01.03.2007 | Bundesfinanzhof
Steuerpflichtiger besitzt Auskunftsanspruch bezüglich Besteuerung eines Konkurrenten
Ein Steuerpflichtiger kann sich im Wege der Konkurrentenklage auf den Grundsatz der steuerlichen Neutralität berufen, wenn die öffentliche Hand für ihre wirtschaftliche Betätigung nicht zur Umsatzsteuer veranlagt wird und dies zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Dies hatte unlängst der EuGH entschieden (8.6.06, C-430/04, Abruf-Nr. 062269). Dem hat sich jetzt auch der BFH mit Urteil vom 5.10.06 (VII R 24/03, Abruf-Nr. 063701) angeschlossen und einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch eines Steuerpflichtigen hinsichtlich der Besteuerung eines Konkurrenten bejaht, wenn er plausibel einen Wettbewerbsnachteil darlegen kann. Hierbei besitze § 2 Abs. 3 UStG eine drittschützende Wirkung. |
Sachverhalt
Die Klägerin betreibt als privater Feuerbestattungsverein ein Krematorium. Sie verlangte vom beklagten FA Auskunft, wann und unter welcher Steuernummer gegenüber einer Stadt, die ein konkurrierendes Krematorium betreibt, der letzte Umsatzsteuerbescheid ergangen ist. Der private Verein sah in der eventuellen Nichtveranlagung der Kommune zur Umsatzsteuer für sich einen Wettbewerbsnachteil, weil die Kommune ihre Bestattungsleistungen günstiger anbieten könne. Während das FG der Auskunftsklage sofort stattgab, legte der BFH den Streitfall zunächst dem EuGH vor. Der BFH wollte wissen, ob Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 2 der 6. EG-RL drittschützenden Charakter hat, sich also private Dritte unmittelbar auf die Vorschriften der 6. EG-RL berufen können. Der EuGH (a.a.O.) hat diese Frage bejaht. In der abschließenden Entscheidung hat nun auch der BFH den Drittschutz auf private Wirtschaftsteilnehmer erweitert und einen entsprechenden Auskunftsanspruch gegenüber dem FA bejaht.
Anmerkungen
Der Streitfall betrifft den Auskunftsanspruch eines privaten Wirtschaftsteilnehmers gegenüber dem FA bei erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand. Juristische Personen des öffentlichen Rechts unterliegen dann der Steuerpflicht, wenn sie im Rahmen eines „Betriebs gewerblicher Art“ tätig werden. Hierunter werden sämtliche Einrichtungen verstanden, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung einer juristischen Person wirtschaftlich abheben. Die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand hat Auswirkungen auf die Gewerbesteuer- und Körperschaftsteuerpflicht, vor allem aber auch bei der Umsatzsteuer.
Nach Ansicht des EuGH (a.a.O.) haben die Regelungen der 6. EG-RL insoweit drittschützenden Charakter, als sie den Wettbewerb schützen sollen. Nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität können deshalb private Dritte unter Berufung auf Art. 4 Abs. 5 Unterabsatz 2 der 6. EG-RL gegenüber dem FA geltend machen, dass die öffentliche Hand bei ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zu Unrecht überhaupt nicht oder aber zu niedrig zur Umsatzsteuer herangezogen wird. Dieser Sichtweise hat sich der BFH ausdrücklich angeschlossen und entschieden, dass sich ein Steuerpflichtiger im Wege der Konkurrentenklage unmittelbar auf die 6. EG-RL berufen kann, wenn die Nichtbesteuerung der wirtschaftlichen Tätigkeit der öffentlichen Hand zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt.
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