11.01.2011 | Außergewöhnliche Belastungen
Bedürftigkeitsnachweis bei Unterhaltszahlungen ins Ausland
von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
Die Bedürftigkeit bei Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Verwandte oder Ehegatten bedarf einer konkreten Betrachtung des Einzelfalls; gegebenenfalls scheidet die steuerliche Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung aus. Diese Auffassung hat der BFH erneut bekräftigt. Die aktuelle Entscheidung hat Bedeutung für eine Vielzahl von in Deutschland lebenden Ausländern, die Unterhaltszahlungen an Angehörige im Ausland leisten und diese im Inland steuerlich geltend machen wollen (BFH 30.6.10, VI R 35/09, Abruf-Nr. 103714). |
Sachverhalt
Die Kläger zahlten in 2005 7.350 EUR an die in der Türkei lebenden Eltern. Nach einer von den türkischen Behörden ausgestellten Unterhaltsbescheinigung waren die Eltern nicht berufstätig, hatten keine eigenen Einkünfte oder Vermögen. Andere Personen trugen zu ihrem Unterhalt nicht bei. In der Einkommensteuererklärung machten die Kläger die Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG geltend. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren berichtigten die Kläger ihre Angaben dahingehend, dass der im Ausland lebende Vater eine monatliche Rente von 220 EUR bezog, ferner Eigentümer von zwei Häusern mit jeweils einer Wohnfläche von rund 45 qm sei. In einem Haus wohnten die Eltern selbst, das andere werde in unmittelbarer Nachbarschaft unentgeltlich vom Bruder der Kläger und dessen Familie genutzt. Das FG Köln gab der Klage teilweise statt (FG Köln, 20.5.08, 6 K 1156/07, EFG 09, 1565), auf die Revision hat der BFH das Urteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
Anmerkungen
Unterhaltszahlungen des Steuerpflichtigen an eine unterhaltsberechtigte Person können im Rahmen der Einkommensteuererklärung bis zu 7.680 EUR pro Kalenderjahr als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 S. 1 EStG). Bei Unterhaltszahlungen an Empfänger im Ausland gilt zusätzlich, dass nach inländischen Maßstäben zu beurteilen ist, ob der Steuerpflichtige zum Unterhalt gesetzlich verpflichtet ist (§ 33a Abs. 1 S. 5 2. HS EStG). Hierbei ist Folgendes zu beachten:
- Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen ist die „Bedürftigkeit“ des Unterhaltsempfängers (§ 1602 BGB), die z.B. vorliegt, wenn die unterhaltene Person weder Vermögen hat noch Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielt. Das Steuerrecht knüpft hierbei an die zivilrechtlichen Voraussetzungen des Unterhaltsanspruchs gemäß §§ 1601 ff. BGB an (Anspruchsgrundlage, Bedürftigkeit, Leistungsfähigkeit).
- Bei der Bedürftigkeitsprüfung hat der BFH vor kurzem seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Verwandte oder Ehegatten modifiziert (BFH 5.5.10, VI R 29/09, DStR 10, 1831). Hiernach ist die Bedürftigkeit der unterhaltenen Person jeweils konkret zu bestimmen und kann nicht ohne Weiteres unterstellt werden. Bei der erforderlichen „konkreten Betrachtungsweise“ ist auch zu berücksichtigen, dass für volljährige Kinder eine generelle Erwerbsobliegenheit besteht. Mögliche Einkünfte aus einer zumutbaren Erwerbstätigkeit, die aber unterlassen wird, können deshalb der Bedürftigkeit entgegen stehen.
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