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  • 04.09.2008 | Bundesfinanzhof

    Vorrang abkommensrechtlicher Missbrauchsvorschriften bei Erstattung von Kapitalertragsteuern

    von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
    Der bis einschließlich 2003 anwendbare Art. 23 DBA-Schweiz 1971/1992 bestimmt die Voraussetzungen, unter denen eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft Quellensteuerentlastungen für Dividenden beanspruchen kann, die sie aus einem anderen Vertragsstaat erhält. Diese Vorschrift soll vermeiden, dass abkommensrechtliche Entlastungen, wie z.B. die Erstattung von Kapitalertragsteuern, missbräuchlich in Anspruch genommen werden. Sie geht als speziellere Vorschrift sowohl § 50d Abs. 1a EStG 1997 (= § 50d Abs. 3 EStG n.F.) als auch § 42 Abs. 1 AO vor. Deutschland hat als Quellenstaat keine weiteren Möglichkeiten den Anspruch auf Quellensteuerentlastung zu verweigern – so der BFH in einem neuen Urteil (19.12.07, I R 21/07, Abruf-Nr. 081471).

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin ist eine in der Schweiz ansässige AG schweizerischen Rechts, die in den Streitjahren 2001 und 2002 in den Räumlichkeiten einer Treuhand-AG ansässig war. Sie hatte zwei Verwaltungsräte, die parallel für 31 bzw. 15 weitere Gesellschaften tätig waren. Ab Dezember 2000 hielt die Klägerin 73,8 v.H. der Stammaktien der in Deutschland ansässigen B-AG. Für die von der B-AG bezogenen Dividenden beantragte die Klägerin beim früheren Bundesamt für Finanzen (BfF) (jetzt: Bundeszentralamt für Steuern) für die Streitjahre die Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuern nach § 50d Abs. 1 EStG i.V. mit Art. 10 Abs. 2 b) bzw. Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/1992. Das BfF lehnte die Anträge mit der Begründung ab, dass es sich bei der schweizerischen AG um eine sog. Briefkastenfirma handelt, die nach § 50d Abs. 1a EStG a.F. (jetzt: § 50d Abs. 3 EStG n.F.) keine Abkommensentlastung nach § 50d Abs. 1 S. 2 EStG beanspruchen könne. Die hiergegen gerichtete erfolgreiche Klage vor dem FG Köln (25.1.07, 2 K 5824/04, EFG 07, 1088) wurde vom BFH bestätigt. 

     

    Anmerkungen

    Im Urteil geht es um die Erstattung einbehaltener Kapitalertragsteuer auf Ausschüttungen einer inländischen AG (B-AG) an eine im Inland beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft mit Sitz in der Schweiz (Klägerin). Hierbei befasste sich der BFH mit dem Konkurrenzverhältnis der Missbrauchsvermeidungsvorschriften in Art. 23 DBA-Schweiz 1971/1992 einerseits und § 50d EStG bzw. § 42 Abs. 1 AO andererseits. Der I. BFH-Senat bestätigte seine ständige Rechtsprechung, nach der allgemeine Steuer­umgehungsvorschriften, wie § 50d Abs. 1a EStG a.F. (jetzt: § 50d Abs. 3 EStG n.F.) oder § 42 AO, neben der vorrangigen spezifischen Abkommensregelung nicht anwendbar sind. Im Einzelnen stellte der BFH hierzu fest: 

     

    Nach § 50d Abs. 1 S. 2 EStG kann der Gläubiger von Kapitalerträgen, die Erstattung einbehaltener und abgeführter Kapitalertragsteuer verlangen, wenn diese Einkünfte nach einem DBA nicht oder nur mit einem unter 25 v.H. liegendem Steuersatz besteuert werden dürfen. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall nach Art. 10 Abs. 2b (Streitjahr 2001) bzw. Art. 10 Abs. 3 (Streitjahr 2002) DBA-Schweiz erfüllt. Bis zum Jahr 2001 galt hiernach, dass Dividenden in dem Sitzstaat der ausschüttenden Gesellschaft besteuert werden, wobei aber die Steuer 5 v.H. der Bruttodividende nicht übersteigen darf, wenn der Empfänger eine Gesellschaft ist, die unmittelbar über mindestens 20 v.H. an der ausschüttenden Gesellschaft beteiligt ist. Ab dem Jahr 2002 entfällt unter den gleichen Tatbestandsvoraussetzungen die Dividendenbesteuerung in vollem Umfang.