· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
Vorlagebeschluss des BFH zur unterschiedlichen Behandlung von Abschlägen der Pharmaunternehmen an gesetzliche und private Krankenversicherer
| Ist es vereinbar, dass Abschläge der Pharmaunternehmer an die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und an die private Krankenversicherung (PKV) umsatzsteuerlich zu unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen führen? |
Kläger ist ein Pharmaunternehmen. Die Arzneimittel kommen gesetzlich und privat Krankenversicherten zugute. Die umsatzsteuerliche Beurteilung ist jedoch unterschiedlich. Pharmaunternehmen müssen Abschläge gewähren, die an die Apotheken/Großhändler (GKV) und an die PKV ausgezahlt werden. Die Abschläge an die GKV gelten als Entgeltminderung, die an die PKV nicht. Diese Ungleichbehandlung führt zu einer Anfrage beim EuGH.
Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
Nach Art. 20 EUGrdRCh sind alle Personen vor dem Gesetz gleich. Vergleichbare Sachverhalte dürfen nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden. Eine Ausnahme gibt es nur, wenn ein objektiver Rechtfertigungsgrund vorliegt. Den sieht der BFH in diesem Fall nicht. Dem EuGH werden daher folgende Anfragen vorgelegt (BFH 22.6.16, V R 42/15):
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Ist ein pharmazeutischer Unternehmer, der Arzneimittel liefert, auf Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union und unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage nach Art. 90 der MwSystRL berechtigt, wenn
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Entgeltminderung - oder nicht?
Pharmaunternehmen müssen einen Abschlag auf die Arzneimittelpreise gewähren. Das soll die Kosten der Arzneimittelversorgung verringern. Die gesetzliche Grundlage in §130a SGB V gilt für GKV und PKV. Die Abwicklung des Abschlags erfolgt jedoch auf unterschiedlichen Wegen:
- Gesetzliche Krankenversicherung: Die Arzneimittel werden gemäß einem Rahmenvertrag mit dem Spitzenverband der Krankenkassen an die Krankenkassen abgegeben. Über die Großhändler/Apotheken erreichen die Arzneimittel die GKV-Versicherten. Die Krankenkassen vergüten den Apotheken bzw. Großhändlern die Arzneimittel nach Abzug des gesetzlichen Abschlags. Der Abschlag wird dann von den Pharmaunternehmen den Apotheken und Großhändler erstattet. Zwischen der GKV und dem Pharmaunternehmen bestehen direkte Vertragsbeziehungen für die Arzneimittelabgabe. Die Abschläge sind daher bei der GKV als Entgeltminderung zu sehen.
- Private Krankenversicherung: Die Versicherten erhalten die Arzneimittel von den Apotheken. Hier bestehen Einzelverträge. Die PKV selbst ist nicht Abnehmer der Arzneimittel. Sie erstatten den Versicherten die nur Kosten. Das Pharmaunternehmen leistet den gesetzlichen Abschlag an die PKV. Bei der PKV entstehen die Verträge zwischen den Pharmaunternehmen und den Versicherten. Die Abschlagszahlungen an die PKV erfolgen außerhalb dieser Verträge.
Nach nationalem Umsatzsteuerrecht liegt bei den Umsätzen an die PKV-Versicherten keine Entgeltminderung vor, da der Abschlag außerhalb dieser Umsätze geleistet wird. Das verstößt laut BFH gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Beide Abschläge dienen dem Zweck der Kostenminderung der Arzneimittelversorgung. Nur die Abwicklung ist dabei unterschiedlich. Dadurch darf aber keine Benachteiligung entstehen.
StB Janine Peine, Wolfenbüttel, www.schmidt-kosanke.de