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  • 01.10.2006 | Europäischer Gerichtshof

    Gericht erweitert Auskunftsanspruch privater Dritter gegenüber dem Finanzamt

    von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
    Laut EuGH (8.6.06, C-430/04, Abruf-Nr. 062269) kann sich ein privater Wirtschaftsteilnehmer gegenüber der Finanzbehörde auf Wettbewerbsgleichheit berufen. Deshalb kann ein Privater in einem Rechtsstreit gegen die Finanzverwaltung Auskunft verlangen, ob die öffentliche Hand für ihre wirtschaftliche Betätigung zur Umsatzsteuer veranlagt wird.

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin betreibt als privater Feuerbestattungsverein ein Krematorium. Sie verlangte vom beklagten FA Auskunft darüber, wann und unter welcher Steuernummer eine Stadt, die ein konkurrierendes Krematorium betreibt, der letzte Umsatzsteuerbescheid ergangen ist. Der Verein sah in der eventuellen Nichtveranlagung der Kommune zur Umsatzsteuer für sich einen Wettbewerbsnachteil, weil die Kommune ihre Bestattungsleistungen günstiger anbieten könne. Nachdem das FG Sachsen-Anhalt (10.2.03, EFG 03, 910) der Auskunftsklage stattgegeben hatte, legte der BFH (8.7.04, BStBl II 1034) den Streitfall dem EuGH vor. Der BFH wollte wissen, ob Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. RG-RL drittschützenden Charakter hat, sich also auch private Dritte unmittelbar darauf berufen können und klagebefugt sind. Der EuGH hat die Vorlagefrage des BFH bejaht. 

     

    Anmerkungen

    Eine juristische Person des öffentlichen Rechts unterliegt dann der Steuerpflicht, wenn sie im Rahmen eines „Betriebs gewerblicher Art“ tätig wird. Hierunter werden sämtliche Einrichtungen verstanden, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung einer juristischen Person wirtschaftlich abheben. Keiner Steuerpflicht unterliegen hingegen solche Betriebe, die als „Hoheitsbetriebe“ überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen (§ 4 Abs. 5 KStG). 

     

    Neben der Erledigung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben gewinnt auch der unternehmerische Tätigkeitsbereich von juristischen Personen des öffentlichen Rechts immer mehr an Bedeutung. Hierbei spielt es keine Rolle, ob sich die öffentliche Hand als juristische Person des öffentlichen Rechts oder in Form entsprechend ausgegliederter Unternehmen in privatrechtlicher Rechtsform betätigt. Die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand hat fiskalisch erhebliche Auswirkungen für die Frage der Gewerbe- und der Körperschaftsteuerpflicht, vor allem aber auch bei der Umsatzsteuer. Gerade bei der Umsatzbesteuerung können juristische Personen des öffentlichen Rechts deutliche Wettbewerbsvorteile erzielen, wenn sie ihre Leistungen – anders als private Wirtschaftsteilnehmer – ohne Umsatzsteuerbelastung von 16 v.H. (ab 1.1.07: 19 v.H.) anbieten können.