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  • 01.08.2007 | Bundesfinanzhof

    Ausländische Betriebstättenverluste im Fokus

    von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
    Die Vereinbarkeit der Verlustbeschränkungen des § 2a EStG mit EU-Gemeinschaftsrecht bleibt im Fokus der Rechtsprechung. Der BFH (29.11.06, I R 45/05, Abruf-Nr. 071170) stellt in einer Vorlage an den EuGH nun die Frage der gemeinschaftskonformen Auslegung der bis 1998 in § 2a Abs. 3 EStG 90 (vormals § 2 AIG) vorgesehenen Berücksichtigung ausländischer Betriebstättenverluste mit späterer Nachversteuerungspflicht.

     

    Sachverhalt

    Eine GmbH mit Sitz in Deutschland unterhielt von 1982 bis 1994 in Österreich eine Betriebstätte, in der sie bis einschließlich 1990 Verluste erzielte. Von 1991 bis 1994 erzielte sie dort Gewinne. Die Verluste wurden antragsgemäß mit den jeweiligen positiven inländischen Einkünften verrechnet. Mit dem österreichischen Abgabenänderungsgesetz 89 wurde in Österreich für beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften ein Verlustvortrag eingeführt. Das österreichische Steuerrecht ließ einen Verlustabzug nur zu, wenn eine Verlustberücksichtigung im Staat des Stammhauses nicht möglich war. Für die Jahre 1990 bis 1992 wurde ein Verlustabzug auf Basis der Einzelfallumstände versagt. Das (deutsche) FA rechnete die positiven österreichischen Betriebstätteneinkünfte den inländischen Einkünften zu und versteuerte dadurch die insoweit zuvor bei der inländischen Veranlagung berücksichtigten Verluste aus der österreichischen Betriebstätte nach § 2a Abs. 3 S. 3 EStG 90, § 8 Abs. 1 KStG (vormals § 2 Abs. 1 S. 3 AIG). Der hiergegen gerichteten Klage gab das FG statt. Im Revisionsverfahren legte der BFH die Streitsache dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.  

     

    Anmerkungen

    Der EuGH (29.3.07, PIStB 07, 169) hat zuletzt zu § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 3a EStG entschieden, dass das dort geregelte grenzüberschreitende Verlustverrechnungsverbot innerhalb der EU mit der Niederlassungsfreiheit nicht in Einklang steht. Im jetzigen Vorlagefall war der wesentliche Streitpunkt, ob der im Jahr 1994 – also vor dem Beitritt Österreichs zur EU per 1.1.95 – entstandene österreichische Betriebstättengewinn einer unbeschränkt steuerpflichtigen deutschen GmbH in Deutschland nachversteuert werden muss, weil in den Vorjahren Verluste aus der österreichischen Betriebstätte nach § 2a Abs. 3 EStG (§ 2 Abs. 1 AIG) in Deutschland geltend gemacht worden sind. 

     

    Nach Ansicht des BFH bezieht sich der Begriff der Betriebstätteneinkünfte auch im Anwendungsbereich des DBA-Österreich (4.10.54, BGBl II 55, 749) auf einen Nettobetrag. Die abkommensrechtlich vereinbarte Freistellung bezieht sich nicht nur auf positive, sondern auch auf negative Einkünfte. Der Abzug negativer ausländischer Betriebstätteneinkünfte bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte führt aber in späteren Veranlagungszeiträumen unter den Voraussetzungen des § 2a Abs. 3 S. 3 EStG zu einer Nachversteuerung. Dies setzt voraus, dass in Österreich für die Betriebstättenverluste ein Verlustvortrag – bezogen auf spätere Betriebstättengewinne – zulässig ist. Der Nachversteuerungstatbestand entfällt nur bei Nachweis des Steuerpflichtigen, dass nach den für ihn geltenden Regelungen des ausländischen Staates ein Verlustabzug in anderen Jahren als im Verlustjahr „allgemein“ nicht zustand (§ 2a Abs. 3 S. 4 EStG 90). Im Streitfall war der Verlustabzug im Ausland nur wegen der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalles, nicht aber „allgemein“ versagt worden. Bei dieser Sachlage greift die deutsche Nachversteuerungspflicht (§ 2a Abs. 3 S. 3 EStG 90) ein, was aber vor dem Hintergrund der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit bedenklich sei.