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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Leistungen einer Privatklinik umsatzsteuerfrei

    von RA, StB Tobias Marat LL.M., Hannover, www.deloitte.de 
und RA FA für MedR Rainer Hellweg, Hannover, www.spkt.de 

    Krankenhausleistungen einer Privatklinik können umsatzsteuerfrei sein. Die Umsatzsteuerbefreiung ergibt sich zwar nicht aus nationalen Vorschriften. Privatkliniken können sich aber im Hinblick auf die Umsatzsteuerbefreiung unmittelbar auf das ihnen günstige Gemeinschaftsrecht berufen (FG Baden-Württemberg 28.11.12, 14 K 2883/10, Rev. BFH XI R 8/13).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin betreibt eine Privatklinik (GmbH). Sie ist nicht in den Krankenhausbedarfsplan nach § 108 SGB V aufgenommen und behandelt daher keine Kassenpatienten, sondern ausschließlich privat versicherte Patienten und Selbstzahler. Die allgemeinen Krankenhausleistungen (Heilbehandlung, Unterkunft und Verpflegung) wurden gegenüber den Patienten mit Tagespflegesätzen abgerechnet. Das FA teilte diese Tagessätze in einen steuerfreien Anteil (ärztliche Leistungen) und einen steuerpflichtigen Anteil (Unterkunft und Verpflegung) auf. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage, die pauschalen Tagessätze insgesamt von der Umsatzsteuer zu befreien.

     

    Anmerkungen

    Ab dem 1.1.09 sind Krankenhausbehandlungen gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG nur dann steuerfrei, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder u.a. gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b S. 2 Doppelbuchst. aa) UStG von zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 SGB V erbracht werden. Damit sind Umsätze einer Privatklinik nicht von der Umsatzsteuer befreit, wenn eine solche Zulassung gerade nicht besteht.

     

    Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b EG-RL (Art. 132 Abs. 1 Buchst. b ­MwStSystRL) sind die Krankenhausbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt werden, von der Umsatzsteuer befreit.

     

    Nach Ansicht des FG Baden-Württemberg sind Privatkliniken mit Einrichtungen des öffentlichen Rechts in sozialer Hinsicht vergleichbar, wenn sie Wahlleistungen zur Zimmerbelegung (Einzelzimmer) und Chefarztbehandlung in nur geringem Umfang erbringen. Diese Auslegung entspräche dem Sinn und Zweck der Steuerbefreiungsvorschrift, die Kosten der Heilbehandlung zu senken. Ziel der Steuerbefreiung sei es nämlich, die Kosten des Gesundheitswesens für den Patienten als Letztverbraucher von der Umsatzsteuer zu entlasten und so zu gewährleisten, dass der Zugang zu Behandlungen nicht durch höhere Kosten versperrt wird. Dass eine Klinik dabei mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, stehe der Steuerbefreiung ebenfalls nicht entgegen.

     

    Wenn eine Privatklinik die gleichen Leistungen erbringe wie eine nach § 108 SGB V zugelassene oder eine öffentlich-rechtliche Klinik, dann sei also eine umsatzsteuerrechtlich unterschiedliche Behandlung sachlich nicht gerechtfertigt. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbiete es, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Umsatzsteuer unterschiedlich zu behandeln.

     

    Praxishinweise

    Nach dem diesem Urteil können sich Privatkliniken unmittelbar auf die gemeinschaftsrechtliche Befreiungsvorschrift des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b EG-RL (Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL) berufen. Es kann erwartet werden, dass sich auch der EuGH mit dieser Frage noch beschäftigen wird.

     

    Interessante Folgefragen ergeben sich, wenn sich Patienten einer Privatklinik auf Grundlage dieser finanzgerichtlichen Rechtsprechung zukünftig weigern sollten, die Ihnen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zu bezahlen. Der mit Umsatzsteuer abrechnende private Krankenhausträger verhält sich entsprechend nationaler umsatzsteuerlicher Vorschriften. Allerdings sind die Umsätze bei unmittelbarer Anwendung des Gemeinschaftsrechts von der Umsatzsteuer befreit. Die Umsatzsteuer dürfte vertraglich nur gefordert werden können, wenn sie auch gesetzlich geschuldet wird. Das aber könnte zweifelhaft sein, wenn eine gemeinschaftsrechtliche Befreiungsvorschrift greift und diese Vorrang vor der nationalen Bestimmung hat.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 149 | ID 39426200