06.04.2011 | Europäischer Gerichtshof
Steuerliche Förderung darf nicht auf Investitionen in inländische Betriebsstätten beschränkt sein
von VRiFG Prof. Dr. Kay-Michael Wilke, Karlsruhe
Der EuGH musste sich im Fall Tankreederei I mit einer nationalen Besonderheit des Luxemburger Steuerrechts auseinandersetzen: Danach wird die Gewährung einer Steuergutschrift für Investitionen u.a. davon abhängig gemacht, dass diese Investitionen in einer im Großherzogtum belegenen Betriebsstätte getätigt werden. Im Streitfall wurde die Investition jedoch von einer Luxemburger Gesellschaft im EU-Ausland getätigt. Der EuGH hat diese Vorschrift als unvereinbar mit der Dienstleistungsfreiheit eingestuft (EuGH 22.12.10, C-287/10, Abruf-Nr. 110967). |
Sachverhalt
Die Klägerin, eine luxemburgische Kapitalgesellschaft, betreibt von dort aus als Tankreederei in den Häfen von Antwerpen (Belgien) und Amsterdam (Niederlande) zwei zur Binnenschifffahrt bestimmte Schiffe. Für die Steuerjahre 2000 bis 2003 beantragte sie auf der Grundlage von Art. 152 bis § 1 des luxemburgischen Einkommensteuergesetzes (LIR) die Inanspruchnahme von Steuergutschriften für Investitionen in neue Binnenschiffe. Der Antrag wurde von der Finanzverwaltung Luxemburgs jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass die betreffenden Schiffe im Ausland eingesetzt würden. Der Einspruch blieb erfolglos. Das daraufhin angerufene Gericht setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die o.g. nationale luxemburgische Bestimmung mit den Art. 56 und 63 AEUV vereinbar sind.
Anmerkung
Die Klägerin erbringt unstreitig mit ihrer Tätigkeit eine Dienstleistung i.S. des Art. 57 AEUV. Zur Dienstlesitungsfreiheit hat der EuGH wiederholt entschieden, dass Art. 56 AEUV der Anwendung einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten gegenüber der Erbringung von Dienstleistungen innerhalb nur eines Mitgliedstaats erschwert. Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs sind solche nationalen Maßnahmen, die die Ausübung dieser Freiheit verbieten, behindern oder weniger attraktiv machen.
Im Streitfall ist die nationale luxemburgische Bestimmung geeignet, Unternehmen mit Sitz in Luxemburg davon abzuhalten, in einem anderen Mitgliedstaat Dienstleistungen zu erbringen, für die der Einsatz von dort befindlichen Investitionsgütern notwendig ist. Zumindest macht aber die Luxemburger Bestimmung die Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen weniger attraktiv oder schwieriger als Dienstleistungen in Luxemburg mit Hilfe von dort belegenen Investitionsgütern. Folglich stellt die Bestimmung eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne von Art. 56 AEUV dar.
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