09.11.2009 | Grenzgänger
Lohnsteuernachforderung bei irrtümlicher unbeschränkter Einkommensteuerpflicht
von StB Dr. Oliver Schmidt, Hamburg
Das FA kann auch dann „nachträglich“ i.S. von § 50 Abs. 5 S. 4 Nr. 1 EStG 1997/§ 50 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 EStG 1997 i.d.F. des StSenkG feststellen, dass die Voraussetzungen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG 1997 nicht vorgelegen haben, wenn es dies bereits bei Erteilung der Bescheinigung hätte bemerken können. Auch bei einer fehlerhaft erteilten Bescheinigung nach § 39c Abs. 4 EStG 1997 kann das FA die zu wenig erhobene Lohnsteuer nachfordern (BFH 23.9.08, I R 65/07, Abruf-Nr. 090427). |
Sachverhalt
Ein Arbeitnehmer mit Wohnsitz in den Niederlanden war mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden in Deutschland tätig. In den Niederlanden, wo auch seine Ehefrau lebt, war er ebenfalls 20 Stunden pro Woche tätig. Er stellte in Deutschland erfolgreich einen Antrag auf Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtiger Arbeitnehmer (§ 1 Abs. 3 EStG i.V. mit § 39c Abs. 4 EStG), obwohl die für die Anwendung dieser Vorschrift maßgeblichen Einkunftsgrenzen nicht erfüllt waren. Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass das FA dem Antrag ohne Weiteres hätte entnehmen können, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Lohnsteuerklasse III nicht vorgelegen haben. Dennoch forderte das FA die Differenz zur Lohnsteuerklasse I nach.
Anmerkungen
Im Kern hatte der BFH die Frage zu entscheiden, ob von einem beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer, der aufgrund einer unzutreffenden Lohnsteuerbescheinigung beim Steuerabzug wie ein unbeschränkt Steuerpflichtiger behandelt worden war, die zu Unrecht nicht einbehaltene Lohnsteuer nachgefordert werden darf.
Dies hängt vom Zusammenspiel zweier Vorschriften im Einkommensteuer- bzw. Lohnsteuerrecht ab. Zum einen ordnet das Gesetz an, dass die abgeltende Wirkung des Lohnsteuerabzugs für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer (unter anderem) dann nicht gelten soll, wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 3 EStG) nicht vorgelegen haben (§ 50 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 EStG). Schon hier ist fraglich, ob man im vorliegenden Sachverhalt von einer nachträglichen Feststellung ausgehen kann, denn das FA hätte ja bereits bei Antragstellung erkennen können, dass die Voraussetzungen der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht offensichtlich nicht vorliegen. Hierauf kommt es aber nicht an, wie der BFH nun entschieden hat. Maßgeblich ist nach dem Wortlaut der Vorschrift allein, dass das Nichtvorliegen der Voraussetzungen der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht nach Erteilung der Bescheinigung festgestellt wurde.
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