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  • 15.01.2008 | Europäischer Gerichtshof

    Grundsatzfragen zum Buch- und Belegnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

    von Georg Nieskoven, Troisdorf
    § 6a UStG fordert zur Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen (igL), dass alle relevanten Angaben zu Leistungsinhalt, Leistungsempfänger und grenzüberschreitender Warenverbringung nachprüfbar dokumentiert werden. Zum Themenkomplex dieses „Buch- und Belegnachweises“ hat sich der EuGH nun in drei Grundsatzentscheidungen vom 27.9.07 damit beschäftigt,
    1. inwiefern die Finanzverwaltung hinsichtlich der unklaren Warenverbringung über die Grenze eigene Ermittlungspflichten trifft (C-184/05, Abruf-Nr. 080001), 
    2. ob bereits die verspätete Erbringung des „Buchnachweises“ zur Versagung der Steuerbefreiung führen kann (C-146/05, Abruf-Nr. 070641), 
    3. inwiefern sich der Exporteur hinsichtlich der vom Abnehmer gefälschten Warenverbringungsbelege gleichwohl zur Exportsteuerbefreiung auf Gutglaubensschutz berufen kann (C-409/04, Abruf-Nr. 080002). 

    1. Fall: Ermittlungspflichten der Finanzverwaltung (C-184/05)

    1.1 Sachverhalt

    Das niederländische Warenhandelsunternehmen NL verpflichtete sich in mehreren Kaufverträgen gegenüber dem in Italien ansässigen Unternehmen IT zur Lieferung von Computerbauteilen. Vertraglich war vereinbart, dass IT die Ware im niederländischen Lager der NL abzuholen habe. Die niederländischen Verwaltungsanweisungen sahen bei solchen „Abholgeschäften“ zur Gewährung der Exportsteuerbefreiung grundsätzlich den Exportnachweis mittels „Abnehmerbescheinigung“ vor. Obwohl der NL seitens der IT solche Bescheinigungen nicht ausgestellt worden waren, beließ NL die Lieferungen in ihrer Umsatzsteuererklärung steuerfrei.  

     

    Nach einer Steuerprüfung forderte das FA die Umsatzsteuer auf diese Umsätze nach, da die Warenverbringung in einen anderen EU-Staat nicht nachgewiesen sei. Im Klageverfahren ging NL unverändert von einer grenzüberschreitenden Warenverbringung aus und sah – da sie selbst diesen Nachweis nicht mehr erbringen könne – die Finanzverwaltung in der Pflicht, die Warenverbringung durch Auskunftsersuchen an die italienischen Steuerbehörden zu klären. In seiner Entscheidung zum diesbezüglichen Vorabentscheidungsersuchen hat der EuGH klargestellt, dass eine solche Ermittlungspflicht der Finanzverwaltung nicht bestehe. 

     

    1.2 Anmerkungen

    Die nach niederländischem Recht zur Erlangung der Exportsteuerbefreiung geforderte Abnehmerbescheinigung hält der EuGH für gemeinschaftsrechtskonform. Nach EG-Recht treffe denjenigen die Beweislast für steuermindernde Umstände, der die Steuervergünstigung für sich reklamiere. Da NL aber die demnach notwendigen und zumutbaren Nachweiserfordernisse nicht erbracht habe, könne ihm die Steuerfreiheit zu Recht versagt werden. Auch der Hinweis auf die mögliche Aufklärung der tatsächlichen Warenverbringung durch Auskunftsersuchen an die italienischen Steuerbehörden führe zu keinem anderen Ergebnis. Zweck dieser Ermittlungsmöglichkeit sei nicht, Defizite in der unternehmerischen Nachweisführung zu kompensieren, sondern im behördlichen Bedarfsfall einen Informationsaustausch zu ermöglichen. 

     

    1.3 Praxishinweise