· Fachbeitrag · Bescheidprüfung
Wenn das FA einen Fehler zugunsten des Mandanten macht
von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de
| Immer wieder zeigt sich, dass Steuerbescheide eingehend geprüft werden sollten. Nicht nur auf Fehler des FA zuungunsten des Mandanten, sondern auch auf Fehler zugunsten. Gewährt das FA die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 3 EStG, obwohl diese weder beantragt, noch überhaupt ein begünstigter Gewinn i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG erzielt wurde, ist die einmalige Tarifermäßigung für künftige Jahre dennoch regelmäßig verbraucht (BFH 28.11.21, VIII R 2/19). |
1. Sachverhalt und Entscheidung
Wer zuletzt lacht, lacht bekanntlich am besten. Dieses Sprichwort bekam jüngst ein Arzt vor dem BFH bitter zu spüren. Zunächst gewährte das FA im Jahr 2006 für 39.932 EUR die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 3 EStG ‒ obwohl weder ein Antrag des Arztes vorlag noch überhaupt begünstigte Veräußerungsgewinne i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG erzielt wurden. Tatsächlich lagen nämlich Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 EStG vor (Fünftel-Regelung). Der Arzt wies das FA nicht auf den Fehler hin ‒ obwohl dieser aufgefallen war. Zehn Jahre später veräußerte der Arzt seinen Anteil an einer Gemeinschafts-praxis und erzielte einen nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG begünstigten Gewinn. Die beantragte Tarifermäßigung des § 34 Abs. 3 EStG versagte das FA jedoch mit der Begründung, dass diese einmal im Leben geltende Begünstigung bereits im Jahr 2006 verbraucht worden sei. Stattdessen wendete das FA die Fünftel-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG an.
Die dagegen erhobene Klage vor dem FG Schleswig-Holstein (28.11.18, 2 K 205/17) hatte zwar Erfolg, jedoch wurde die Revision zugelassen und eingelegt. Der BFH sah den Fall schlussendlich wie das FA. Die einmalige Tarifermäßigung (§ 34 Abs. 3 S. 4 EStG) sei bereits 2006 verbraucht worden, sodass für das Jahr 2016 lediglich die Fünftel-Regelung des § 34 Abs. 1 EStG genutzt werden konnte (BFH 28.11.21, VIII R 2/19).
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