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Überlassung von OP-Räumen durch einen Anästhesisten
| Stellt ein Anästhesist anderen Ärzten OP-Räume und Ausstattung zur Verfügung, ist die Raumüberlassung selbst keine steuerfreie Heilbehandlung. Möglicherweise liegt aber eine einheitliche steuerfreie Heilbehandlungsleistung des Anästhesisten gegenüber den Patienten vor, wenn er an den Operationen teilnimmt. Denkbar ist auch ein steuerfreier, mit dem Betrieb einer „anderen Einrichtung“ eng verbundener Umsatz (BFH 18.3.15, XI R 15/11). |
Eine Anästhesistin stellte in den Streitjahren 1999 bis 2004 anderen Ärzten für ambulante Operationen, an denen sie selbst mitwirkte, ihre Operationsräume und Ausstattung zur Verfügung. Grundlage waren mündliche Verträge. Als Gegenleistung erhielt sie vom Operateur einen Anteil der Vergütung der Krankenkasse. Die Anästhesistin ging bei der Überlassungen ihrer Operationsräume - anders als FA und FG - von nicht steuerpflichtigen Umsätze aus. Der BFH hob jedoch das FG-Urteil auf und verwies die Sache zurück.
Keine steuerbefreite Heilbehandlungen
Steuerbefreite Heilbehandlungen (§ 4 Nr. 14 S. 1 UStG a.F.) dienen der Vorbeugung, Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen. Ein Arzt kann sie auch gegenüber anderen Ärzten erbringen (z.B. Laborarzt). Denn für die personenbezogene Voraussetzung der Befreiung kommt es nicht auf den Leistungsempfänger an, sondern auf den Ausführenden, der eine ärztliche Qualifikation haben muss. Die Überlassung von Räumlichkeiten ist jedoch weder eine ärztliche noch eine arztähnliche Leistung. Sie dient allenfalls der Heilbehandlung.
Überlassung und Mitwirkung als einheitliche Leistung
Die Überlassung kann jedoch nach § 4 Nr. 14 S. 1 UStG (a.F.) steuerbefreit sein, wenn sie mit der Mitwirkung an den Operationen eine einheitliche Leistung bildet. Eine einheitliche Leistung liegt nicht nur dann vor, wenn eine Leistung als Hauptleistung und andere als Nebenleistungen zu beurteilen sind, sondern auch dann, wenn zwei oder mehr Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Leistungsempfänger so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden.
Ein solcher Zusammenhang ist hier möglich. Allerdings fehlen genauere Feststellungen des FG dazu, insbesondere zu den Vertragsverhältnissen zwischen Anästhesistin, Operateuren und Patienten: Umfasste der Behandlungsvertrag zwischen ihr und dem Patienten alle Leistungen des „OP-Zentrums“? Wollte der Operateur die Leistungen des „OP-Zentrums“ gar nicht erbringen und rechnete die Überlassung lediglich als fremde Leistung ab?
Eng verbundener Umsatz
§ 4 Nr. 16 Buchst. c UStG (a.F.) befreit die mit dem Betrieb der Krankenhäuser und anderen Einrichtungen ärztlicher Heilbehandlung eng verbundenen Umsätze. Dazu müssen die Leistungen unter ärztlicher Aufsicht erbracht werden und im Kalenderjahr davor mindestens 40 % der Leistungen den in § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG genannten Personen (Versicherte der gesetzlichen Sozialversicherung, Empfänger von Sozialhilfe und Versorgungsberechtigte) zugute gekommen sein. Diese Möglichkeit hat das FG jedoch nicht geprüft. Die Anästhesistin sieht ihre Praxis als OP-Zentrum bzw. als Zentrum für ärztliche Heilbehandlung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG an. Die Überlassung von OP-Räumen und Ausstattung ist jedenfalls ein eng verbundener Umsatz.
Ob im Kalenderjahr zuvor mindestens 40 % der Leistungen dem Personenkreis des § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG zugute gekommen sind, muss das FG ebenfalls feststellen. Dabei muss es berücksichtigen, dass die Bezugnahme auf die Verhältnisse des vorangegangenen Kalenderjahrs nicht aus Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG zu rechtfertigen ist. Daher kann sich die Anästhesistin auf das für sie günstigere Unionsrecht berufen.