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  • 06.04.2009 | Europäischer Gerichtshof

    Diskriminierung ausländischer Investmentfonds durch unterschiedliche Quellenbesteuerung

    von RA Dr. Martin Schraufl, LL.M. (New York University), München

    Am 18.12.08 erging der Schlussantrag von Generalanwalt Mazák in der Rs. Aberdeen Property Fininvest Alpha Oy, die grundsätzliche Bedeutung für die Quellenbesteuerung von Erträgen offener Investmentfonds haben könnte. In dem Verfahren muss sich der EuGH mit der Frage beschäftigen, ob der Einbehalt von Quellensteuern bei Ausschüttungen an eine Luxemburger SICAV EG-rechtswidrig ist, wenn eine Ausschüttung an einen in Finnland ansässigen Investmentfonds keiner Besteuerung unterliegen würde. Diese Ungleichbehandlung wurde nun von Generalanwalt Mazák als diskriminierend und damit als europarechtswidrig angesehen (Schlussantrag 18.12.08, C-303/07, Abruf-Nr. 090680).

     

    Sachverhalt

    Die Aktiengesellschaft Aberdeen Property Fininvest Alpha Oy (Alpha) ist eine in Finnland ansässige 100%ige Tochtergesellschaft der Nordic Fund SICAV (Nordic), die als Gesellschaft mit variablem Kapital nach luxemburgischen Recht gegründet worden war. Alpha stellte bei dem dafür in Finnland zuständigen zentralen Steuerausschuss einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids darüber, dass sie nicht verpflichtet sei, Quellensteuern für die von ihr an Nordic ausgeschütteten Dividenden abzuführen. Obwohl sie unstreitig nach finnischem Recht dazu verpflichtet gewesen wäre, berief sich Alpha in ihrem Antrag auf Art. 43 EG und Art. 56 EG. Danach müsste sie so behandelt werden, als ob sie eine finnische Muttergesellschaft haben würde, die einer Gesellschaft in der Rechtsform einer SICAV entspräche. In diesem Fall käme es nicht zu einer Quellensteuerpflicht bei einer Dividendenzahlung. Der zentrale Steuerausschuss folgte dieser Ansicht nicht und erließ einen Vorbescheid, in dem die Quellensteuerpflicht festgestellt wurde. Daraufhin beantragte Alpha beim obersten Verwaltungsgericht die Aufhebung des Vorbescheids. Das Gericht nahm die Gelegenheit zum Anlass, beim EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens anzufragen, ob Art. 43 EG und Art. 56 EG dem Vorbescheid in der dargestellten Form entgegenstehen.  

     

    Anmerkungen

    Unter Berufung auf bereits ergangene Urteile des EuGH folgt der Generalanwalt Mazák in seinem Schlussantrag im Ergebnis der Argumentation der Alpha und hält den Vorbescheid für europarechtswidrig. Der Generalanwalt führt zunächst aus, dass die Wahl der hier anzuwendenden Grundfreiheit keine praktische Bedeutung hat, da die Anwendung von Art. 43 EG zu demselben Ergebnis führen müsse wie die von Art. 56 EG. Die streitentscheidenden Überlegungen zur Vergleichbarkeit der Situation einer Aktiengesellschaft oder eines Investmentfonds finnischen Rechts und derjenigen einer Gesellschaft in der Rechtsform einer SICAV luxemburgischen Rechts gelten sowohl für die Niederlassungs- als auch für die Kapitalverkehrsfreiheit.  

     

    Den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit sieht der Generalanwalt bei einer grenzüberschreitenden Betätigung über eine Tochtergesellschaft ohne weiteres als eröffnet an. Auch kann aus seiner Sicht nicht bestritten werden, dass eine unterschiedliche Behandlung vorliegt, da eine in Finnland ansässige Muttergesellschaft - gleich welcher Rechtsform - Dividenden zur Vermeidung einer Mehrphasenbesteuerung quellensteuer­frei erhalten würde. Entscheidend ist daher für den Generalanwalt, ob diese unterschiedliche Behandlung vergleichbare oder anders gelagerte Sachverhalte betrifft. Nur bei der ersten Alternative könne eine europarechtswidrige Diskriminierung angenommen werden. Unter Verweis auf die EuGH-Urteile in den Rs. Denkavit (EuGH 14.12.06, C-170/05, Slg. 06, 11949) und Amurta (EuGH 8.11.07, C-379/05, Slg. 07, 9569) bejaht er das schließlich folgerichtig, da sich sowohl finnische als auch ausländische Muttergesellschaften hinsichtlich der in Finnland generierten Gewinne steuerlich in einer vergleichbaren Situation befinden.