09.03.2011 | Einkommensteuer
Progressionsvorbehalt bei steuerfreien Auslandseinkünften mit EU-Recht vereinbar
von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
Der Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) ist für den Fall des Bezugs abkommensrechtlich steuerbefreiter Auslandseinkünfte mit EU-Recht vereinbar. Das hat der BFH in einer aktuellen Entscheidung klargestellt (BFH 19.7.10, I B 10/10, BFH/NV 11, 17, Abruf-Nr. 110654). |
Sachverhalt
Der Kläger erzielte in den Streitjahren 1999 bis 2002 Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, die er sowohl im Inland als auch in Österreich ausübte. Das FA bezog die in Österreich erzielten Einkünfte nicht in die Bemessungsgrundlage der Steuer ein, berücksichtigte sie aber bei der Berechnung des anzuwendenden Steuersatzes (§ 32b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 EStG). Die hiergegen erhobene Klage hat das FG München abgewiesen, die Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH blieb ebenfalls erfolglos.
Anmerkungen
Nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 97/02 ist der in § 32b Abs. 2 EStG beschriebene besondere Steuersatz anzuwenden, wenn ein unbeschränkt Steuerpflichtiger Auslandseinkünfte erzielt, die abkommensrechtlich steuerfrei sind. Dasselbe gilt bei bestimmten ausländischen Einkünften, die im Veranlagungszeitraum nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben (§ 32b Abs. 1 Nr. 2 EStG 97/02). Der BFH bekräftigt nunmehr im Anschluss an seine bisherige Rechtsprechung (BFH 15.5.02, I R 40/01, BStBl II 02, 660) seine Ansicht, dass die Anwendung des Progressionsvorbehalts nicht gegen die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 39 Abs. 1 EG, nunmehr Art. 45 Abs. 1 AEUV) verstößt. Diesbezüglich ist nach Ansicht des BFH Folgendes zu beachten:
- Die Anwendung des besonderen Steuersatzes bewirkt keine steuerliche Benachteiligung des Beziehers ausländischer Einkünfte. Sie führt im Gegenteil dazu, dass Auslandseinkünfte und vergleichbare inländische Einkünfte gleich behandelt werden (BFH 19.11.03, I R 19/03, BStBl II 04, 549). Diese Überlegungen gelten nicht nur im Hinblick auf die Freizügigkeit von Arbeitnehmern, sondern auch in Bezug auf die gemeinschaftsrechtliche Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG, jetzt: Art. 56 AEUV).
- Für die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit des Progressionsvorbehalts ist nur entscheidend, ob dieser im Rahmen der inländischen Besteuerung zu einer unterschiedlichen Belastung inländischer und ausländischer Einkünfte führt. Selbst wenn im Streitfall durch die österreichische Steuer die steuerliche Gesamtbelastung höher ist als diejenige bei vergleichbaren nur im Inland erzielten Einkünften, begründet dies keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken.
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