· Nachricht · Wirtschaftlichkeitsprüfung
Vorbringen von Praxisbesonderheiten im letzten Moment
| Bietet der der Richtgrößenprüfung unterliegende Vertragsarzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdeausschuss weiteren Sachvortrag zum Vorliegen von Praxisbesonderheiten an, darf der Beschwerdeausschuss hierüber nicht unkommentiert hinweggehen und eine Sachentscheidung zulasten des Vertragsarztes treffen. Um rechtsfehlerfrei zu sein, muss der Beschluss des Beschwerdeausschusses zumindest Ermessenserwägungen erkennen lassen, aufgrund derer weiteres Vorbringen zum Sachverhalt nicht zugelassen und stattdessen in der Sache entschieden wurde (LSG Berlin-Brandenburg 17.6.20, L 7 KA 19/16). |
Im Laufe der Verhandlung war die Frage aufgekommen, warum der Arzt bis dahin seine Patienten nicht für die Prüfungsstelle dokumentiert habe. Dem lag zugrunde, dass sich der Arzt bis dahin passiv verhalten und insbesondere keine substantiierten patientenbezogenen Angaben zu Praxisbesonderheiten gemacht hatte. Der Arzt erwiderte hierauf laut Protokoll, „wenn dies gewünscht (sei), würde es nachgeholt“; zu diesem Zwecke bat er ausdrücklich um „Vertagung“.
In dieser Situation waren grundsätzlich zwei Möglichkeiten im Rahmen des nach §§ 20, 21 SGB X eingeräumten Verfahrensermessens rechtsfehlerfrei gangbar: Es hätte die mündliche Verhandlung vertagt werden können, um dem Arzt Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag zu geben. Es hätte aber auch erwogen werden können, dass sich der Arzt seit Beginn des Verwaltungsverfahrens im September 2007 weitgehend passiv verhalten und vor allem nichts zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen hatte. Auf dieser Grundlage hätte eine Sachentscheidung über den Widerspruch getroffen werden können, allerdings hätte begründet werden müssen, warum dem Arzt keine Möglichkeit mehr zu weiterem Sachvortrag einräumt wurde.