· Fachbeitrag · Vermögensplanung
Vorauszahlungen zum Beitragsentlastungstarif einer Kranken- und Pflegeversicherung
von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de
| Ein schönes Steuersparmodell wird zum 1.1.20 eine einschneidende Änderung erfahren: Es geht um die Vorauszahlung von Beiträgen zur Basiskranken- und Pflegeversicherung. Da mit diesem Modell ab 2020 Schluss ist, ist Privatversicherten zu raten ‒ sofern möglich und steuerlich sinnvoll ‒ noch im Jahre 2019 eine entsprechende Vorauszahlung zu leisten. |
1. Um welche Beiträge geht es?
Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung sind seit 2010 in tatsächlicher Höhe und unbegrenzt als Sonderausgaben absetzbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Sie sind grundsätzlich in dem Jahr als Sonderausgaben absetzbar, in dem sie gezahlt werden. Dies gilt grundsätzlich auch für Beiträge, die im Voraus für kommende Jahre gezahlt werden (Abflussprinzip gemäß § 11 Abs. 2 EStG). Doch dieses Abflussprinzip wurde im Jahre 2011 eingeschränkt bzw. eine wunderbare Steuerspar-Option eröffnet:
- Beiträge zu einer Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung dürfen bis zum 2,5-fachen des laufenden Jahresbeitrags im Voraus für kommende Jahre gezahlt und in voller Höhe im Zahlungsjahr als Sonderausgaben abgesetzt werden. Beiträge, die darüber hinausgehen, sind in dem Jahr absetzbar, für das sie geleistet werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 4 EStG).
- Diese Einschränkung des Abflussprinzips gilt indes nicht für Beiträge, die „der unbefristeten Beitragsminderung nach Vollendung des 62. Lebensjahrs dienen“. Der erhöhte Beitragsanteil zur Beitragsentlastung im Alter ist ‒ soweit er auf die Basisabsicherung entfällt ‒ in voller Höhe als Sonderausgaben absetzbar (BMF 19.8.13, BStBl I 13, 1087, Tz. 88).
2. Was ist ab 2020 neu?
Ab 2020 gilt die Einschränkung des Abflussprinzips bei Vorauszahlungen von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen einheitlich für sämtliche Beiträge zu einer Basisabsicherung ‒ und zwar einschließlich der Beitragsanteile, die „der unbefristeten Beitragsminderung nach Vollendung des 62. Lebensjahrs dienen“. Zum Ausgleich dieser Einschränkung wird der abzugsfähige Betrag von derzeit dem Zweieinhalbfachen auf das Dreifache angehoben (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 4 EStG i. d. Fassung des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften).
Begründung: Für die unterschiedliche Behandlung der Beitragsanteile ist kein Grund für eine Ungleichbehandlung erkennbar. Mit der Neuregelung können mit der gegenwärtigen Regelung einhergehende praktische Umsetzungsprobleme sowohl für den Versicherten als auch für die Finanzverwaltung zukünftig vermieden werden. Zudem sollen auch missbräuchliche Gestaltungen im Rahmen des Sonderausgabenabzugs durch Vorverlagerung von Beitragszahlungen in Jahre mit höheren Einkünften vorgebeugt werden. So sind z. B. Beitragsentlastungstarife, die für 40 Jahre im Voraus gezahlt werden können, nach aktuellem Recht in voller Höhe im Abflussjahr abzugsfähig.
