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  • · Fachbeitrag · Musterfall

    Lohnt es sich, Krankenversicherungsbeiträge vorauszuzahlen?

    von Dipl.-Kfm. Dirk Klinkenberg, Rösrath, www.instrumenta.de 

    | Steuerlich kann es vorteilhaft sein, die Beiträge zur Kranken- und zur Pflegeversicherung für mehrere Jahre im Voraus zu zahlen, wenn in den anderen Jahren genügend übrige Versicherungsbeiträge anfallen. Der Beitrag zeigt, wie dabei konkret vorzugehen ist. |

    1. Steuerliche Ausgangslage

    Wie viele andere Vorsorgeaufwendungen auch können Krankenversicherungsbeiträge (egal ob gesetzlich oder privat) steuerlich geltend gemacht werden. Sie fallen unter den sonstigen Vorsorgeaufwand; dessen Abzug wird allerdings betragsmäßig begrenzt. Je nach sozialversicherungsrechtlicher Stellung schwankt dieser Höchstbetrag zwischen 1.900 EUR und 2.800 EUR pro Person und Jahr. Eheleute können also maximal 5.600 EUR pro Jahr steuerlich geltend machen.

     

    Die meisten Steuerpflichtigen überschreiten diese Grenze allein durch die Krankenversicherungsbeiträge, mit der Folge, dass andere sonstige Vorsorgeaufwendungen faktisch steuerlich nicht berücksichtigt werden. Die Krankenversicherungsbeiträge sind allerdings immer in voller Höhe zum Abzug zugelassen, selbst wenn sie den Höchstbetrag von 5.600 EUR überschreiten.

     

    • Beispiel

    Der verheiratete Steuerpflichtige zahlt jährlich für beide Eheleute 9.600 EUR an die Krankenversicherung (= Grundversorgung). Darüber hinaus fallen 6.000 EUR für zwei Kapital-Lebensversicherungen an. Obwohl der Höchstbetrag von 5.600 EUR überschritten wird, sind die 9.600 EUR in voller Höhe abziehbar. Die 6.000 EUR können aber nicht berücksichtigt werden.

     

    Wenn Krankenversicherungsbeiträge vorausgezahlt werden (steuerlich werden maximal 2,5 Jahresbeiträge anerkannt), hat das folgende Auswirkungen:

     

    • Im Jahr der Zahlung können die kompletten Vorauszahlungen steuerlich geltend gemacht werden.

     

    • Im Folgejahr müssen keine Krankenversicherungsbeiträge mehr gezahlt werden, und die anderen Vorsorgeaufwendungen wie z.B. Beiträge zu Kapital-Lebensversicherungen werden steuerlich wirksam.

     

    Um den Steuereffekt zu beurteilen, muss dieser natürlich anhand der konkreten steuerlichen Verhältnisse berechnet werden. Er ist aber in fast 100 % der Fälle größer als der negative Zinseffekt, der sich durch den früheren Liquiditätsabfluss ergibt.

     

    Allerdings sind gewisse Rahmenbedingungen zu beachten:

     

    • Steuerpflichtige müssen genügend freie Liquidität haben, um Krankenversicherungsbeiträge vorauszahlen zu können.

     

    • Die Krankenversicherung muss diese Vorauszahlungen auch akzeptieren. Bei einer Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse ist dies in der Regel nicht möglich.

     

    • Die Krankenversicherungsgesellschaft darf nicht insolvenzgefährdet sein.

     

    • Eheleute müssen die Beiträge im selben Jahr vorauszahlen.

     

    • Es sollten ausreichend andere sonstige Vorsorgeaufwendungen vorhanden sein, damit der Steuereffekt überhaupt entstehen kann. Dazu gehören z.B. Beiträge zu Kapital-Lebensversicherungen, Haftpflicht- und Unfallversicherungen.

     

    • Ausgangsdaten

    Das zu betrachtende Freiberufler-Ehepaar ist 1970 geboren. Der geplante Renteneintritt fällt in das Jahr 2035. Der geplante Renteneintritt bestimmt in der Berechnung den Zeitpunkt der Veränderung der steuerpflichtigen Einkünfte. Annahmegemäß sind die Eheleute nicht kirchensteuerpflichtig und tragen alle Vorsorgeaufwendungen selbst.

     

    Beginn der Berechnung

    2014

    geplanter Renteneintritt

    Ende 2035

    (= Auszahlung der KLV-Ablaufleistung)

    Private Krankenversicherungsbeiträge p.a.

    9.600 EUR

    Davon steuerlich abziehbar (80 %; Basis-KV-Schutz)

    8.000 EUR

    Steigerung der Beiträge p.a.

