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  • · Nachricht · Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen

    Erweiterte Compliance-Leitlinie der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

    von StB Jürgen Derlath, Münster

    | Die 9. Vertreterversammlung der KZBV hatte im November 2014 eine Compliance-Leitlinie beschlossen. Diese Leitlinie wurde in einer erweiterten Fassung (Stand: 13.5.15) um konkrete Fallbeispiele ergänzt. Zusätzlich zur Leitlinie hat die KZBV eine Compliance-Kommission sowie einen Compliance-Beauftragten eingesetzt. Die Kommission soll aktuelle rechtliche Entwicklungen beobachten und gegebenenfalls an einer stetigen Fortentwicklung der Compliance-Leitlinie arbeiten.

    1. Aufbau der Leitlinie

    Die Hinweise in der Leitlinie beziehen sich auf die allgemeine Organisationsstruktur in der zahnärztlichen Praxis, insbesondere auf den Bezug von Waren oder Dienstleistungen von Dritten. Ergänzend werden die relevanten vertragszahnärztlichen Pflichten zusammengestellt und anhand typischer Fallgruppen konkretisiert.

     

     

    Besonders hervorgehoben ist das Verbot der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt oder gegen sonstige wirtschaftliche Vorteile (§ 73 Abs. 7 i.V.mit § 128 Abs. 2 S. 3 SGB V). Unzulässige Vorteile sind z.B.

     

    • die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen,

     

    • die Gestellung von Räumlichkeiten und Personal oder die Beteiligung anden Kosten hierfür sowie

     

    • Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragszahnärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen.
    • Unzulässige Gestaltung

    Ein Vertragszahnarzt vereinbart mit einem MKG-Chirurgen eine Geldprämie für die Überweisung von Patienten oder lässt sich die Nutzung des Ferienhauses des Chirurgen versprechen.

     

    2. Zulassungsrecht

    Unzulässig ist es auch Leistungen ohne die erforderlichen zulassungsrechtlichen Voraussetzungen zu erbringen und abzurechnen, z.B. wenn nicht persönlich, sondern durch Dritte erbrachte Leistungen abgerechnet werden, für die die zulassungsrechtlichen Voraussetzungen fehlen.

     

    • Unzulässige Gestaltungen
    • Ein angestellter Zahnarzt wird beschäftigt, noch bevor die Genehmigung da ist.

     

    • Um die Degressionsgrenzen nach § 85 Abs. 4b SGB V zu erhöhen und ggf. Vorteile hinsichtlich des Honorarverteilungsmaßstabes zu erzielen, wird ein tatsächlich nicht tätiger Angestellter scheinbeschäftigt.

     

    • Beschäftigung eines Nullgesellschafters der BAG, der in Wirklichkeit ein „verdeckter“ Angestellter ist, da er laut Gesellschaftervertrag kein wirtschaftliches Risiko trägt bzw. nicht am wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg der Praxis und nicht an deren Wert beteiligt, mithin nicht „in freier Praxis“ (§ 32 Abs. 1 ZV-Z) tätig ist. Da die zulassungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, können die Leistungen des Nullgesellschafters sachlich-rechnerisch berichtigt werden (BSG 23.6.10, B 6 KA 7/09 R; vgl. auch LSG Baden-Württemberg 13.12.14, L 4 R 1333/13).
     

    3.Leisungsabrechnung

    Der Vertragszahnarzt muss seine Leistungen gegenüber der KZV sorgfältig dokumentieren und abrechnen.

     

    • Unzulässige Gestaltungen

    Abgerechnet werden:

     

    • nicht oder nicht vollständig erbrachte Leistungspositionen,

     

    • nicht persönlich erbrachte Leistungen außerhalb zulässiger Vertretungen und Anstellungen (z.B. unzulässigerweise an nicht approbiertes Assistenzpersonal delegierte Leistungen (§ 1 ABs. 5 und 6 ZHG),

     

    • Fremdleistungen als eigene Leistungen.
     

    4. Bezug von Leistungen Dritter

    Werden für die Behandlung Waren oder Dienstleistungen von Dritten bezogen, können deren Kosten als Aufwendungsersatz gegenüber den Patienten oder Kassen geltend gemacht werden (z.B. Sprechstundenbedarf, zahntechnische Leistungen). Es dürfen aber nur die tatsächlich entstandenen Kosten angesetzt werden. Rückvergütungen (sog. „kick-backs“) sind grundsätzlich den Patienten/Kassen weiterzugeben. Übliche Skonti dürfen beim Vertragszahnarzt verbleiben.

