· Nachricht · Arbeitnehmerbeteiligung
Ist die stille Beteiligung beim Arbeitgeber Arbeitslohn?
| Wenn der Arbeitnehmer keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Einräumung der stillen Beteiligung hatte, liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor (FG Baden-Württemberg 6.10.22, 12 K 1692/20, Rev. BFH VIII R 13/23 ). |
Wer Arbeitslohn erzielt, muss diesen mit seinem persönlichen Steuersatz versteuern. Wer Kapitalerträge erzielt, muss darauf grundsätzlich nur 25 % Abgeltungsteuer zahlen. Auch Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als typisch stiller Gesellschafter unterliegen üblicherweise nur dem Abgeltungsteuersatz. Im Geschäftsleben kommt es durchaus vor, dass sich ‒ leitende ‒ Angestellte als stille Gesellschafter am Unternehmen ihres Arbeitgebers beteiligen. Die Frage ist dann, ob die Erträge aus dieser Beteiligung als Arbeitslohn oder als Kapitaleinkünfte gelten. In diesem Fall war der Kläger Arbeitnehmer einer GmbH, die „ausgesuchten, besonders wichtigen Mitarbeitern“ die Möglichkeit eröffnet hatte, sich als typisch stiller Gesellschafter für die Dauer der Anstellung bei der GmbH zu beteiligen.
Nach Ansicht des FG waren die Gewinnanteile aus der stillen Beteiligung an der GmbH beim Kläger weder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG noch gewerbliche Einkünfte, sondern Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Die dem Kläger zugeflossenen Gewinnanteile seien nicht durch sein Arbeitsverhältnis veranlasst. Die Gewinnanteile hätten ihre Ursache vielmehr in der Kapitalbeteiligung des Klägers, die als Sonderrechtsverhältnis unabhängig vom Arbeitsverhältnis des Klägers bestehe. Für ein unabhängig vom Arbeitsverhältnis bestehendes Sonderrechtsverhältnis spreche insbesondere, dass der Kläger keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Einräumung der stillen Beteiligung gehabt habe. Darüber hinaus habe der Kläger die Einlage in die GmbH auch aus seinem Vermögen erbracht. Zudem trage der Kläger ein effektives Verlustrisiko. Dass dieses Verlustrisiko auf die Höhe seiner Einlage begrenzt sei, falle dabei nicht ins Gewicht, da er in diesem Fall an künftigen Gewinnen nur dann teilnehme, wenn die Verlustanteile wieder ausgeglichen seien. Schließlich stünden die Gewinnanteile dem Kläger auch dann zu, wenn er das gesamte Geschäftsjahr ‒ z. B. krankheitsbedingt ‒ ausgefallen wäre.
PRAXISTIPP | Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich ‒ vermeintlich ‒ typisch stille Beteiligungen bei näherer Betrachtung auch als atypisch stille Beteiligungen oder als partiarisches Darlehen entpuppen können. Nuancen in der Vertragsgestaltung können ausschlaggebend sein. Während die steuerlichen Folgen eines partiarischen Darlehens denen einer typisch stillen Beteiligung grundsätzlich entsprechen, sind sie bei einer atypisch stillen Beteiligung vollkommen anders. Dann liegen nämlich gewerbliche Einkünfte vor. Eine atypisch stille Beteiligung liegt vor, wenn der Teilhaber beispielsweise von einem Zuwachs des Unternehmenswerts profitiert und/oder ihm bestimmte Stimm- oder Widerspruchsrechte in Unternehmensbelangen eingeräumt werden. Im Urteilsfall wurde das allerdings verneint, sodass tatsächlich eine typisch stille Beteiligung vorlag. |