    2,0 %

    Anderer Vorsorgeaufwand (KLV-Beiträge) p.a.

    6.000 EUR

    Höhe des Grundeinkommens bis Renteneintritt

    (= Basis der Steuerberechnung)

    150.000 EUR

     

     

    Da auch ein halber Jahresbeitrag den Höchstbetrag von 5.600 EUR zumindest im Bereich der privaten Krankenversicherung weitgehend ausschöpft, wollen die Eheleute 2014 die Beiträge für 2014 und 2015 bezahlen, 2016 die Beiträge für 2016 und 2017 usw.

     

    2. Vergleichsberechnungen

    Um die Vorteilhaftigkeit der Vorauszahlungen beurteilen zu können, muss deren Auswirkung auf die Steuerbelastung untersucht werden.

     

    • Tabelle 1: Auswirkung des Vorsorgeaufwands auf die ESt

    Steuereffekt aus Zahlungsweise

    2014
    2015
    2016
    2017
    2018

    KV-Beiträge alle zwei Jahre

    7.162

    2.340

    7.451

    2.340

    7.752

    KV-Beiträge jedes Jahr

    3.545

    3.617

    3.691

    3.762

    3.838

    Differenz

    3.617

    -1.277

    3.760

    -1.422

    3.914

     

    Steuereffekt aus Zahlungsweise

    2019
    2020
    2021
    2022
    2023

    KV-Beiträge alle zwei Jahre

    2.340

    8.065

    2.340

    8.392

    2.340

    KV-Beiträge jedes Jahr

    3.916

    3.995

    4.073

    4.155

    4.239

    Differenz

    -1.576

    4.070

    -1.733

    4.237

    -1.899

     

     

    Der Steuerentlastungseffekt aus den Vorsorgeaufwendungen in den Jahren mit Vorauszahlung (2014, 2016 etc.) fällt höher und im Folgejahr niedriger aus, als wenn die KV-Beiträge jährlich bezahlt würden. Immer zwei Jahre zusammengefasst verbleibt aber ein Vorteil beim Steuerpflichtigen.

     

    Abbildung 1 gibt diese Effekte grafisch wieder. Man sieht, dass in den Jahren mit doppelter Beitragszahlung eine höhere Entlastung entsteht. In den Jahren ohne Beitragszahlung ergibt sich eine niedrigere Steuerentlastung, weil viel weniger Beiträge steuerlich geltend gemacht werden können.

     

    Um den Vorauszahlungseffekt in der Liquidität abzubilden, wird die Liquidität mit und ohne Vorauszahlungen verglichen.

     

     

     

    • Tabelle 2: Liquidität 2014 und 2015 ohne Vorauszahlung

    Liquidität p.a.
    2014
    2015
    Differenz in EUR
    Differenz in %
    Summe beider Jahre

    KV-Beiträge

    9.600

    9.792

    192

    2,00 %

    19.392

    KLV-Beiträge

    6.000

    6.000

    0

    0,00 %

    12.000

    Differenz

    15.600

    15.792

    192

    1,23 %

    31.392

     

     

    Steuern p.a.
    2014
    2015
    Differenz in EUR
    Differenz in %
    Summe beider Jahre

    Grundeinkommen

    150.000

    150.000

    0

    300.000

    Abzugsfähige Versicherungs-beiträge

    -8.000

    -8.160

    -160

    2,00 %

    -16.160

    Zu versteuerndes Einkommen

    142.000

    141.840

    -160

    -0,11 %

    283.840

    Folge: Steuerentlastung durch Versicherungs-beiträge

    3.545

    3.617

    72

    2,03 %

    7.162

    Liquidität nach Steuern

    -12.055

    -12.296

    -241

    2,00 %

    -24.351

    Info: Anteil der abzugsfähigen Beiträge am Gesamtbeitrag

    51,3 %

    51,7 %

    51,5 %

    Info: Steuerwirkung der Beiträge

    22,7 %

    22,9 %

    22,8 %

     

    Im Fall ohne Vorauszahlungen kann man erkennen, dass von den insgesamt zu zahlenden Beiträgen nur ein Anteil von 51,5 % in die Steuerberechnung einfließt. Dies sind grundsätzlich die Krankenversicherungsbeiträge. Trotzdem weichen die gezahlten Beiträge in fast allen Fällen von den abzugsfähigen Beiträgen ab. Ursache ist eine gesetzliche Vorgabe, dass vom gezahlten Beitrag nur der Anteil steuerlich berücksichtigt werden darf, der dem Basis-Krankenversicherungsschutz entspricht.