     

    • Unzulässige Gestaltungen
    • Ein Vertragszahnarzt bezieht zu BEL-II-Preisen Zahnersatz von einem inländischen Dentallabor, das den Zahnersatz im Ausland fertigen lässt. Die „Rückerstattungen“ des Dentallabors leitet er nicht durch, sondern behandelt sie als eigene Erlöse.

     

    • Ein Zahnarzt erhält zwölf Implantate für den Preis von zehn. Bei der Abrechnung werden alle zwölf verwendeten Implantate jeweils mit dem regulären Einkaufspreis veranschlagt.

     

    • Als Gegenleistung für den Warenbezug erhält der Zahnarzt einen hohen Rabatt für die Anschaffung eines diagnostischen Geräts. Den Rabatt legt er nicht auf die Anschaffung der Waren um, sondern veranschlagt sie in der Abrechnung mit dem regulären Einkaufspreis.
     

    5. Beteiligungen an Unternehmen

    Zahnärzten dürfen sich frei an Unternehmen zu beteiligen. Sie müssen aber die besonderen Verpflichtungen aus § 73 Abs. 7 i.V. mit. § 128 Abs. 2 S. 3 SGB V beachten. Unzulässige Zuwendungen sind danach u.a. auch Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, deren Höhe durch das Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten maßgeblich beeinflusst werden kann.

    • Unzulässige Gestaltungen

    Vertragszahnärzte gründen eine „Laborgemeinschaft“. Die Gemeinschaft arbeitet für die Vertragszahnärzte und für Dritte. Der erwirtschaftete Einnahmenüberschuss wird je zur Hälfte nach dem Eigenmittelaufwand der beteiligten Zahnärzte und nach dem Verhältnis des jeweils durch die eigenen Aufträge veranlassten Umsatzes verteilt. Die wirtschaftlichen Vorteile hinsichtlich ihrer in dem Labor gefertigten zahntechnischen Leistungen kehren die Ärzte nicht aus (= unzulässige Rückvergütungen).

    Eine Zahnarztpraxis kooperiert mit einer Dentalhandelsgesellschaft. Die Praxis verpflichtet sich, alle bei der Behandlung ihrer Patienten anfallenden zahntechnischen Leistungen durch entsprechende Einzelaufträge bei der Dentalhandelsgesellschaft in Auftrag zu geben (BGH 23.2.12, I ZR 231/10).

     

    6. Erbringung zahntechnischer Leistungen durch Zahnärzte

    Die vertragszahnärztliche Versorgung umfasst ggf. auch die Erbringung zahntechnischer Leistungen durch den Vertragszahnarzt selbst. Dieser ist berechtigt, ein eigenes zahntechnisches Praxislabor (Eigenlabor bzw. Zahnarztlabor) zu betreiben oder sich an einem gemeinschaftlichen Praxislabor mehrerer Zahnärzte zu beteiligen. Gemäß den Einleitenden Bestimmungen des BEL-II dürfen Fremdleistungen nicht als Eigenleistungen ausgewiesen werden.

     

    • Unzulässige Gestaltungen

    Ein Zahnarzt bezieht von einem ausländischen Dentallabor teilfertigen Zahnersatz zu besonders günstigen Preisen, stellt diesen in seinem Praxislabor fertig und rechnet den fertigen Zahnersatz zu BEL-II-Preisen ab, ohne dabei die Fremdlaborkosten gesondert als solche auszuweisen.

     

    7. Fachliche Fortbildung

    Neben der bereits berufsrechtlich bestehenden Verpflichtung zur ständigen Fortbildung ist der Vertragszahnarzt auch nach § 95d SGB V verpflichtet, sich regelmäßig fortzubilden. Hierüber ist alle fünf Jahre gegenüber der KZV ein Nachweis zu erbringen. Die Fortbildungsinhalte müssen dabei frei von wirtschaftlichen Interessen sein (§ 95d Abs. 1 S. 3 SGB V).

     

    • Unzulässige Gestaltung

    Der Zahnarzt gibt mittels fingierter Nachweise vor, an einer Fortbildungsveranstaltung teilgenommen zu haben, um Honorarkürzungen nach § 95d Abs. 3 SGB V zu vermeiden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beschlüsse der 10. Vertreterversammlung der KZBV (Erweiterung der Compliance-Leitlinie der KZBV, Stand Mai 2015)
    • Beschlüsse der 9. Vertreterversammlung der KZBV (Compliance-Leitlinie, Stand November 2014)
    • Kooperationen bei Zahnärzten (Stockhausen, PFB 15, 171)
    Quelle: ID 43540967

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