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  • 08.12.2010 | Der praktische Fall

    Funktionsverlagerungen ins Ausland - Ertragsteuerliche Folgen prüfen

    von StB RA Attorney-at-Law (N.Y.) Lorenz Bernhardt, Berlin

    Wenn international operierende Konzerne betriebliche Tätigkeiten, z.B. Geschäftsleitung, Forschung- und Entwicklung, Produktion oder Vertrieb, von einem Staat auf verbundene Unternehmen in einen anderen Staat verlagern, spricht man steuerlich von Funktionsverlagerungen. Für eine solche Verlagerung kann es eine Vielzahl von betriebswirtschaftlichen Gründen geben. Das können niedrigere Produktionskosten im Ausland sein, aber auch sonstige Standortvorteile, wie mögliche Investitionsförderungen oder geringere Steuerbelastungen. Auch die Kundennähe oder Synergie- und Effizienz-Gesichtspunkte sind oftmals ausschlaggebend. Vor einer Funktionsverlagerung ist dringend zu prüfen, ob sich ertragsteuerliche Folgen ergeben und - wenn ja - welche. Dabei sind die gesetzlichen Vorschriften zur Funktionsverlagerung in § 1 Abs. 3 S. 9 und 10 AStG zu beachten, die ergänzt werden durch eine Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) und seit Mitte Oktober 2010 durch ein äußerst umfangreiches BMF-Schreiben (Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung - VerwGrFVerl). Die Grundgedanken dieses Regelwerkes werden anhand des folgenden Musterfalls beschrieben.  

    1. Ausgangsfall

    Der deutsche Unterhaltungskonzern „Die Entertainment AG“ mit Sitz in Berlin hat u.a. zwei deutsche Tochtergesellschaften, die ihr jeweiliges Geschäftsfeld eigenständig führen.  

     

    Im Jahr 2007 wurde eine der beiden Tochtergesellschaften, die IQ-U2-??-GmbH, gegründet, die auch die Marke IQ-U2-?? (I queue - You too?) hat urheberrechtlich schützen lassen. Vereinfachend ausgedrückt vertreibt die GmbH Spiele an Handynutzer, die der Handynutzer mit Hilfe der Handytastatur spielen kann. Inhaltlich geht es bei dem bisher kommerziell erfolgreichsten Spiel darum, unter mehreren Warteschlangen („queue“) vor Registrierkassen in einem Ladengeschäft die günstigste auszuwählen und durch eine Reihe weiterer strategischer Entscheidungen die Wartezeit zu verkürzen. Den Durchbruch schaffte die GmbH letztlich jedoch, als es gelang, zwei oder mehrere Handybenutzer über eine Telefonverbindung gegeneinander spielen zu lassen. In Berlin - und mittlerweile fast in ganz Deutschland - haben sich zahlreiche „Spielclubs“ gebildet, bei denen mehrere Personen gegeneinander per Handy verschiedene Gesellschaftsspiele spielen.  

     

    In bestimmten Kreisen ist IQ-U2-?? mittlerweile ein fester Bestandteil des Tagesablaufs geworden. Auch die Zukunft sieht für die GmbH rosig aus, da die zweite Generation des Warteschlangenspiels kurz vor der Vermarktungsreife steht.