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Auch Fremdhistologien sind umsatzsteuerfreie Heilbehandlungsleistungen
| Umsätze eines Laborarztes, der Gewebeproben anderer Ärzte und/oder Krankenhäuser analysiert und befundet, sind als Heilbehandlungsleistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a) UStG steuerfrei. (FG Hamburg 23.10.13, 2 K 349/12, Rev. BFH XI R 48/13) |
Strittig ist die umsatzsteuerliche Behandlung von Laborleistungen, die die Klägerin gegenüber externen Ärzten und Kliniken erbringt. Die Klägerin ist eine aus sieben Gesellschaftern bestehende ärztliche Gemeinschaftspraxis. Sie betreibt ein eigenes Labor zur Analyse und Befundung von Gewebeproben und erbringt Leistungen im Bereich der Dermatologie, Allergologie, operativen Dermatologie, Gefäßchirurgie sowie dermatologischen und allergologischen Labordiagnostik einschließlich der Histopathologie. Dort werden zum einen Gewebeproben von eigenen (Privat-) Patienten untersucht (unstrittig eine umsatzsteuerbefreite unselbstständige Nebenleistung zur Heilbehandlung). Zum anderen analysiert und befundet die Klägerin Gewebeproben anderer niedergelassener oder privatärztlich tätiger Ärzte und Kliniken (sogenannte Fremdhistologien). Die Fremdhistologien werden entweder gegenüber dem Einsender, einem niedergelassenen Arzt oder einer Klinik abgerechnet oder direkt gegenüber dem Patienten, wenn es sich um Privatpatienten oder um Selbstzahler handelt. Die Klägerin erklärte alle Laborumsätze, auch die aus Fremdhistologien, als umsatzsteuerfrei. Das FA vertrat hingegen die Auffassung, dass die Laborleistungen der Klägerin, die gegenüber anderen Ärzten und Kliniken erbracht werden, nicht unter die Regelung des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG (Streitjahr 2012) fielen.
Die Klage hat vor dem FG Hamburg Erfolg. Die Umsätze der Klägerin unterliegen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht der Umsatzsteuer, soweit sie Laborleistungen für andere Ärzte und Kliniken erbringt. Auch insoweit handelt es sich um Umsätze aus Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt werden. Eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient bedarf es für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nicht.
Umsätze aus Heilbehandlungen
Bei der von der Klägerin auf Anordnung von Ärzten oder auch Kliniken durchgeführten Analyse von Gewebeproben handelt es sich nach Auffassung des FG Hamburg um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin; denn sie dienen der Diagnose, Behandlung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Die histologischen Untersuchungen indizieren nach der unbestrittenen Darstellung der Klägerin unter anderem die Art der Behandlung und dienen damit der Vorbereitung und Unterstützung der Heilbehandlung durch die einsendenden Ärzte und Kliniken.
Im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit
Die Heilbehandlungen werden auch im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt durchgeführt. Die histologischen Untersuchungen werden durch zwei Gesellschafter der Klägerin vorgenommen, die Fachärzte für Dermatologie sind und über eine Zusatzqualifikation als Histopathologe verfügen. Ohne Bedeutung ist dabei der Umstand, dass die Gewebeproben vom Laborpersonal, das nicht aus qualifizierten Ärzten besteht, präpariert werden. Es ist nicht notwendig, dass jeder Aspekt einer therapeutischen Behandlung von medizinischem Personal durchgeführt wird (vgl. EuGH 18.11.10, C-156/09, Verigen Transplantation Service International, Slg. 2010, I-11733; EuGH 8.6.06, C-106/05 - L. u. P., Slg. 2006, I-5123). Die Steuerbefreiung ist grundsätzlich auch bei einer entsprechenden beruflichen Qualifikation der Mitarbeiter zu gewähren (vgl. BFH 29.6.11, XI R 52/07; BFH/NV 2011, 1806). Die entscheidenden Arbeitsschritte der Untersuchung und Befundung werden bei der Klägerin von den beiden Fachärzten vorgenommen und lassen schon deshalb keinen Zweifel an dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung aufkommen.
Vertrauensverhältnis nicht erforderlich
Das FA stützt seine Auffassung auf den Umsatzsteueranwendungserlass (Tz. 4.14.1. und Tz. 4.14.5. Abs. 9 UStAE) und auf ein Schreiben des BMF (26.6.09, IV B 9 - S7170/08/1009, BGBl I 2009, 756). Danach sind Leistungen von Laborärzten, die nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zum Patienten beruhen, nicht von der Umsatzsteuer befreit. In Abgrenzung zu den Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG seien nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG nur solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit, die außerhalb von Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und Behandelndem, z. B. in Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort erbracht werden. Dem Wortlaut des § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG kann jedoch das Erfordernis eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient nicht entnommen werden. Ebenso wenig ergibt sich diese Voraussetzungen aus dem Wortlaut des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL, dessen Umsetzung in das nationale Steuerrecht durch § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG erfolgt ist. Auch handelt es sich dabei nicht um ein Kriterium, das systematisch zur Abgrenzung von § 4 Nr. 14 a UStG zu § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG heranzuziehen ist.
Auch nach der Rechtsprechung des BFH ist für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG ein Vertrauensverhältnis zum Patienten nicht erforderlich. In dem Urteil des BFH (29.6.11, XI R 52/07), das im Anschluss an das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache Verigen (C-156/09) ergangen ist, stellt der BFH fest, dass ein Vertrauensverhältnis zum Patienten nicht ausnahmslos Voraussetzung für die Steuerbefreiung einer Tätigkeit im Rahmen einer Heilbehandlung ist.