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  • Beschränkte Steuerpflicht

    Möglichkeiten der Veranlagung von beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern

    von Diplom-Finanzwirt Christian Hensel, Berlin

    Die steuerlichen Rahmenbedingungen für beschränkt Steuerpflichtige, insbesondere von Arbeitnehmern, haben sich in den letzten Jahren stetig gewandelt. Im Wesentlichen verantwortlich für diese Entwicklung ist der Europäische Gerichtshof, der den Namen „Schumacker“ zum Synonym der Reform der bundesdeutschen beschränkten Steuerpflicht werden ließ. Im Folgenden werden die abgestuften Möglichkeiten der Veranlagung von ausländischen Arbeitnehmern, die bei einem deutschen Arbeitgeber beschäftigt waren, aufgezeigt.

    1. Steuerrechtliche Rahmenbedingungen

    Ein beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer hat im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt; er erzielt lediglich Einkünfte im Inland. Die Einkünfteerzielung kann dadurch erfolgen, dass er im Inland tätig wird oder seine Tätigkeit im Inland verwertet wird. Der inländische Arbeitgeber ist verpflichtet, die Lohnsteuer nach der Grundtabelle einzubehalten. Ein Splitting-Tarif kommt für beschränkt Steuerpflichtige nicht in Betracht, auch wenn sie verheiratet sind. Liegt weder Tätigkeit noch Verwertung im Inland vor, ist auch keine Lohnsteuer einzubehalten.

    Da mangels Wohnsitz keine Lohnsteuerkarte ausgestellt werden kann, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Bescheinigung über die für den Lohnsteuerabzug maßgebenden persönlichen Besteuerungsmerkmale vorzulegen (§ 39d EStG). Die Bescheinigung ist beim Betriebstättenfinanzamt des Arbeitgebers zu beantragen und trägt die Bezeichnung „Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer“. Die Bescheinigung kann nur bis zum Ablauf des Kalenderjahres gestellt werden, für das sie gelten soll. Wird die Bescheinigung nicht vorgelegt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, statt nach Steuerklasse I nach Steuerklasse VI abzurechnen. Zu beachten ist ferner, dass grundsätzlich bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern keine Veranlagung stattfindet, sondern die Steuer mit dem Lohnsteuerabzug abgegolten ist (§ 50 Abs. 5 EStG).

    2. Arbeitnehmer erfüllt die 90-Prozent-Grenze

    Als direktes Ergebnis der Rechtsprechung des EuGH können Arbeitnehmer, die mindestens 90 Prozent ihrer Einkünfte im Inland erzielen, auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden (§ 1 Abs. 3 EStG). Im Ergebnis findet eine Veranlagung unter den gleichen Bedingungen wie für Steuerinländer statt, jedoch bleibt es bei einer Einzelveranlagung.

    Der Antrag ist nicht formgebunden und wird durch Abgabe der Steuererklärung auf dem normalen Steuererklärungsvordruck für unbeschränkt Steuerpflichtige gestellt. Das Erreichen der 90-Prozent-Grenze (ersatzweise unter 12.000 DM ausländisches Einkommen) ist durch eine Bestätigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde beizubringen. Der hierfür erforderliche Vordruck heißt „Bescheinigung außerhalb EU/EWR“ bzw. „Bescheinigung EU/EWR“ je nach Herkunft des Arbeitnehmers. Beide Vordrucke sind teilweise zweisprachig aufgelegt worden, so dass zur Vermeidung von Übersetzungskosten gleich die passende Sprachfassung abgefordert werden sollte. Folgende Fassungen stehen zur Verfügung:

    • Bescheinigung EU/EWR: deutsch, dänisch, englisch, finnisch, französisch, griechisch, italienisch, niederländisch, norwegisch, portugiesisch, schwedisch, spanisch.
    • Bescheinigung außerhalb EU/EWR: deutsch, englisch, französisch, polnisch, russisch, serbisch, spanisch, tschechisch, ungarisch.

