· Nachricht · Bewertungsportale
Portalbetreiber darf Urheber rechtsverletzender Bewertungen nicht nennen
von RA Tim Hesse, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
Die Betreiberin eines Ärztebewertungsportals im Internet ist mangels gesetzlicher Ermächtigung selbst im Falle einer Persönlichkeitsrechtsverletzung grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des bewertenden Nutzers dessen personenbezogene Daten dem Bewerteten mitzuteilen (BGH 1.7.14, VI ZR 345/13). |
Sachverhalt
Ein frei praktizierender Arzt hatte gegen die Betreiberin eines Internetportals für Ärztebewertungen geklagt. Er hatte auf www.sanego.de Bewertungen entdeckt, die unwahre Behauptungen über ihn enthielten. Auf sein Verlangen hin wurden die Bewertungen von der Beklagten gelöscht. Wenig später erschien auf dem Portal jedoch erneut eine Bewertung mit den vom Kläger bereits beanstandeten, seine Persönlichkeitsrechte verletzenden Inhalten. Das Landgericht hatte die Betreiberin zur Unterlassung der Verbreitung der vom Kläger beanstandeten Behauptungen und zur Auskunft über Name und Anschrift des nur der Portalbetreiberin bekannten Verfassers der zuletzt erschienenen Bewertung verurteilt. Im Berufungsverfahren hatte auch das Oberlandesgericht einen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte wegen der bei ihr hinterlegten Anmeldedaten gemäß §§ 242, 259, 260 BGB bejaht. Dass ein Diensteanbieter nach Möglichkeit die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen hat, stehe dem nicht entgegen.
Anmerkungen
Im auf den Auskunftsanspruch beschränkt zugelassenen Revisionsverfahren wies der BGH die Klage auf Auskunftserteilung jedoch ab. Eine Übermittlung personenbezogener Nutzerdaten an Dritte sei nach dem Gebot der engen Zweckbindung des § 12 Abs. 2 Telemediengesetz ohne (im Verfahren nicht vorliegende) Einwilligung des betroffenen Nutzers nur zulässig, soweit eine auf Telemedien bezogene Rechtsvorschrift dies ausdrücklich erlaubt. Eine solche Norm habe der Gesetzgeber bisher - bewusst - nicht geschaffen.
Praxishinweis
Auch wenn der BGH durch Bewertungseinträge in ihren Rechten verletzten Personen selbst keinen Anspruch auf Auskunft darüber zubilligt, um wen es sich bei dem Bewertenden überhaupt handelt, steht ihnen jedenfalls ein (gerichtlich durchsetzbarer) Anspruch auf Eintragsentfernung und Unterlassung gegen den Portalbetreiber zu. Darüber hinaus muss dieser Behörden Auskunft über Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten erteilen, soweit dies zum Zweck der Strafverfolgung erforderlich ist. Somit können Betroffene über eine Strafanzeige (etwa wegen übler Nachrede oder Verleumdung) gegen Unbekannt und anwaltliche Einsichtnahme in die Ermittlungsakten doch noch die begehrte Auskunft erhalten.