· Fachbeitrag · Arbeitsrecht
Zulässigkeit der Kürzung von Urlaubsansprüchen
von RA Dr. Tobias Scholl-Eickmann, FAfMedizinR, Dortmund,www.kanzlei-am-aerztehaus.de
Eine durch den Arbeitnehmer abgegebene Kürzungserklärung gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG (Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit) ist auch vor dessen Erklärung über die Inanspruchnahme von Elternzeit aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung zulässig (LAG Hamm 23.1.19, 5 Sa 951/18, Urteil). |
Sachverhalt
Die Klägerin war als Erziehungshelferin für einen kirchlichen Träger tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des deutschen Caritas Verbands (AVR) Anwendung, nach denen der Urlaubsanspruch sich für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit ohne Teilzeitbeschäftigung und eines Sonderurlaubs um ein Zwölftel vermindert. Die Erziehungshelferin war von 2011 bis 2017 aufgrund von Beschäftigungsverboten sowie Elternzeit nicht tätig. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit im November 2017. Kurz darauf forderte sie die Urlaubsabgeltung für die Jahre 2011 bis 2017. Der Arbeitgeber zahlte für den Zeitraum der Beschäftigungsverbote einen Betrag von ca. 5.000 EUR, verweigerte aber weitergehende Zahlungen für Zeiträume, in denen Elternzeit genommen worden war mit Hinweis auf die Regelung in den AVR. Die Erziehungshelferin klagte nunmehr auf weitere 27.000 EUR Urlaubsabgeltung. Sie meint, es hätte einer gesonderten Kürzungserklärung durch den Arbeitgeber bedurft. Mit der Klage scheiterte sie auch in zweiter Instanz.
Anmerkungen
Nach Auffassung des LAG durfte der vormalige Arbeitgeber im Falle des Elternzeitverlangens den Urlaubsanspruch ratierlich kürzen. Nach § 17 BEEG kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während der Elternzeit bei seinem oder ihrem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet. Durch die Regelung in den AVR, die auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fanden, habe der Arbeitgeber hier auch in zulässiger Weise von der Kürzungsmöglichkeit Gebrauch gemacht. Einer weiteren ausdrücklichen Erklärung der beabsichtigten Kürzung jeweils nach Ankündigung der Inanspruchnahme von Elternzeit durch die Erziehungshelferin bedurfte es nicht.
PRAXISTIPP | Ein Arbeitgeber hat das Recht, den Anspruch auf Erholungsurlaub für den Zeitraum der in Anspruch genommenen Elternzeit zu kürzen. Er kann von dem Recht Gebrauch machen, muss es aber nicht. Denkbar ist ‒ wie der vorliegende Fall verdeutlicht ‒ auch eine vorgreifliche Erklärung, die arbeits- oder tarifvertraglich vereinbart wird. Viele Arbeitsverträge, vor allem im niedergelassenen Bereich, enthalten solche Regelungen indes nicht. Ärzte, die Elternzeit beanspruchen bzw. beansprucht haben, sollten daher prüfen, ob ggf. noch weitergehende Urlaubsansprüche bestehen. |