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  • · Fachbeitrag · ATADUmsG

    Erste Erfahrungen mit der neuen Wegzugsteuer und ein Überblick über die Rechtsfolgen (Teil 2)

    von StB Dr. Peter Happe, FB IStR/C.P.A., Köln, und WP StB Lothar Boelsen, Frankfurt/Main

    | Mit der Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie der EU (Anti Tax Avoidance Directive; kurz ATAD) durch das ATAD-Umsetzungsgesetz vom 25.6.21 (ATADUmsG, BGBl I 21, 2035) wurde u. a. der § 6 AStG ‒ wie in Teil 1 ( PIStB 22, 176 ) beschrieben ‒ geändert. Nach der EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten Maßnahmen gesetzlich umsetzen, die die internationale Steuervermeidung verhindern sollen. Durch die Einbettung der Änderungen des § 6 AStG in das ATADUmsG wollte der Gesetzgeber offenbar suggerieren, er sei europäisch dazu verpflichtet, eine Verschärfung der Wegzugsbesteuerung durchzuführen. Dem ist aber nicht so. |

    1. Was vorher geschah

    Durch die EuGH-Rechtsprechung wurde die in § 6 Abs. 5 AStG a. F. geregelte zinslose und zeitlich unbefristete Stundung ohne Sicherheitsleistung bei Wegzug in einen EU-/EWR-Staat (sog. EU-Stundung) erstmals auf Drittstaatensachverhalte mit der Schweiz ausgedehnt (EuGH 26.2.19, C-581/17, Rs. Martin Wächtler gegen FA Konstanz; vgl. Wilke, PIStB 19, 91): Der EuGH hatte nach Vorlage durch das FG Baden-Württemberg (14.6.17, 2 K 2413/15, EFG 18, 18 ) § 6 Abs. 5 AStG a. F. insoweit für europarechtswidrig erklärt, als die Norm dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU widerspricht. Statt das EuGH-Urteil anzuwenden, wie es seine Pflicht gewesen wäre, hat das BMF zunächst einen Nichtanwendungserlass erlassen und den Auswanderern nur eine Ratenzahlung gewährt (BMF 13.11.19, IV B 50 - S 1325/18/10001:001, BStBl I 19, 1212). Diese Stundung ist inzwischen von zwei Gerichten als rechtswidrig eingestuft worden (FG Baden-Württemberg 31.8.20, 2 K 835/19, EFG 21, 20, nrkr.; Rev. I R 35/20; FG Köln 11.5.21, 2 V 1929/20).

    2. Rechtsfolgen des § 6 AStG i. d. F. des ATADUmsG

    Speziell die weitgehende Gleichstellung von Wegzügen in Drittstaaten mit EU-/EWR-Wegzügen durch das Wächtler-Urteil des EuGH dürfte Anlass der Verschärfung der deutschen Wegzugsteuer gewesen sein. In der EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie ist die Einführung einer Wegzugsbesteuerung jedenfalls nicht vorgesehen. Andere EU-Länder wie Österreich, Italien oder Kroatien kennen keinen zu § 6 AStG n. F. vergleichbaren Steuertatbestand. Die ATAD-Richtlinie war somit nur der Mantel dafür, die Wegzugsbesteuerung zu verschärfen.