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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Wem die Bausparkasse den Vertrag kündigt, der darf die Entschädigung auch versteuern

    von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de

    | Zuteilungsreife Bausparverträge werden wegen der vergleichsweise hohen Verzinsung häufig als Kapitalanlage genutzt. Das ist den Bausparkassen ein Dorn im Auge und so kündigen sie die Verträge ‒ eine Praxis, die der BGH (21.2.17, XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16) unter bestimmten Voraussetzungen abgesegnet hat. Fließt neben Guthaben und Zinsen auch eine Vergleichszahlung, dann ist sie einkommensteuerpflichtig (OFD NRW 20.11.17, Kurzinformation ESt Nr. 34/2017). Ob sich die Auffassung aber halten lässt, ist fraglich. |

     

    Die Finanzverwaltung sieht in der Vergleichszahlung eine steuerpflichtige Entschädigung für sonstige Kapitalforderungen nach §§ 24 Nr. 1 Buchst. a, 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, um die durch Kündigung entgangenen Zinsen auszugleichen. Jedenfalls bestehe dafür eine „widerlegbare Vermutung“. Rein wirtschaftlich kann man dem durchaus folgen. Mit der widerlegbaren Vermutung aber kehrt sie die Beweislast um. Es ist aber die Finanzverwaltung, die die Beweislast für steuererhöhende Tatsachen trägt. Es steht ihr nicht zu, widerlegbare Vermutungen für steuererhöhende Tatsachen aufzustellen. Vielmehr muss sie die Gegebenheiten des Einzelfalls prüfen.

     

    Wer vor Jahren einen Bausparvertrag abgeschlossen hat, der wollte ein zinsgünstiges Bauspardarlehen und wollte es vielleicht immer noch, als ihm die Versicherung den Vertrag kündigte. Auch kann es Fälle geben, in denen es in einer Gesamtbetrachtung über die Laufzeit des Bausparvertrags gar nicht zu einem Totalüberschuss kam. Ein zusätzlicher Grund, warum die Finanzverwaltung die Einkünfte nicht ohne weitere Einzelfallprüfung versteuern darf. Oder was ist zum Beispiel mit Bausparverträgen, die geteilt wurden? Daran scheint die Finanzverwaltung nicht gedacht zu haben. Ferner ist zu fragen, ob Abschlussgebühren und -provisionen nun ‒ ggf. über die Verjährungsvorschriften ‒ rückwirkend abziehbar sein können, sofern diese auf Jahre entfallen, in denen die Abgeltungssteuer noch nicht galt.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Auffassung der Finanzverwaltung ist auch für andere Fälle von Interesse. In den Fokus gerückt sind etwa die Versicherungen bzw. Kapitalanlagen, die zahlreiche Ärzte bei der englischen Versicherungsgesellschaft Clerical Medical abgeschlossen haben und bei denen es durch Kündigungen bzw. Vergleichsverfahren ebenfalls zu Ausgleichs- bzw. Entschädigungszahlungen gekommen ist. Nach der Logik der OFD müssten diese Zahlungen gleichfalls zu Einnahmen aus entgangenen Zinsen führen.

     

    Die Bausparkassen sind übrigens nach §§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. b, 44 Abs. 1 S. 3 und 4 Nr. 2 EStG zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer verpflichtet. Der Steuerabzug ist nach § 43a Abs. 3 S. 7 EStG zu korrigieren. Wurde keine Kapitalertragsteuer einbehalten, sind die Erträge in der Steuererklärung anzugeben (§ 32d Abs. 3 S. 2 EStG) ‒ so die Auffassung der Finanzverwaltung.

     
    Quelle: Ausgabe 02 / 2018 | Seite 31 | ID 45019641