15.05.2008 | Bundesfinanzhof
Innergemeinschaftliche Lieferung – Änderung der Rechtsprechung zum Buch- und Belegnachweis
Nach bisheriger Sichtweise stellte der Buch- und Belegnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen eine materiellrechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung dar und ein nicht zeitnah erbrachter Buchnachweis konnte nicht mehr nachgeholt bzw. geheilt werden. Mit Urteil vom 27.9.07 hatte der EuGH hierzu entschieden, bei einer zweifelsfrei ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung könne die Steuerfreiheit nicht allein mit der Begründung versagt werden, der Buchnachweis sei nicht rechtzeitig erbracht worden. Der BFH geht daraufhin nun unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung davon aus, dass die Buch- und Belegnachweispflichten keine materiellrechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung des § 6a UStG mehr sind (BFH 6.12.07, V R 59/03, Abruf-Nr. 080412). |
Sachverhalt
Automobilvertragshändlerin D vertrieb Fahrzeuge des Herstellers H. Obwohl die Herstellervertriebsrichtlinien den Vertragshändlern den Handel mit Auslandshändlern untersagten, vereinbarte D im Streitjahr 1994 mit dem belgischen Kfz-Händler B die Lieferung von 20 Pkw. Der Exporthandel wurde durch Abholung der Fahrzeuge durch B und die Überweisung des vereinbarten Kaufpreises tatsächlich und unstreitig vollzogen. Um diesen Vorgang jedoch gegenüber dem Hersteller zu verschleiern, schaltete D bei der Abrechnung den deutschen Zwischenhändler Z ein. D erstellte dem Z „pro forma“ Rechnungen über Inlandslieferungen und die Z fakturierte den Export als eigene Lieferungen an B. Nach Aufdeckung dieses „Schein-Zwischenhandels“ durch das FA widerrief D die dem Z erteilten Rechnungen und änderte in ihrer Buchführung die bisherigen steuerpflichtigen Inlandslieferungen an Z in steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an B. Wegen fehlender Zeitnähe der zutreffenden Verbuchung hatten das FA und das Hessisches FG die Steuerfreiheit versagt, was den BFH zur Vorlage des Verfahrens an den EuGH veranlasste. Der EuGH hielt die fehlende Zeitnähe beim Buchnachweis jedoch nicht für einen zulässigen Versagungsgrund. Der BFH bejahte daraufhin in seiner Folgeentscheidung nachträglich die Steuerfreiheit gem. § 6a UStG für den fraglichen Vorgang.
Anmerkungen
Unter Umsetzung von Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der 6. EG-RL sind nach dem deutschen Gesetz in § 6a Abs. 1 UStG für die Annahme einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung die folgenden Voraussetzungen erforderlich:
- Tatsächliche Warenverbringung in das übrige Gemeinschaftsgebiet,
- Erwerb durch einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen sowie
- Erwerbsteuerpflicht im anderen EU-Staat.
Das Gemeinschaftsrecht überlässt gemäß Art. 28c Teil A erster Halbsatz der 6. EG-RL die konkrete Ausgestaltung der Nachweiserfordernisse den Mitgliedsstaaten. § 6a Abs. 3 UStG bestimmt insofern, dass der Unternehmer das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen durch Belege und Buchführungsaufzeichnungen zu dokumentieren hat, was inhaltlich durch die §§ 17abis c UStDV konkretisiert wird.
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