· Fachbeitrag · Vertragsgestaltung
Ärztliche Gesellschaftsverträge im Lichte des MoPeG
von RA Vera Keisers, Münster, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
| Das am 1.1.24 in Kraft getretene Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) hat in vielerlei Hinsicht Auswirkung auf das Recht der Personengesellschaften. Es wirkt sich auch auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits bestehende Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften insbesondere in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aus. Diese Auswirkungen sollen im Folgenden zunächst beleuchtet werden. Hiernach erfolgt eine nähere Betrachtung, was es bei der Gestaltung künftiger Gesellschaftsverträge zu beachten gilt. |
1. Auswirkungen auf Bestandsverträge
Sei es im Streit über eine Beschlussfassung anlässlich des altersbedingten Ausscheidenswunsches eines Gesellschafters, des Todes oder der Berufsunfähigkeit eines Gesellschafters oder wegen des geplanten Beitritts eines zusätzlichen Gesellschafters ‒ es gibt zahlreiche Konstellationen, in denen man als Berater einen teilweise bereits viele Jahre oder gar Jahrzehnte alten Gesellschaftsvertrag vorgelegt bekommt mit der Frage: „Was bedeutet das denn jetzt für unsere Situation eigentlich?“ Nicht selten geraten Steuerberater und Juristen bei der Lektüre selbst ins Rätselraten, weil Vertragsklauseln mehrdeutig, in sich widersprüchlich, unvollständig oder unverständlich sind oder weil Regelungen zur betreffenden Fragestellung schlicht fehlen. Neben dem Instrument der Vertragsauslegung wird dann häufig auf die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze sowie auf die geltende Gesetzeslage zurückgegriffen. Nun hat sich letztere aber kürzlich in mancherlei Hinsicht drastisch geändert, sodass sich vermehrt die Frage stellen wird, wie hiermit umzugehen ist. An welchen Stellen ist auf die Gesetzeslage zurückzugreifen? Und auf welche: die alte oder die neue? Dabei ist auf den Unterschied dispositives versus zwingendes Recht zu achten.
1.1 Dispositive Geltung des Rechts ‒ Vorrang des Parteienwillens
In zahlreichen Fällen wird man gar nicht so weit kommen, dass man sich mit der geänderten Gesetzeslage zu befassen hat. Denn die Auslegung des Vertrags anhand des Willens der Parteien ist grundsätzlich vorrangig vor dem Rückgriff auf die Gesetzeslage. Zumindest gilt dies, solange es sich um solche Regelungsbereiche handelt, in denen die aktuelle gesetzliche Regelung dispositiv ist, d. h. die Parteien eigene Regelungen abweichend von der Gesetzeslage treffen dürfen. Dann wird anhand der Vertragsregelungen sowie möglicherweise auch der begleitenden Überlegungen rund um den Vertragsschluss (ggf. anhand der Korrespondenz zur Vertragsgestaltung) versucht zu ermitteln, was die Parteien hier regeln wollten. Solange aufgrund der Regelungen des Vertrags erkennbar ist, was die Parteien im Hinblick auf dispositives Recht konkret vereinbaren wollten, gilt immer diese Regelung ‒ völlig ungeachtet der gesetzlichen Regelungen und damit auch unbeschadet von Gesetzesänderungen. Kurz gesagt: Solange die Parteien sich wirksam innerhalb des dispositiven Rechts auf eine rechtmäßige Handhabung geeinigt haben, ist kein Raum für die Anwendung des Gesetzes. In diesen Bereichen sind Gesetzesänderungen damit schlicht unerheblich.
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