· Nachricht · Einkünftequalifikation
Heileurythmisten sind gewerbesteuerpflichtig
| Der Beruf des Heileurythmisten ist nicht mit dem Katalogberuf Krankengymnast oder den anderen als „ähnlich“ anerkannten medizinischen Fachberufen vergleichbar. Heileurythmisten erzielen daher einkommensteuerlich gewerbliche Einkünfte und unterliegen der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG; FG Niedersachsen 28.4.15, 13 K 50/14 ; Rev. BFH VIII R 26/15 ). |
Soweit Heil- oder Heilhilfsberufe nicht zu den Katalogberufen zählen, ist ein Beruf einem der Katalogberufe (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) ähnlich, wenn die Berufsbilder typischerweise vergleichbar sind. Zu den Vergleichskriterien gehören (OFD Frankfurt/M. 2.4.15, S 2245 A - 11 - St 210):
- 1. die Vergleichbarkeit der gesetzlichen Bedingungen. Es muss ein bundeseinheitliches Berufsgesetz existieren und die Ausübung des zu beurteilenden Berufs muss einer gesetzlich vorgeschriebenen Erlaubnis bedürfen. Die Ausübung des zu beurteilenden Berufs muss einer staatlichen Überwachung durch die jeweils zuständige Behörde (z. B. Gesundheitsamt) unterliegen.
- 2. die Vergleichbarkeit der Ausbildung durch eine mehrjährige theoretische und praktische Ausbildung auf Grund eines bundeseinheitlichen Berufsgesetzes.
- 3. die Vergleichbarkeit der jeweils ausgeübten Tätigkeit als Ausübung der Heilkunde.
Abweichend von den unter 1) aufgestellten Anforderungen stellt die Zulassung des jeweiligen Steuerpflichtigen oder die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe nach § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen ein ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer dem Katalogberuf des Krankengymnasten ähnlichen Tätigkeit dar. Fehlt es an dieser Zulassung, kann durch ein Gutachten nachgewiesen werden, ob die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 2 S.1 Nr. 1 bis 3 SGB V vergleichbar sind (vgl. BFH 28.8.03, IV R 69/00, BStBl II 04, 954).
Gesetzliche Regelung der Berufsausübung
Ist für die Ausübung des Katalogberufs eine Erlaubnis erforderlich oder ist die Ausübung des Katalogberufs ohne Erlaubnis mit Strafe bedroht, kann eine Ähnlichkeit nur gegeben sein, wenn für die Ausübung des vergleichbaren Berufs ebenfalls eine Erlaubnis erforderlich ist.
Anders als beim Heilpraktiker ist dies beim Krankengymnasten/Physiotherapeuten aber nicht der Fall. Das Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (MPhG) enthält - anders als § 1 Abs. 1 HeilprG - kein Verbot der Ausübung einer Tätigkeit, die inhaltlich der Tätigkeit eines Krankengymnasten oder Physiotherapeuten entspricht. Es schützt lediglich die Berufsbezeichnung. Die Tätigkeit eines Krankengymnasten oder Physiotherapeuten kann also - unter einer anderen Berufsbezeichnung - auch von Personen ausgeübt werden, die die Voraussetzungen nach dem MPhG nicht erfüllen.
Vergleichbarkeit der Ausbildung durch Zulassung nach § 124 Abs. 2 SGB V
Die Vergleichbarkeit der Ausbildungen kann z.B. durch die Curricula der Ausbildungsgänge nachgewiesen werden. Sie wird aber auch dann angenommen, wenn eine Zulassung nach § 124 Abs. 2 SGB V vorliegt. Zuzulassen ist, wer
- die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung sowie eine entsprechende zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigende Erlaubnis besitzt (§ 124 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V),
- über eine Praxiseinrichtung verfügt, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistet (§ 124 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB V),
- und die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennt (§ 124 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V).
Nach der Rechtsprechung von BSG (25.9.01, B 3 KR 13/00 R) und BFH (28.8.03, IV R 69/00, BStBl II 04, 954) muss es sich bei der in § 124 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V geforderten Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung nicht notwendigerweise um eine staatliche Erlaubnis handeln. Es reicht aus, wenn der Steuerpflichtige über die Erlaubnis seiner beruflichen Organisation verfügt, die Kenntnisse bescheinigt, die den Anforderungen einer staatlichen Prüfung für die Ausübung der Heilhilfsberufe vergleichbar sind.
PRAXISHINWEIS | Hiermit ist sowohl dem Erfordernis einer vergleichbaren Ausbildung als auch dem einer Erlaubnis Genüge getan. |
Die Zulassung des Steuerpflichtigen bzw. die Zulassung seiner Berufsgruppe nach § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen ist ein ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer dem Katalogberuf des Krankengymnasten ähnlichen Tätigkeit. Fehlt es an einer solchen Zulassung, hat das FG festzustellen, ob die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 SGB V vergleichbar sind.
Weder die Klägerin noch ihre Berufsgruppe sind aber gemäß § 124 Abs. 2 SGB V zugelassen worden. Die Leistungen der Heileurythmisten sind auch nicht in den durch die Heilmittel- und Hilfsmittelrichtlinien gemäß § 92 SGB V konkretisierten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen worden.
Vergleichbarkeit der Ausbildung durch Vergleich der Curricula
Es kommt also darauf an, ob die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 SGB V vergleichbar sind. Dies ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall;
Die Ausbildung zum Heileurythmisten ist in Breite und Tiefe der Ausbildung eines Krankengymnasten oder eine Physiotherapeuten nicht vergleichbar. Der Vergleich zwischen der Physiotherapeuten-Ausbildung und der Heileurythmisten-Ausbildung zeigt bereits gravierende Unterschiede in der Ausrichtung der Ausbildung. Die Ausbildung zum Heileurythmisten hat einen künstlerischen und geistigen Schwerpunkt. Dagegen liegt der Schwerpunkt bei der Physiotherapeuten-Ausbildung eindeutig auf der Vermittlung von medizinischem Wissen über die Körperfunktionen und ihre Störungen. Künstlerisch-geistige Lerninhalte finden sich in der Ausbildungsordnung nicht. Die Ausbildungen sind deshalb weder konzeptionell noch fachlich-inhaltlich vergleichbar.
PRAXISHINWEIS | Allerdings hat der BFH (8.3.12, V R 30/99, BStBl II 12, 623) bezüglich der Frage der umsatzsteuerlichen Steuerfreiheit von Heileurythmieleistungen gemäß § 4 Nr. 14 UStG den Abschluss eines Integrierten Versorgungsvertrags nach §§ 140a ff. SGB V als Befähigungsnachweis ausreichen lassen. Dementsprechend hat der 5. Senat des FG Niedersachsen (23.10.14, 5 K 329/13; Rev. BFH XI R 3/15) die Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 14 UStG gewährt. Diese Rechtsprechung lässt sich nicht auf die Ertragsteuern übertragen. |