· Nachricht · Vertragsarztrecht
Konkretisierung des Erfordernisses der „räumlichen Nähe“ zum Vertragsarztsitz nach § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV
| Dem Erfordernis der “räumlichen Nähe“ zum Vertragsarztsitz in § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV steht nicht entgegen, dass sich die Praxisräume für Laboruntersuchungen 9 km entfernt vom Vertragsarztsitz in P befinden und von dort aus innerhalb von 19 Minuten in verkehrsstarken Zeiten zu erreichen sind. Bei der Auslagerung von Praxisräumen sieht der Senat die zeitliche Erreichbarkeit am Vertragsarztsitz innerhalb von maximal 30 Minuten generell als geeignetes Kriterium zur Bestimmung der räumlichen Nähe an (BSG 6.4.22, B 6 KA 12/21 R). |
Eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) betreibt an Standorten in D und P medizinische Versorgungszentren (MVZ). Sie erbringt zytologische Laborleistungen für niedergelassene Gynäkologen. Im Juni 2017 zeigte sie der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an, dass sie ausgelagerte Praxisräume an einem neuen Standort in K für die Nutzung von Büro- und Laborflächen (ca 1000 qm) anmieten wolle, da vorhandene Praxiskapazitäten erschöpft seien. Die Beklagte teilte am 11.7.17 mit, dass die neuen Praxisräume zu weit entfernt vom MVZ in P gelegen seien (9 km bzw. 17 bis 19 Minuten Fahrtzeit) und dass daher dort keine Leistungen erbracht werden könnten.
Das BSG führt zum 30-Minuten-Kriterium weiter aus: Es stellt sicher, dass der Vertragsarzt zur Durchführung seiner Sprechstunden und auch bei Notfällen am Vertragsarztsitz persönlich zur Leistungserbringung in angemessener Zeit zur Verfügung steht. Es trägt unterschiedlichen Anforderungen an ländlich strukturierte Gebiete wie auch an dicht besiedelte Großstadtgebiete hinreichend Rechnung. An der zur überholten berufsrechtlichen Vorgängerregelung vertretenen Ansicht, dass “in den Augen des Publikums“ eine organisatorisch einheitliche Praxis auch bei Auslagerung einer Praxisstätte vorliegen muss, hält der Senat nicht fest. Engere Organisationsstrukturen sind durch Digitalisierungen möglich geworden. Der Senat kann offen lassen, ob möglicherweise bei reinen Laboruntersuchungen, die ohne Arzt-Patienten-Kontakt in ausgelagerten Praxisräumen durchgeführt werden, im Einzelfall auch längere Wegezeiten als 30 Minuten in Betracht kommen. Darauf kommt es hier nicht an, weil bereits die Grenze von 30 Minuten nicht erreicht wird.