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  • 01.07.2005 | Finanzgericht Baden-Württemberg

    Einkommensteuerlicher Wohnsitz bei längerem Auslandsaufenthalt

    von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
    Wer sich nur auf Grund befristeter Touristenvisa, die einen weitergehenden dauernden Auslandsaufenthalt ausdrücklich ausschließen, im Ausland aufhält und für seinen Aufenthalt in Deutschland eine Wohnung dauernd vorhält und nutzt, hat im Inland einen Wohnsitz, der zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht führt. Dies hat das FG Baden-Württemberg jetzt mit Urteil vom 3.11.04 (10 K 211/01, Abruf-Nr. 051835) rechtskräftig festgestellt.

     

    Sachverhalt

    Ende 1998 reiste der Kläger von Deutschland nach Fernost aus. Das Königreich Thailand erteilte ihm 1999 (Streitjahr) mehrere befristete Touristenvisa, die einen weitergehenden Daueraufenthalt ausdrücklich ausschlossen. In Deutschland hatte der Kläger noch im elterlichen Anwesen einen Wohnsitz – dort war ihm die Nutzung seines Jugendzimmers sowie der Sanitäranlagen des Wohngebäudes möglich. Er nutzte dieses Zimmer gelegentlich bei Heimataufenthalten und gab in seiner Einkommensteuererklärung für 1999 die Wohnanschrift der Eltern als maßgebliche Anschrift an. Gegen den ESt-Bescheid für 1999 legte er aber mit der Begründung Einspruch ein, er unterhalte im Inland keinen Wohnsitz, sondern sei im Streitjahr nur noch zu kurzzeitigen Aufenthalten nach Deutschland eingereist. Er unterliege deshalb in Deutschland nicht der unbeschränkten Steuerpflicht. Trotz entsprechender Aufforderung des FA kam der Kläger der Aufforderung nicht nach, entsprechende Nachweise für einen ausländischen Wohnsitz in Thailand vorzulegen. Einspruchsverfahren und Klage blieben erfolglos. 

     

    Anmerkungen

    Der „Wohnsitzbegriff“ ist ebenso wie der „Ort der Geschäftsleitung“ zentraler Anknüpfungspunkt für die unbeschränkte Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerpflicht. Nach § 8 AO 1977 hat eine Person einen Wohnsitz dort, wo sie eine Wohnung unter Umständen inne hat, die auf ein Beibehalten und Nutzen der Wohnung schließen lassen. Die maßgeblichen und unmaßgeblichen Kriterien für einen „Wohnsitz“ im einkommensteuerlichen Sinne können wie folgt zusammengefasst werden:  

     

    • Beschaffenheit der Wohnung: Bei einer „Wohnung“ braucht es sich nicht um ein Gebäude oder einen baulich abgeschlossenen Gebäudeteil zu handeln. Ausreichend sind Räumlichkeiten, die zum Wohnen geeignet sind; dies kann auch ein möbliertes Zimmer sein, das so ausgestattet ist, dass es den Betroffenen jederzeit als Bleibe dienen kann (BFH 17.5.95, BStBl II 96, 2).

     

    • Mehrere Wohnsitze: Nach dem Wortlaut des § 8 AO kann jeder Steuerpflichtige mehrere Wohnungen und mehrere Wohnsitze haben. Diese können im In- und/oder Ausland belegen sein (BFH 19.3.02, BFH/NV 02, 1411). Dabei reicht es aus, dass sich nur einer der Wohnsitze im Inland befindet (BFH 24.01.01, BFH/NV 01, 1402). Auf die Unterscheidung zwischen „Haupt-“ und „Nebenwohnsitz“ kommt es nicht an.