05.12.2008 | Europäischer Gerichtshof
Ausländische Immobilienverluste – Der EuGH hebelt das Abkommensrecht aus
von Dipl.-Kffr. Nina Lavrelashvili und Dipl.-Kfm. Fabian Rolf Müller, Diplômé de l'ESC Montpellier
Bei der Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens im EU-Beschäftigungsstaat sind unter bestimmten Umständen negative Immobilieneinkünfte aus dem EU-Wohnsitzstaat zu berücksichtigen. Dies ist nach einem aktuellen Urteil des EuGH dann der Fall, wenn die Verluste im Wohnmitgliedstaat nicht berücksichtigt werden können und der wesentliche Teil der zu versteuernden Einkünfte des Steuerpflichtigen aus einer abhängigen Beschäftigung im Beschäftigungsstaat stammt (EuGH 16.10.08, C-527/06, Abruf-Nr. 083585). |
Sachverhalt
Herr Renneberg, ein niederländischer Staatsangehöriger, war in den Niederlanden angestellt, zog jedoch aus privaten Gründen nach Belgien, wo er in den Streitjahren 1996 und 1997 eine mit einem Bankdarlehen finanzierte Eigentumswohnung bewohnte. Die niederländischen Arbeitseinkünfte, die sein ausschließliches Einkommen darstellten, waren in Belgien aufgrund des DBA B/NL 1970 freigestellt. Deshalb beantragte Herr Renneberg in den Niederlanden den Abzug von negativen Immobilieneinkünften, die sich nach den niederländischen Regeln zur Besteuerung von Wohneigentum ergaben. Danach war für selbstgenutztes Wohneigentum jährlich ein fiktiver pauschaler Mietwert anzusetzen, von dem die entsprechenden Finanzierungskosten abgezogen wurden. Überstiegen Zins und Tilgung den Mietwert, entstanden negative Immobilieneinkünfte, die die niederländischen Arbeitseinkünfte minderten.
Die niederländische Steuerverwaltung sah für eine Verlustberücksichtigung im Falle von Herrn Renneberg aber keinen Raum, weil durch das DBA B/NL 1970 Belgien erstens als Belegenheitsstaat in Art. 6 das Besteuerungsrecht für Immobilieneinkünfte – darunter fielen aus niederländischer Sicht auch die Verluste – zugeteilt war und zweitens als Wohnsitzstaat nach Art. 23 auch die Vermeidung einer etwaigen Doppelbesteuerung oblag. Die Niederlande hingegen durften als Beschäftigungsstaat nur die Arbeitseinkünfte besteuern. Herr Renneberg erkannte darin eine Verletzung seiner Arbeitnehmerfreizügigkeit und legte Klage ein, da Gebietsansässige anders als er selbst Verluste aus Wohneigentum berücksichtigen konnten.
Anmerkungen
Der EuGH hält Art. 39 EG (Arbeitnehmerfreizügigkeit) für einschlägig. Bevor der EuGH die Regelung als einen Eingriff in die Arbeitnehmerfreizügigkeit klassifiziert, prüft er jedoch, ob die Ungleichbehandlung nicht durch die Aufteilung der Steuerbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten aufgrund des DBA B/NL 1970 hervorgerufen wird. Den Mitgliedstaaten steht es nämlich in Ermangelung einer Harmonisierung der Steuerrechtsordnungen frei, die Kriterien der Aufteilung selbst festzulegen. Sie dürfen allerdings nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen.
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