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  • · Nachricht · Umsatzsteuer

    Umsatzsteuerbefreite Zahnaufhellung (Bleaching)

    | Die von einem Zahnarzt/einer Zahnärztin durchgeführte Zahnaufhellung (Bleaching) ist, soweit sie dazu dient, einen aufgrund einer Krankheit und einer Behandlung nachgedunkelten Zahn aufzuhellen, gemäß § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei. Die steuerliche Begünstigung ist nicht allein auf Maßnahmen beschränkt, die auf die Beseitigung der Ursache der Gesundheitsstörung bzw. derer selbst gerichtet sind. Sie erfasst auch Maßnahmen, die zur Beseitigung von durch die Gesundheitsstörung und der zu deren Heilung vorgenommenen Maßnahmen herbeigeführten körperlichen Folgen, seien sie auch rein optischer Natur, gerichtet sind ( FG Schleswig-Holstein 9.10.14, 4 K 179/10, Rev. BFH V R 60/14 ). |

     

    Die streitgegenständlichen Bleaching-Behandlungen erfolgten nach Abschluss einer Wurzelkanal-Behandlung, die wegen einer Wurzelerkrankung bzw. eines Unfalls nötig war. Durch die Behandlung waren einzelne Zähne nachgedunkelt. Zwischen der vorangegangenen Behandlung und dem Bleaching lag jeweils ein Zeitraum von wenigen Monaten bis zu maximal zwei Jahren. Für das Bleaching wurde der nach Abschluss der Vorbehandlung verschlossene Zahn geöffnet und das Bleichmittel in den Zahn ein- und auf den Zahn aufgebracht.

     

    Das FG Schleswig Holstein ist der Auffassung, dass eine Behandlung auch, wenn sie keine über ihre optische Einflussnahme hinausgehende Wirkung entfaltet, eine begünstigte Heilbehandlung sein kann, wenn sie, wie hier, auf die Beseitigung der (optischen) Folge einer Krankheit oder Gesundheitsstörung und einer aufgrund dieser Krankheit oder Gesundheitsstörung medizinisch indizierten Heilungsmaßnahme gerichtet ist, wenn sie also ein Teil einer - sei es auch zeitlich gestreckten - Gesamtbehandlung der Gesundheitsstörung darstellt, deren Ziel, soweit möglich, die Wiederherstellung des status quo ante des behandelten Körperteils ist.

     

    Dieses Verständnis folgert der Senat zunächst aus den Ausführungen des EuGH (21.3.13, C-91/12), wonach privilegierte Leistungen dazu dienen müssen, „Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen oder die Gesundheit zu schützen, aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen“. Aus der alternativen Darstellung der privilegierten Tätigkeiten geht hervor, dass nicht allein die Diagnose und Heilung begünstigt sein kann, sondern auch - ohne diagnostische bzw. heilende Maßnahmen zu implizieren - die bloße Behandlung einer Gesundheitsstörung. Damit ist das Spektrum der begünstigten Tätigkeiten auf die Behandlung von mit der Krankheit zusammenhängenden, durch diese verursachten körperlichen Auswirkungen ausgedehnt, selbst wenn dadurch weder die Ursache der Gesundheitsstörung noch die Krankheit selbst beseitigt wird.

     

    Im Einklang damit stehen - so das FG - auch die Ausführungen in Tz. 29 des vorbenannten EuGH-Urteils, wonach die kosmetischen Leistungen begünstigt sein können, wenn sie dazu dienen, Personen „zu behandeln“, bei denen etwa aufgrund einer Krankheit oder Verletzung ein Eingriff ästhetischer Natur „erforderlich“ ist. Hieraus geht hervor, dass eine ästhetische Behandlung - nicht aber notwendig: eine heilende Maßnahme - eines Menschen bereits dann begünstigt sein kann, wenn sie „aufgrund“ einer Krankheit oder Verletzung „erforderlich“ wird.

     

    Schließlich sieht das FG darin auch keinen Widerspruch zu den Ausführungen des BFH (19.6.13 V S 20/13), wonach für die Begünstigung von Schönheitsoperationen erforderlich sei, dass diese dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienten, womit es wiederum nicht zu vereinbaren sei, Leistungen der Schönheitschirurgen ohne Rücksicht auf ihre medizinische Indikation als steuerfrei zu behandeln. Diese Ausführungen zwingen nicht zu dem Schluss, dass kosmetische Maßnahmen unter keinen Umständen privilegiert sind, wenn sie über ihre optische Wirkung hinaus keine heilende Wirkung entfalten. Die Ausführungen lassen nach Auffassung des Senats auch ein Verständnis der geforderten „medizinischen Indikation“ in dem Sinne zu, dass diese auch bei der Beseitigung kausaler Krankheitsfolgen gegeben sein kann. Nicht medizinisch indiziert in diesem Sinne sind damit lediglich ästhetische Maßnahmen, die „ausschließlich aus ästhetischen Gründen durchgeführt werden“ (so FG Berlin 2.11.02, 7 K 7264/02), und damit ohne weitere Veranlassung auf Wunsch des Patienten z.B. zur Rücknahme von Alterserscheinungen, zur Verbesserung der Körperform, zu kosmetischen Korrekturen von Normabweichungen vom individuellen oder gesellschaftlichen Schönheitsideal oder zur Herbeiführung des Wohlbefindens erbracht werden (FG Köln 8.2.13, 15 K 4521/07).

     

    PRAXISHINWEIS | Der BFH muss nun die Frage klären, ob Zahnaufhellungen (Bleaching), soweit die Aufhellung dazu dient, einen aufgrund einer Krankheit und einer Behandlung nachgedunkelten Zahn aufzuhellen, gemäß § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei sind (BFH V R 60/14).

    Quelle: ID 43185720