09.02.2009 | Bundesfinanzhof
Die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG a.F. verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht
von VRiFiG Prof. Dr. Kay-Michael Wilke, Karlsruhe
Nach der Änderung des § 6 AStG durch das SEStEG war in der Literatur, aber auch in der Rechtsprechung der FG umstritten, ob die seit 1.1.07 gültige Neufassung den Vorgaben des EuGH entspricht. Nunmehr hat der BFH in einem aktuellen Beschluss entschieden, dass es nicht ernstlich zweifelhaft ist, dass die sog. Wegzugsteuer nach § 6 Abs. 1 AStG i.d.F. bis zur Änderung durch das SEStEG i.V.m. § 6 Abs. 5 i.d.F. der Änderungen durch das SEStEG weder gegen Gemeinschaftsrecht noch gegen Verfassungsrecht verstößt (BFH 23.9.08, I B 92/08, Abruf-Nr. 083395). |
Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute und verlegten Ende des Jahres 2004 ihren Wohnsitz auf Dauer aus der Bundesrepublik nach Portugal. Im Zeitpunkt der Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht war der Kläger zu mehr als 50 % an zwei deutschen GmbHs beteiligt. Im April 2005 wurden diese beiden Beteiligungen veräußert. Das FA hat den Verkehrswert der beiden GmbH im Wegzugszeitpunkt nach § 6 AStG a.F. (= Fassung bis zur Änderung durch das SEStEG) der Besteuerung unterworfen. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Kläger Klage beim FG München und beantragten Aussetzung der Vollziehung (AdV). Diese wurde vom FG gewährt (FG München 4.4.08, 11 V 1815/07, EFG 08, 1439). Auf die zugelassene Beschwerde hin hat der BFH den Beschluss aufgehoben und den AdV-Antrag abgelehnt. Während des Einspruchsverfahrens hatte das FA am 18.11.05 entsprechend den Vorgaben des BMF-Schreibens vom 8.6.05 (BMF 8.6.05, IV B 5 - S 1348 - 35/05, BStBl I 05, 714) zinslose Stundung ohne Sicherheitsleistung gewährt.
Anmerkungen
Angesichts der Tatsache, dass in der Literatur die alte Fassung des § 6 AStG einhellig als gemeinschaftsrechtswidrig bezeichnet wurde, die Kommission gegen die Bundesrepublik wegen § 6 AStG ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte und der Gesetzgeber mittels des SEStEG § 6 AStG EU-konform gemacht hat, muss den Leser der Leitsatz des BFH-Beschlusses im ersten Augenblick sehr verwundern.
Dass die Voraussetzungen des § 6 AStG im Streitfall erfüllt waren, war zwischen den Beteiligten unstreitig. Unter Hinweis auf die fast einhellige Meinung in der Literatur haben die Kläger aber geltend gemacht, dass § 6 AStG a.F. gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EGV verstößt. Um diese Frage für die Kläger nicht positiv zu beantworten, wendete sich der BFH erst einmal der Neufassung des § 6 AStG zu. Die zinslose Stundung in § 6 Abs. 5 S. 1 AStG n.F. bewirkt, dass die zusätzliche Steuer zwar festgesetzt wird, eine tatsächliche Belastung indes (zunächst) nicht eintritt. Soweit EU-Staatsbürger betroffen sind und der Wohnsitz in einen EU- oder EWR-Staat verlegt wird, entspricht § 6 AStG n.F. nunmehr grundsätzlich den Anforderungen des EuGH zur Wegzugsbesteuerung (EuGH 11.3.04, C-9/02, de Lasteyrie du Saillant, s. PIStB 04, 82; EuGH 7.9.06, C-470/04, N, s. PIStB 06, 296).
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