PRAXISTIPP | Angesichts der Neuregelung kann es also ‒ wie eingangs erwähnt ‒ sinnvoll sein, eine entsprechende Vorauszahlung zu einem Beitragsentlastungstarif noch in 2019 zu leisten, sofern sich hier aufgrund einer besonders hohen Progression ein nennenswerter Steuervorteil ergibt. |
3. Und so rechnet sich das
Das folgende Zahlenbeispiel soll den Vorteil verdeutlichen:
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Herr Schulze ist ledig, selbstständig und privat krankenversichert. Der Gesamtbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung ‒ einschließlich Wahlleistungen ‒ beträgt 5.000 EUR. Davon entfallen auf die Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung 4.000 EUR. Da er im Jahre 2019 ein außerordentlich hohes Einkommen hat, kann er bis zum 2,5-fachen Jahresbetrag (5.000 EUR × 2,5 = 12.500 EUR) im Voraus für die kommenden Jahre an die Versicherungsgesellschaft einzahlen und davon 10.000 EUR absetzen (4.000 EUR × 2,5 = 10.000 EUR). Zudem leistet er eine Zahlung in einen Beitragsentlastungstarif von 4.000 EUR. | ||
Ohne Vorauszahlung | Mit Vorauszahlung | |
Absetzbar im Jahr 2019: | ||
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4.000 EUR |
4.000 EUR |
Vorauszahlung: 2,5-fache v. 4.000 EUR + 4.000 EUR |
‒ |
14.000 EUR |
18.000 EUR | ||
| 0 EUR | 0 EUR |
Absetzbar im Jahre 2020: | ||
| 4.000 EUR | 0 EUR |
| 0 EUR | 2.800 EUR |
Absetzbar im Jahre 2021: | ||
| 4.000 EUR | 0 EUR |
| 0 EUR | 2.800 EUR |
Absetzbar im Jahre 2022: | ||
| 4.000 EUR | |
| 2.000 EUR | |
| 0 EUR | 800 EUR |
Absetzbar insgesamt | 16.000 EUR | 26.400 EUR |
| 6.400 EUR | |
| 4.000 EUR |
Der Vorteil durch die Vorauszahlung der laufenden Beiträge liegt darin, dass der Höchstbetrag für Beiträge zu den „anderen Versicherungen“ von 1.900 bzw. 2.800 EUR bei geschickter Beitragszahlung für zwei Jahre (bzw. 2,5 Jahre) ungeschmälert zur Verfügung steht, während er bei laufender Beitragszahlung zur Kranken- und Pflegeversicherung in den meisten Fällen ungenutzt verpufft. Dadurch liegt ein endgültiger Steuervorteil vor, den es ohne Vorauszahlung nicht geben würde.
Der Vorteil der Vorauszahlung auf den Beitragsentastungstarif ist zugegebenermaßen „nur“ ein Progressions- oder Liquiditätsvorteil, denn spätestens im Renten- oder Pensionsalter würden sich die Beiträge sonst auswirken.
Ab 2020 dürfen maximal 4.000 EUR × 3 = 12.000 EUR im Jahre 2020 „steuerwirksam“ als Vorauszahlung geleistet werden.
PRAXISTIPP | Selbstverständlich muss die Krankenkasse mitspielen und die Vorauszahlungen auch „annehmen.“ Und die Krankenkasse sollte über eine gute Bonität verfügen, denn im Falle der Insolvenz könnten die Beiträge verloren sein. Eine höhere „Verzinsung“ für geleistete Einzahlungen werden Steuerpflichtige aber kaum woanders erzielen können. Ob der Abschluss eines Beitragsentlastungstarifs wirtschaftlich sinnvoll ist, muss individuell entschieden werden. Stiftung Warentest hat diese im Jahre 2017 untersucht. |
Beachten Sie | Bei Arbeitnehmern beteiligt sich der Arbeitgeber mit einem steuerfreien Zuschuss zur privaten Krankenversicherung. Der maximale Arbeitgeberzuschuss beträgt 2019 rund 352 EUR (KV) plus 69,20 EUR (PV) pro Monat. Sofern hohe Vorauszahlungen geleistet werden, sollte darauf geachtet werden, dass der Arbeitgeberzuschuss in den kommenden Jahren nicht verlorengeht, also auch für die Folgejahre noch Beiträge „übrig bleiben“.