    Für Staatsangehörige der EU- bzw. EWR-Bürger, die die o.g. Grenzen überschreiten, besteht darüber hinaus die Möglichkeit, eine Zusammenveranlagung zu beantragen (§ 1a EStG). Die 90-Prozent-Grenze bezieht sich dann auf die Einkünfte beider Ehegatten, der feste Betrag verdoppelt sich auf 24.000 DM. Auch die Einkünfte des Ehepartners sind durch eine Bescheinigung der ausländischen Steuerverwaltung nachzuweisen. Die ausländischen Einkünfte unterliegen dabei dem Progressionsvorbehalt, sofern ihre Summe positiv ist (§ 32b Abs.1 Nr. 3 EStG). Durch die steuersatzerhöhende Wirkung des Progressionsvorbehalts kann es zu einer Nachzahlung kommen. In diesen Fällen kann der Antrag auf Veranlagung zurückgenommen werden.

    3. Sonderregelung für Arbeitnehmer aus EU-/EWR-Staaten

    Eine weitere Veranlagungsmöglichkeit im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht ergibt sich für EU-/EWR-Bürger, die als Arbeitnehmer im Inland tätig werden und die 90-Prozent-Grenze nicht erfüllen (§ 50 Abs. 5 Nr. 2 EStG). Benötigt wird eine „Einkommensteuererklärung für beschränkt Steuerpflichtige“. Hier ergeben sich jedoch erhebliche Einschränkungen bei der Berücksichtigung von steuermindernden Tatbeständen. Nicht anwendbar sind aus dem EStG u.a. Teile des § 34, die Vorschriften der §§ 9a, 10, 10c, 16 Abs. 4, 20 Abs. 4, 24 a, 32, 32a Abs. 6, 33, 33a, 33b und 33 c.

    4. Besonderheiten bei Doppelbesteuerungsabkommen

    Nach den von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen verzichtet Deutschland nur dann auf das Besteuerungsrecht für Arbeitslöhne, soweit die folgenden Voraussetzungen kumulativ vorliegen (sog. 183-Tage-Regelung):

    • der Arbeitnehmer hält sich in Deutschland insgesamt nicht länger als 183 Tage während des Kalenderjahres auf, und
    • die Vergütungen werden von einem oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der nicht in Deutschland ansässig ist, und
    • die Vergütungen werden nicht von einer Betriebsstätte oder festen Einrichtung getragen, die der (ausländische) Arbeitgeber in Deutschland hat.

    Da die zweite Voraussetzung regelmäßig durch den deutschen Arbeitgeber nicht erfüllt ist, stehen die Doppelbesteuerungsabkommen dem deutschen Besteuerungsrecht nicht entgegen.

    5. Erstattung zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuern

    Sofern sich unter Beachtung der vorgenannten Ausführungen zum DBA kein Besteuerungsrecht für Deutschland ergibt, der Arbeitgeber jedoch Lohnsteuern einbehalten und abgeführt hat, ergibt sich ein Erstattungsanspruch nach § 37 AO, der beim Betriebstättenfinanzamt (das Finanzamt, an das die Lohnsteuer abgeführt wurde – § 41a Abs. 1 EStG) formlos beantragt werden kann.

    6. Zeitweise unbeschränkte Steuerpflicht

    Ab 1996 ist bei einem Wechsel von der unbeschränkten zur beschränkten Steuerpflicht und umgekehrt (durch Zuzug aus dem Ausland bzw. Wegzug in das Ausland während eines Kalenderjahres) nach § 2 Abs. 7 EStG für den gesamten Veranlagungszeitraum nur noch eine Veranlagung nach den Regelungen der unbeschränkten Steuerpflicht durchzuführen. Dabei sind die Einkünfte aus dem Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht in die Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht einzubeziehen. Zu beachten ist, dass ausländische Einkünfte dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs.1 Nr. 2 EStG unterworfen werden. Da gegen diese Einbeziehung diverse FG-Verfahren (z.B. FG Düsseldorf Az. 3 K 2303/98 E) anhängig sind, muss geraten werden, Einspruch einzulegen und das Verfahren ggf. bis zur Entscheidung des BFH ruhen zu lassen (Az. des BFH: I R 80/98; VI R 123/92).

    Quelle: Praxis Internationale Steuerberatung - Ausgabe 02/2000, Seite 50

    Quelle: Ausgabe 02 / 2000 | Seite 50 | ID 105050