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  • · Nachricht · Wahlleistungsvereinbarung

    Verlust des Honoraranspruchs wegen unzulässiger Behandlersubstitution

    | Vereinbart der Patient vor einem geplanten Heileingriff gegen zusätzliches Honorar die Behandlung durch den Chefarzt der Klinik, ist seine Einwilligungsaufklärung auf die Durchführung der Operation durch den Chefarzt persönlich beschränkt (vgl. BGH 11.5.10, VI ZR 252/08, Rn. 7). Wird die Operation in einem solchen Fall durch einen selbst vorher namentlich aufgelisteten Vertreter des Chefarztes durchgeführt, ist der Eingriff mangels Einwilligungaufklärung gleichwohl rechtswidrig, wenn nicht der Patient zuvor von der - tatsächlich bestehenden und der Behandlungsseite nachzuweisenden - unvorhergesehen Verhinderung des Chefarztes informiert worden ist. Ebenso verliert der Chefarzt den Honoraranspruch (OLG Braunschweig 25.9.13, 1 U 24/12 ). |

     

    Enge Grenzen für die Behandlersubstitution

    Liegt ein Krankenhausaufnahmevertrag mit Vereinbarung ärztlicher Wahlleistungen vor, so kommen zwei getrennte Behandlungsverträge zu Stande:

    • zum einen zwischen Patient und Krankenhaus,
    • zum anderen zwischen Patient und dem selbstliquidierungsberechtigten Arzt hinsichtlich der mit diesem vereinbarten Wahlleistung.

     

    In diesem Fall hatte auf der Wahlleistungsvereinbarung außerdem folgender Hinweis gestanden:

     

    • Ausschnitt aus der Wahlleistungsvereinbarung

    Die gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen werden vom leitenden Arzt der Fachabteilung oder der ärztlich geleiteten Einrichtung persönlich oder unter der Aufsicht des leitenden Arztes nach fachlicher Weisung von einem nachgeordneten Arzt der Abteilung des Instituts erbracht (§ 4 Abs. 2 GOÄ); im Verhinderungsfall übernimmt die Aufgaben des leitenden Arztes sein Stellvertreter. … Für den Fall der unvorhergesehenen Verhinderung des Wahlarztes der jeweiligen Fachabteilung bin ich mit der Übernahme seiner Aufgaben durch seine nachfolgend genannten ständigen ärztlichen Vertreter einverstanden:

     

    (Es folgte eine Tabelle mit allen Fachabteilungen, allen leitenden Ärzten und deren ständigen Vertretern. )

     

    Das OLG zieht jedoch enge Grenzen für die Behandlersubstitution: Ist die Frage der Stellvertretung - wie hier - in den AGB geregelt, ist zur wirksamen Vertreterregelung gemäß § 308 Nr. 4 BGB nur eine solche Klausel zulässig, in der der Eintritt eines Vertreters des Wahlarztes auf die Fälle beschränkt ist, in denen dessen Verhinderung im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung nicht bereits feststeht, etwa weil die Verhinderung (Krankheit, Urlaub etc.) selbst noch nicht absehbar oder weil noch nicht bekannt ist, dass ein bestimmter verhinderter Wahlarzt, auf den sich die Wahlleistungsvereinbarung erstreckt, zur Behandlung hinzugezogen werden muss. Überdies ist eine Stellvertretervereinbarung in AGB nach § 308 Nr. 4 BGB nur dann wirksam, wenn darin als Vertreter der ständige ärztliche Vertreter bestimmt ist. Außerdem muss auch der ständige ärztliche Vertreter in der Vereinbarung namentlich benannt sein (Anschluss an BGH 20.12.07, III ZR 144/07, Rz. 9 bis 11).

     

    Die Auffassung, dass eine vorab für den Verhinderungsfall erteilte Zustimmung des Patienten zu einem bestimmten Vertreter ausreicht, die vor der Operation erforderliche Mitteilung des Verhinderungsfalls entbehrlich zu machen, ist abzulehnen. Denn die Zustimmung des Patienten zum Vertreter betrifft nur das grundsätzlich entgegengebrachte Vertrauen zu der Person, wodurch vermieden wird, im Vertretungsfall dem Patienten noch eigens eine Alternative erstmals vorstellen zu müssen. Der Erklärungsgehalt der Zustimmung zu dieser Vertreterperson geht jedoch ohne ausdrückliche zusätzliche Erklärung nicht so weit, dass angenommen werden könnte, der Patient verzichte damit gleichzeitig auf sein Recht, über den Vertretungsfall im Einzelnen so rechtzeitig informiert zu werden, dass er sich noch überlegen kann, ob er den ihm bereits benannten Vertreter in Anspruch nimmt oder lieber zuwarten möchte, bis der Chefarzt bzw. Abteilungsleiter wieder zur Verfügung steht.

     

    Praxishinweise

    Bezahlt ein Patient in einer solchen Situation in dem Wissen, dass sich bei der durch den Vertreter des Chefarztes durchgeführten Operation eingriffsspezifische Risiken verwirklicht haben, so liegt in einer Bezahlung der Arztrechnung keine konkludente nachträgliche Billigung der Behandlersubstitution (entgegen OLG Köln 12.10.95, 5 U 234/94). Dem eine Chefarztrechnung bezahlenden Patienten fehlt regelmäßig das erforderliche Erklärungsbewusstsein, die Durchführung der Operation durch den Vertreter des Chefarztes nachträglich zu genehmigen.

     

    Sämtliche vorgenannten Grundsätze - so das OLG Braunschweig - gelten unabhängig davon, ob es um einen Honoraranspruch des Arztes oder um einen gegen den Arzt gerichteten behandlungsvertraglichen Haftungsanspruch des Patienten geht.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Für eine Kommentierung siehe: „Chefarzt muss in der Regel selbst behandeln oder er verliert Honorar“ (RA Philip Christmann auf www.christmann-law.de)
    Quelle: ID 42502907