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  • · Nachricht · Umsatzsteuer

    Regelsteuersatz auf Beatmungsmasken?

    Die Steuersatzermäßigung für die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG umfasst sonstige Leistungen (§ 3 Abs. 9 UStG) und die Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG) von Zahnersatz, nicht indes die Lieferung anderer Gegenstände (z.B. Beatmungsmasken). (BFH 24.10.13, V R 14/12)

     

    Sachverhalt

    Der Kläger ist Zahntechnikermeister und lieferte in den Streitjahren 2003 bis 2005 Beatmungsmasken, die er auf ärztliche Verordnung individuell für einzelne Patienten in seinem Dentallabor herstellte. Der Kläger versteuerte die Lieferungen nach dem ermäßigten Steuersatz. Demgegenüber ging das FA davon aus, dass der Regelsteuersatz anzuwenden sei. Der Klage gab das FG Niedersachsen (22.3.12, 5 K 22/11, Besprechung in diesem Blog) statt: Bei den Lieferungen handele es sich um eine Leistung aus der Tätigkeit als Zahntechniker, so dass § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG - in der in den Streitjahren 2003 bis 2005 geltenden Fassung - anzuwenden sei. Berufstypisch für die Tätigkeit als Zahntechniker sei nicht nur die Herstellung von Zahnprothesen, sondern auch die Fertigung von Epithesen.

     

    Anmerkungen

    Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, der der BFH stattgegeben hat. Der BFH führt aus: Nach § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG ermäßigt sich in den Streitjahren die Steuer für „die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 S. 4 Buchst. b bezeichneten Leistungen der Zahnärzte“. Die Vorschrift beruht in den Streitjahren 2003 bis 2005 unionsrechtlich auf Art. 28 Abs. 3 Buchst. a i.V. mit Anlage E Nr. 2 i.V. mit Art. 13 Teil A Buchst. e der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach waren die Mitgliedstaaten berechtigt, auf „die Dienstleistungen, die Zahntechniker im Rahmen ihrer Berufsausübung erbringen, sowie die Lieferungen von Zahnersatz durch Zahnärzte und Zahntechniker“ einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden.

     

    Aufgrund richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 28 Abs. 3 Buchst. a i.V. mit Anlage E Nr. 2 i.V. mit. Art. 13 Teil A Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG sind nur Dienstleistungen (Art. 6 der Richtlinie 77/388/EWG) und damit nur sonstige Leistungen (§ 3 Abs. 9 UStG), die Zahntechniker im Rahmen ihrer Berufsausübung erbringen, als Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG anzusehen. Handelt es sich demgegenüber um eine Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG und Art. 5 der Richtlinie 77/388/EWG), ist die Regelung nur anzuwenden, wenn es sich um die Lieferung von Zahnersatz handelt, so dass die Lieferung anderer Gegenstände von dieser Vorschrift nicht erfasst wird. Hierfür spricht neben dem allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständen, dass Vorschriften des nationalen Rechts auch dann eng auszulegen sind, wenn sie ansonsten nicht der Richtlinie entsprechen (BFH 8.3.12, V R 14/11, BStBl II 12, 630, unter II.2.c bb).

     

    Im Streitfall hat der Kläger Beatmungsmasken hergestellt und geliefert. Es handelt sich nicht um eine „Zurichtung“ von Gegenständen, die vom Leistungsempfänger mitgebracht werden und die als sonstige Leistung anzusehen sein kann (BFH 9.6.05, V R 50/02, BStBl II 06, 98 - zur orthopädischen Zurichtung der vom Kunden mitgebrachten Konfektionsschuhe). Die Lieferungen durch den Kläger unterliegen somit nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG, da es sich bei den Beatmungsmasken nicht um Zahnersatz handelt.

     

    Praxishinweis

    Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat - ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt zu Recht - keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Voraussetzungen für eine ermäßigte Besteuerung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V. mit Nr. 52 Buchst. d der Anlage 2 zum UStG vorliegen. Insoweit wird im zweiten Rechtsgang zu berücksichtigen sein, dass sich gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG die Steuer auf 7 % für die Lieferungen der in der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände ermäßigt. Zu diesen Gegenständen gehören nach Nr. 52 Buchst. d der Anlage 2 zum UStG Schwerhörigengeräte, Herzschrittmacher und andere Vorrichtungen zum Beheben von Funktionsschäden oder Gebrechen, zum Tragen in der Hand oder am Körper oder zum Einpflanzen in den Organismus, ausgenommen Teile und Zubehör aus den Unterpos. 9021.40 und 9021.50 sowie aus Unterpos. 9021.90 ZT.

    Quelle: ID 42475870