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  • · Nachricht · Umsatzsteuer

    Pflegeleistungen durch Mitglieder eines Vereins können umsatzsteuerfrei sein

    | Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MWStSystRL befreit Pflegeleistungen, wenn die Pflegekraft die Möglichkeit hat, Verträge nach § 77 Abs. 1 S. 1 SGB XI mit Pflegekassen abzuschließen. § 4 Nr. 16 UStG setzt EU-Recht nur unzureichend um ( BFH 18.8.15, V R 13/14 ). |

     

    Die Klägerin war Mitglied eines eingetragenen Vereins und für diesen gegen Entgelt als Pflegehelferin tätig. Über eine Ausbildung als Kranken- oder Altenpflegerin verfügte die Klägerin nicht. Der Verein hatte mit ihr eine Qualitätsvereinbarung abgeschlossen. Der Verein erbrachte umsatzsteuerfreie Pflegeleistungen an Pflegekassen. Das FA sah die Tätigkeit der Klägerin in den Streitjahren 2007 und 2008 für den Verein als umsatzsteuerpflichtig an, da § 4 Nr. 16 Buchst. d und e UStG nicht einschlägig waren. Bereits das FG Münster (14.1.14, 15 K 4674/10 U) hatte jedoch auf die unvollständige Umsetzung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL verwiesen. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL setzt voraus, dass es sich

    • um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen handelt (hier unstreitig) und dass
    • der leistende Unternehmer als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt ist.

     

    Die Möglichkeit, Verträge mit Pflegekassen nach § 77 Abs. 1 S. 1 SGB XI abzuschließen, reicht für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter. Die Klägerin war als „geeignete Pflegekraft“ i.S. von § 77 Abs. 1 S. 1 SGB XI anzusehen war, da sie mit dem Verein Qualitätsvereinbarungen abschloss und „Nachweise über Fortbildungen“ vorgelegt hat. Auf einen Berufsabschluss in einem Pflegeberuf kommt es nicht an. Unerheblich ist auch, ob vertragliche Vereinbarungen mit Pflegekassen bestehen. Auch dass die Klägerin Mitglied in einem „anerkannten“ Verein zur Erbringung von Pflegeleistungen war, dessen Kosten weitgehend von den Pflegekassen getragen wurden störte nicht. Insoweit besteht eine über den Verein durchgeleitete Kostentragung.

     

    § 77 Abs. 1 SGB XI ist seit den Streitjahren mehrfach geändert worden, allerdings besteht auch in der aktuellen Fassung die Möglichkeit Verträge mit „geeigneten Pflegekräften“ zu schließen.

     

    • § 77 Abs. 1 S. 1 SGB XI

    Zur Sicherstellung der häuslichen Pflege und Betreuung sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung soll die Pflegekasse Verträge mit einzelnen geeigneten Pflegekräften schließen, um dem Pflegebedürftigen zu helfen, ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen oder dem besonderen Wunsch des Pflegebedürftigen zur Gestaltung der Hilfe zu entsprechen; Verträge mit Verwandten oder Verschwägerten des Pflegebedürftigen bis zum dritten Grad sowie mit Personen, die mit dem Pflegebedürftigen in häuslicher Gemeinschaft leben, sind unzulässig.

     
    Quelle: ID 43657925