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  • 11.01.2010 | Europäischer Gerichtshof

    Handelsvertreterausgleichsanspruch nach § 89b HGB ist nicht europarechtskonform

    von RA StB Dipl.-Jur. Tim Lühn, Düsseldorf und Dipl.-Kffr. Imke Siemers, Hamburg

    In PIStB 09, 235 wurde bereits kurz darüber informiert, dass der EuGH die Begrenzung des Ausgleichsanspruchs bei Handelsvertretern gemäß § 89b HGB auf die Höhe der verlorenen Provisionsansprüche für europarechtswidrig hält (EuGH 26.3.09, C-348/07, Abruf-Nr. 092660). Das Gericht sieht darin einen Verstoß gegen die EU-Handelsvertreterrichtlinie (86/653/EWG), auf der § 89b HGB basiert und die einem Handelsvertreter einen Ausgleich gewährt, wenn der Unternehmer das Vertragsverhältnis beendet. Im folgenden Beitrag werden die Auswirkungen dieser Entscheidung auf die Praxis im Detail aufgezeigt.  

    1. Auswirkungen auf grenzüberschreitende Sachverhalte

    Bei konzerninternen Umstrukturierungen beanstandet es die Finanzverwaltung regelmäßig im Bereich der Verrechnungspreise, wenn der Unternehmer das konzerninterne Vertriebsverhältnis beendet hat, ohne dem verbundenen („Handelsvertreter“)Unternehmen einen entsprechenden Ausgleich zu gewähren, obwohl ein Ausgleich unter fremden Dritten nach § 89b HGB gewährt werden würde. Die Finanzverwaltung nimmt dann eine Korrektur der Einkünfte des verbundenen Unternehmens als „Handelsvertreter“ vor, indem es diese um einen fremdüblichen Ausgleich auf Basis des § 89b HGB analog erhöht und dann besteuert. Auch im Anwendungsbereich der Funktionsverlagerung (§ 1 Abs. 3 S. 9 AStG) stellt der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB (analog) einen Schadenersatz-, Entschädigungs- bzw. Ausgleichsanspruch im Sinne von § 8 Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) und damit eine Spezialregelung dar, die eine Funktionsverlagerung ausschließt (so auch ausdrücklich der Entwurf des BMF-Schreibens vom 17.7.09 „Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung“, Tz. 2.8). Damit ist die neue Rechtsprechung des EuGH gerade im Bereich der Verrechnungspreise von besonderer Bedeutung, da in Betriebsprüfungen immer zurückliegende Jahre Prüfungsgegenstand sind. Für laufende sowie zukünftige Betriebsprüfungen ist die jetzt vom EuGH vorgegebene Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs für mögliche Einkünftekorrekturen bei Umstrukturierungen der Vertriebswege verbundener Unternehmen sowie bei der Anwendung des § 8 FVerlV als Ausschlussregelung zu Funktionsverlagerungen zu berücksichtigen.  

    2. Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB

    Nach § 89b Abs. 1 S. 1 HGB kann der Handelsvertreter von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit  

     

    1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat,

     

    2. der Handelsvertreter infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses Provisionsansprüche verliert, die er bei dessen Fortsetzung aus bereits abgeschlossenen oder künftig zustande kommenden Geschäften mit den von ihm geworbenen Kunden hätte und

     

    3. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht.