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  • 01.04.2005 | EFTA-Gerichtshof

    Europarechtliche Diskriminierungsverbote verlangen umfassende KSt-Anrechnung

    von RA Dr. Axel Cordewener LL.M., München/Bonn
    Der EFTA-Gerichtshof hat am 23.11.04 (E-1/04, Fokus Bank ASA gegen Norwegen, Abruf-Nr. 050815) entschieden, dass der Ausschluss auslandsansässiger Anteilseigner vom norwegischen KSt-Anrechnungsverfahren gegen das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRA 5.2.92; BGBl II 93, 267, 1294) verstößt. Diese Entscheidung kann auch Folgewirkungen für das frühere und das derzeit geltende deutsche Recht entfalten.

     

    Sachverhalt

    Die norwegische Fokus Bank ASA hatte 1997 und 1998 Dividenden ausgekehrt und auf die Einbehaltung der nur für Ausschüttungen an Steuerausländer vorgesehenen Quellensteuer (national 25 v.H.) verzichtet, da das Anteilseignerregister nur inländische Gesellschafter aufwies. Nachträglich stellte die norwegische Finanzbehörde jedoch fest, dass deutsche und britische Gesellschafter kurz zuvor ihre Anteile an Steuerinländer veräußert und später über Rückkaufoptionen zurück erworben hatten („parking arrangement“). Für steuerliche Zwecke wurden die Dividenden daraufhin den Steuerausländern zugerechnet, und die Fokus Bank wurde für die nicht abgeführte Quellensteuer (unter Berücksichtigung der DBA-rechtlichen Minderung auf jeweils 15 v.H.) in Haftung genommen.  

     

    In dem hiergegen gerichteten Klageverfahren kam die – für den akzessorischen Haftungsumfang entscheidende – Frage auf, ob der Ausschluss der gebietsfremden Dividendenempfänger von dem pauschalen norwegischen Teilanrechnungssystem gegen die in Art. 40 EWRA niedergelegte Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Im Rahmen des Anrechnungssystems wird die ESt-Last des inländischen Anteilseigners bei fortbestehender KSt-Belastung der Dividende mit 28 v.H. beseitigt, während eine Anrechnung bei der ESt-Last des ausländischen Anteilseigners unterbleibt. Der vermeintliche Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit bildete den Schwerpunkt eines Gutachtens, dass der EFTA-Gerichtshof auf Ersuchen des norwegischen Berufungsgerichtes nach Art. 108 EWRA i.V.m. Art. 34 des Überwachungs- und Gerichtshofsabkommens (ÜGA) erstellte. 

     

    Anmerkung

    Wie der EFTA-Gerichtshof einleitend hervorhebt, trifft das EWRA zwar keine eigenen steuerlichen Regelungen, doch sind seine Vorgaben von den zum EWR gehörenden EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen) bei der Ausübung ihrer Besteuerungskompetenzen zu beachten. Den Grundnormen der Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 EWRA sowie Art. 3 ÜGA entnimmt der Gerichtshof die Relevanz der EuGH-Rechtsprechung zu Art. 56 Abs. 1 EGfür die Interpretation von Art. 40 EWRA. Demzufolge darf im Rahmen des EWRA „der Kapitalverkehr in Bezug auf Berechtigte, die in den EG-Mitgliedstaaten oder den EFTA-Staaten ansässig sind, keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes“ unterliegen.