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  • · Fachbeitrag · Mitunternehmerstellung

    BFH entscheidet zur Mitunternehmerstellung

    von StB Janine Peine, Wolfenbüttel, www.schmidt-kosanke.de

    Bei einer Mitunternehmerschaft können Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative unterschiedlich ausgeprägt sein, es müssen jedoch beide Merkmale vorliegen (BFH 3.11.15, VIII R 63/13). Die Einkünfte einer Ärzte-GbR sind insgesamt solche aus Gewerbebetrieb, wenn die GbR auch Vergütungen aus ärztlichen Leistungen erzielt, die in nicht unerheblichem Umfang ohne leitende und eigenverantwortliche Beteiligung der Mitunternehmer-Gesellschafter erbracht werde (3.11.15, VIII R 62/13).

     

    Sachverhalt

    In die zweigliedrige GbR war die Ärztin als Nullbeteiligungsgesellschafterin eingetreten (keine Beteiligung am Vermögen, kein Abfindungsanspruch, Gewinnanteil als fester Prozentsatz der eigenen Honorareinnahmen, dreijähriges Wettbewerbsverbot, keine Verfügungsmacht über Praxiskonten/Barkasse, kein Aufkommen für Reparaturen und Wartungen der Praxisgegenstände). Bei einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass die Gemeinschaftspraxis kein Gesamthandsvermögen hat. Praxisgegenstände, Bankguthaben und Darlehensverbindlichkeiten seien ausschließlich den beiden anderen Gesellschaftern zuzurechnen. Die Ärztin hat nur ihre Sonderbetriebsausgaben aufgewendet um ihre „Gewinnanteile“ zu erhalten. Sie sei deshalb nicht als Mitunternehmerin der Gemeinschaftspraxis anzusehen. Die beiden anderen Gesellschafter erzielten dadurch als zweigliedrige GbR Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

     

    Anmerkungen

    Die Stellung als Mitunternehmer einer Freiberuflerpraxis kennzeichnen Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative. Mitunternehmerrisiko wird durch Beteiligung am Gewinn und Verlust und an den stillen Reserven des Anlagevermögens und des Praxiswertes getragen. Mitunternehmerinitiative zeigt sich in der Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen. Beide Merkmale müssen vorliegen, aber nicht gleich stark ausgeprägt sein. Sie können - bis zu einem gewissen Grad - einander kompensieren.

     

    Hier trug die Ärztin kaum Mitunternehmerrisiko. Einen Verlust hätte sie nicht tragen müssen. Schlimmstenfalls wäre ihr kein Gewinnvorab ausbezahlt worden; denn ihr Gewinnanteil beinhaltete ausschließlich eine umsatzabhängige Vergütung ihrer selbst erwirtschafteten Honorare. Eine Beteiligung an den stillen Reserven war ihr vollständig versagt.

     

    Ausreichend Mitunternehmerinitiative lag ebenfalls nicht vor, da die Ärztin von wesentlichen Bereichen der Geschäftsführung ausgenommen war und die GbR nicht maßgeblich mit beeinflussen konnte. Das stellte sich durch mangelnden Bankkontenzugriff und Ausschluss aus bevorstehenden Investitionen dar. Das verminderte Mitunternehmerrisiko konnte also nicht durch eine stärkere Mitunternehmerinitiative kompensiert werden, so dass keine Mitunternehmerstellung vorliegt.

     

    Praxishinweis

    Bei einer Nullbeteiligung ist im Gesellschaftsvertrag neben der Gewinnbeteiligung zwingend auch eine Verlustbeteiligung aufzuführen. Zusätzlich ist ein Abfindungsanspruch für den zwischenzeitlich erarbeiteten Praxiswert unumgänglich oder zumindest das Recht, die eigenen Patienten mitnehmen zu dürfen. Eine geringfügige Kapitalbeteiligung ist jedoch sicherlich der stärkste Nachweis der Übernahme eines Mitunternehmerrisikos.

     

    Die Folgen des Urteils werden erst auf den zweiten Blick richtig erkennbar. Die Kläger bedienten sich durch die Ärztin einer fachlich vorgebildeten (freien) Mitarbeiterin, die die Arbeit der Kläger mit übernimmt und nicht nur untergeordnet tätig ist. Dadurch sind die Kläger selber nicht mehr eigenverantwortlich, sondern insoweit gewerblich tätig. Durch die Abfärbetheorie nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG werden dann die gesamten Einkünfte der Mitunternehmerschaft zu gewerblichen Einkünften.

     

    Quelle: ID 43969901