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Ausbuchung von Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktrittsvereinbarung
von StB Jürgen Derlath, Münster
Sieht eine Rangrücktrittsvereinbarungen vor, dass eine Befriedigung der Forderung „aus einem künftigen Bilanzgewinn oder einem Liquidationsüberschuss verlangt werden kann“ ist die Verpflichtung nicht nach § 5 Abs. 2a EStG gewinnwirksam auszubuchen (FG Köln 26.3.15, 10 K 3777/09; Rev. BFH I R 25/15). |
Sachverhalt
Streitig war, ob Gesellschafterdarlehen, hinsichtlich derer ein Rangrücktritt vereinbart wurde, erfolgswirksam ausgebucht werden müssen. Die Gesellschafterin trat laut Sachverhalt „in der Weise hinter die Forderungen anderer Gläubiger (mit Ausnahme der Mitgesellschafter) zurück, dass sie ihre Befriedigung nur aus einem künftigen Bilanzgewinn (Jahresüberschuss nach Verlustvortrag) oder aus einem möglichen Liquidationsüberschuss verlangen kann.e“ Der Prüfer wollte die Gesellschafterdarlehen in der Steuerbilanz nicht passivieren, sondern erfolgswirksam auflösen. Er berief sich auf § 5 Abs. 2a EStG , wonach Verbindlichkeiten oder Rückstellungen für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder künftige Gewinne anfallen sind, erst mit Realisierung der Einnahmen oder Gewinne angesetzt werden dürfen.
Anmerkungen
Nach Auffassung des FG Köln handelt es sich bei diesem Rangrücktritt nicht um einen qualifizierten Rangrücktritt, bei dem umstritten ist, ob nun § 5 Abs. 2a EStG angewendet werden kann (BFH 30.11.11, I R 100/10) oder nicht (BMF 8.9.06, IV B 2 - S 2133 - 10/06). Vielmehr liegt ein einfacher Rangrücktritt vor, da die Darlehen nicht gleichrangig mit dem Eigenkapital gestellt wurden. § 5 Abs. 2a EStG greift hier nicht, da eine Tilgung aus sonstigem freien Vermögen ausdrücklich vorgesehen war, indem die Rangrücktrittsvereinbarungen vorsehen, dass eine Befriedigung der Forderungen aus einem künftigen Bilanzgewinn verlangt werden kann.
Das FG Köln folgt in diesem Punkt dem FG Niedersachsen (12.6.14, 6 K 324/12, Rev. BFH I R 44/14), wonach eine Verbindlichkeit, die nur aus einem künftigen Handelsbilanzgewinn oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss erfüllt zu werden braucht, auch in der Steuerbilanz zu passivieren ist. Der Begriff „Bilanzgewinn“ ist weiter gefasst als die in § 5 Abs. 2a EStG normierten Tatbestandsmerkmale „künftige Gewinne“ und „künftige Einnahmen“. Der Bilanzgewinn kann auch das sogenannte „freie Vermögen“, ein Begriff, der in der Bilanzgliederung des § 266 HGB nicht vorgesehen ist, enthalten. Dies gilt etwa in Bezug auf die Kapitalrücklage. Diese kann z.B. durch Gesellschaftereinlagen entstehen und zugunsten des Bilanzgewinns aufgelöst werden.
Praxishinweise
Das Urteil des FG Köln enthält noch weitere interessante Ausführungen, die allerdings im konkreten Fall nicht entscheidungserheblich waren.
Einfacher Rangrücktritt
So soll entgegen der Auffassung des BMF (a.a.O.; ebenso Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 5, Rz. 315) § 5 Abs. 2a EStG auch auf Rangrücktrittsvereinbarungen ohne Besserungsabrede anwendbar sein.
Zu der Frage, ob die Tilgung aus freiem Vermögen ausdrücklich vereinbart werden muss, wie dies die Finanzverwaltung (BMF a.a.O.) fordert, führt das FG aus, dass das Urteil des BFH (10.11.05, IV R 13/04) so verstanden werden könne, dass bei einem Rangrücktritt nur dann ein Fall des § 5 Abs. 2a EStG vorliegt, wenn die Bedienung aus sonstigem freien Vermögen ausdrücklich ausgeschlossen ist (vgl. auch Watermeyer, GmbH-Rundschau 06,2 140,242). Das FG Köln hält diese Auslegung auch für zutreffend: § 5 Abs. 2a EStG setzt voraus, dass zwischen dem Ansatz der Verbindlichkeit und Gewinnen und Einnahmen eine Abhängigkeit im Zahlungsjahr besteht. Diese Abhängigkeit besteht nicht, wenn eine Tilgung auch aus sonstigem freien Vermögen möglich ist. Diese ist immer möglich, solange sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird. Sie braucht entgegen der Auffassung des BMF nicht ausdrücklich vereinbart zu werden.
Qualifizierter Rangrücktritt
Seit der Entscheidung des BFH (30.11.11, I R 100/10) ist auch die Beurteilung des qualifizierten Rangrücktritt in der Diskussion. Der Leitsatz der Entscheidung lautet: Eine Verbindlichkeit, die nur aus künftigen Gewinnen oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss erfüllt zu werden braucht, kann mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung nicht ausgewiesen werden. Die Entscheidung war vom BFH u.a. mit den Worten „Keine Passivierung bei sog. qualifiziertem Rangrücktritt“ kurzbezeichnet worden.
Beim qualifizierten Rangrücktritt dürfte aber ebenso nach wie vor ein Ansatz als Verbindlichkeit vorzunehmen sein, weil hier eine Abhängigkeit zwischen Verbindlichkeiten und Einnahmen nicht besteht. Vielmehr kann die Begleichung der Verbindlichkeiten zeitlich aufschiebend bedingt verweigert werden, bis die Krise abgewendet ist. Es könnte sich im Sachverhalt des Urteils (BFH 30.11.11, I R 100/10) um ein Darlehen handeln, für das ein einfacher Rangrücktritt (also kein qualifizierter) erklärt worden war, da nicht vereinbart worden war (jedenfalls nicht aus den Urteilsgründen erkennbar war), dass die Forderungen erst nach Befriedigung sämtlicher anderer Gläubiger der Gesellschaft und - bis zur Abwendung der Krise - auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagenrückgewähransprüchen der Gesellschafter befriedigt werden sollten.
Zudem hat der BGH gerade erst entschieden: „Ein Rangrücktritt ist als rechtsgeschäftliches Zahlungsverbot des Inhalts auszugestalten, dass die Forderung des Gläubigers außerhalb des Insolvenzverfahrens nur aus ungebundenem Vermögen und in der Insolvenz nur im Rang nach den Forderungen sämtlicher normaler Insolvenzgläubiger befriedigt werden darf.“ (BGH 5.3.15, IX ZR 133/14 zur Rechtslage vor MOMIG). Da der BGH auf den qualifizierten Rangrücktritt abzielt, dürfte dem BMF beizupflichten sein, dass bei diesem § 5 Abs. 2a EStG niemals zur Anwendung kommt, weil eine Befriedigung eben gerade nicht aus zukünftigen Gewinnen oder Liquidationsüberschüssen, sondern aus zukünftigem freien Vermögen erfolgen muss.