.

     

    2.9 Übernahme der Schenkungsteuer durch den Schenker

    Steuerschuldner bei einer Schenkung sind sowohl der Schenker als auch der Beschenkte (§ 20 Abs. 1 ErbStG). Nach § 10 Abs. 2 ErbStG kann der Schenker die Schenkungsteuer übernehmen. In diesem Fall erhöht sich die Bereicherung um den entsprechenden Betrag, aber der Beschenkte behält den vollen zugewendeten Wert. Hier hört das System aber auf und genau das ist der Steuervorteil. Grundsätzlich müsste wieder die anfallende Schenkungsteuer ermittelt werden, zuzüglich der darauf entfallenden Schenkungsteuer, und das fortlaufend.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Übernahme der Schenkungsteuererklärung muss zeitgleich mit der Erklärung zur Übernahme der Schenkungsteuer erfolgen (FG Hessen vom 19.9.2013 - 1 K 1072/10, Rev. eingelegt).

     

    2.10 Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen

    Unter bestimmten Voraussetzungen sind Vermögensübertragungen gegen Versorgungsleistungen einkommensteuerlich begünstigt (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG und § 22 Nr. 1b EStG). Einzelheiten werden in dem 4. Rentenerlass (BMF 11.3.10, IV C 3 - S 2221/09/10004) erläutert. Für die Übertragung von Privatvermögen werden folgende ertragsteuerliche Konsequenzen gezogen:

     

    • Leibrente/Dauernde Last
    Tilgungsanteil (Barwert)
    Zinsanteil

    Übergeber

    Veräußerungsgewinn ist steuerpflichtig unter den Voraussetzungen der §§ 17, 20, 23 EStG (Beachte: Zeitpunkt der Versteuerung)

    Leibrente: Sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 1 S. 3a, Doppelbuchstabe bb EStG)

     

    Dauernde Last: Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG)

    Übernehmer

    Anschaffungskosten; Bemessungsgrundlage für AfA

    bei Einkünfteerzielung: grundsätzlich Werbungskosten

     

     

    PRAXISHINWEIS | Auch hier ist wichtig (BMF 11.3.10, IV C 3 - S 2211/09/10004): Der Übertragungsvertrag muss klar und eindeutig sowie rechtswirksam vereinbart sein und die Leistungen müssen wie vereinbart auch tatsächlich erbracht werden.

     

    Zum Autor | Der Autor ist Fachberater für den Heilberufebereich (IFU / ISM gGmbH), Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Testierter Testamentsvollstrecker (DVEV), Niederlassungsleiter der BUST - Steuerberatungsgesellschaft mbH - Steuerberatung für Ärzte, Niederlassung Braunschweig

    Weiterführende Hinweise

    • Lukrative Vermögensgestaltungen zwischen Ehepartnern und Angehörigen (Klein, GStB 14, 15)
    • Carlé/Fuhrmann/Strahl (2013), Vorweggenommene Erbfolge
    • Götzenberger (2012), Optimale Vermögensübertragung
    • Spiegelberger (2010), Vermögensnachfolge
    • Götz & Hülsmann (2013), Der Nießbrauch im Zivil- und Steuerrecht
    • Insbesondere zur Übertragung von Betriebsvermögen siehe z.B. Brüggemann/Stirnberg (2012) Erbschaftsteuerrecht
    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 103 | ID 42513555