01.03.2005 | FG Niedersachsen
Verlustverrechnung aus ausländischen Betriebsstätten im Visier des EU-Rechts
In jüngster Zeit landet immer häufiger die Frage vor dem EuGH, ob direkte Steuern mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar sind. So hat jetzt auch das FG Niedersachsen (14.10.04, 6 V 655/04,Abruf-Nr. 050550) ernstliche Zweifel geäußert, ob es mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, wenn einem deutschen Unternehmen der Abzug der Verluste aus seiner gewerblichen Betriebstätte in Belgien versagt wird (§ 10 d EStG; § 2 a Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. StEntlG 99/00/02). Das FG hat die vorläufige Vollziehung der Steuerbescheide ausgesetzt, weil es an der Vereinbarkeit des deutschen Verlustverrechnungsverbots mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) und der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EGV) in der EU zweifelte. Im Hauptsacheverfahren droht nunmehr eine Vorabentscheidung des EuGH. |
Sachverhalt
Im Ausgangsfall stritten die Beteiligten um die steuerliche Behandlung von Verlusten aus einer ausländischen Betriebsstätte, die die Antragstellerin (eine Großhandels-GmbH) 1996 in Belgien gegründet hatte. Die dort in den Jahren 1998/1999 erzielten Verluste brachte die GmbH im Rahmen ihrer Gewinn-ermittlung zum Abzug. Nach einer Außenprüfung im Jahr 2003 erließ das FA geänderte Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide und versagte die Anerkennung der in Belgien erzielten Betriebsstättenverluste, indem es die negativen ausländischen Einkünfte hinzurechnete (§ 2 a Abs. 1S. 1 Nr. 1 EStG i.d.F. des StEntlG 99/00/02). Gegen die Änderungsbescheide erhob die GmbH Einspruch und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Im gerichtlichen Verfahren rügte die GmbH einen Verstoß des § 2 a EStG gegen vorrangiges Gemeinschaftsrecht. Denn es sei nicht zulässig, wenn eine unbeschränkt steuerpflichtige Person, die im Inland steuerpflichtige Einkünfte erziele, Verluste, die in anderen EU-Mitgliedsstaaten entstanden seien, bei der Einkommensermittlung nicht abziehen könne. Das FG ist dieser Ansicht gefolgt und hat die Vollziehung der Körperschaftsteuer- und der Gewerbesteuermessbetragsbescheide ausgesetzt. Ferner hat es wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Beschwerde zugelassen.
Anmerkungen
Die Entscheidung des FG Niedersachsen fügt sich ein in die Reihe der Fälle, in denen die deutschen Finanzgerichte die begrenzte Verrechnung von Verlusten aus ausländischen Betriebsstätten nach § 2 a EStG wegen Verstoßes gegen die EU-Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit dem EuGH vorlegen – oder dies unmittelbar bevorsteht.
In seinem AdV-Beschluss weist das FG zunächst darauf hin, dass die Einkünfte dem DBA-Belgien unterliegen. Als negative Einkünfte sind die mit der belgischen Betriebsstätte erzielten Verluste im Inland freizustellen und gehen nicht in die Steuerbemessungsgrundlage ein (Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Belgien). Dies gilt nicht nur für positive, sondern auch für negative Einkünfte. § 2 a Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des StEntlG 99/00/02 verhindere (zumindest) im Streitjahr 1999 die Berücksichtigung der ausländischen Betriebsstättenverluste, weil es im Streitjahr an entsprechenden positiven ausländischen Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat fehle.
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