     

    • Bei Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung ist dieser Anteil auf 96 % der gezahlten Beiträge begrenzt.

     

    • Bei Beiträgen zur privaten Krankenversicherung wird dieser Anteil von der privaten Kasse bescheinigt. In der Regel beträgt der Anteil um die 80 %.

     

    Die gesamte Steuerwirkung der Beiträge ist in beiden Jahren relativ konstant. Durch steigende Beiträge kann sich der Prozentsatz leicht verschieben.

     

    • Tabelle 3: Liquidität 2014 & 2015 mit Vorauszahlungen

    Liquidität p.a.
    2014
    2015
    Differenz in EUR
    Differenz in %
    Summe beider Jahre

    KV-Beiträge

    19.392

    0

    -19.392

    -100 %

    19.392

    KLV-Beiträge

    6.000

    6.000

    0

    0 %

    12.000

    Differenz

    25.392

    6.000

    -19.392

    -76,37 %

    31.392

     

     

    Steuern p.a.
    2014
    2015
    Differenz in EUR
    Differenz in %
    Summe beider Jahre

    Grundeinkommen

    150.000

    150.000

    0

    0,00 %

    300.000

    Abzugsfähige Versicherungsbeiträge

    -16.160

    -5.280

    10.880

    -67,33 %

    -21.440

    Zu versteuerndes Einkommen

    133.840

    144.720

    10.880

    8,13 %

    278.560

    Folge: Steuerentlastung durch Versicherungsbeiträge

    7.162

    2.340

    -4.822

    -67,33 %

    9.502

    Liquidität nach Steuern

    -18.230

    -3.842

    14.388

    -78,92 %

    -22.072

    Info: Anteil der abzugsfähigen Beiträge am Gesamtbeitrag

    63,6 %

    88,0 %

    68,3 %

    Info: Steuerwirkung der Beiträge

    28,2 %

    39,0 %

    30,3 %

     

    Im Fall mit Vorauszahlungen sieht man, dass die Höhe der Steuerentlastung und auch die benötigte Liquidität stark schwankt. Eine positive Wirkung stellt sich ein, wenn über beide Jahre gemeinsam insgesamt weniger Liquidität benötigt wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Wenn die zusätzlich benötigte Liquidität im Erstjahr kleiner ist als der Liquiditätsmehraufwand im zweiten Jahr, rechnet sich das Modell.

     

    Der Vergleich der Jahre 2014 und 2015 zeigt: Während die Steuerentlastung ohne Vorauszahlung in beiden Jahren zusammen 7.162 EUR beträgt, beläuft sie sich mit Vorauszahlung auf 9.502 EUR. Der Unterschied i.H. von 2.340 EUR auf die 24 Monate verteilt entspricht damit einer Entlastung von rund 100 EUR im Monat!

     

    • Tabelle 4: Kumulierte Liquidität

    In der kumulierten Darstellung wird das Potenzial der Vorauszahlungen deutlich.

     

    Kumulierte Ausgaben
    2014
    2015
    2017
    2035
    2053

    KV-Beiträge alle zwei Jahre

    18.230

    22.072

    45.088

    301.624

    360.788

    KV-Beiträge jedes Jahr

    12.055

    24.351

    49.687

    329.201

    393.774

    Differenz

    -6.175

    2.279

    4.599

    27.577

    32.986

     

    Um einen fairen Vergleich in der kumulierten Darstellung zu berechnen, wurden die Zahlungen kumuliert und mit 1 % verzinst. Im Zwei-Jahres-Zeitraum 2014 und 2015 reduziert sich der Vorteil dann auf 2.279 EUR (das sind 2.340 EUR Steuerersparnis ./. 61 EUR Zinsnachteil durch die Vorauszahlung).

     

     

     

    Abschließend noch ein Hinweis. Beitragserstattungen der Krankenkasse werden mit den Beiträgen des Jahres verrechnet, für das sie erstattet werden. Dadurch kann es zu Steuernachzahlungen kommen.

     

    • Beispiel

    Annahmegemäß werden in unserem Beispiel in den Jahren 2015, 2017, 2019 usw. keine Krankenkassenbeiträge bezahlt. Sollten für diese Jahre Beitragserstattungen ein Jahr später geleistet werden, so wären sie mit den Beitragszahlungen des Vorjahrs zu verrechnen, was zu Steuernachzahlungen führt.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Der Autor ist Geschäftsführer der Instrumenta GmbH - Beratungswerkzeuge für Steuerberater, www.instrumenta.de und seit vielen Jahren als Referent und Autor zum Thema Private Finanzplanung tätig.
    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 193 | ID 42675443