03.04.2008 | Tie-Breaker-Regelung
Gehaltstragung von Arbeitslohn nach Art. 15 Abs. 2 OECD-MA
Das abkommensrechtliche Besteuerungsrecht für Arbeitslohn wird nach Art. 15 Abs. 1 OECD-MA grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat des Arbeitnehmers zugewiesen. Ausnahmsweise kann der Ansässigkeitsstaat die Einkünfte für die im Tätigkeitsstaat ausgeübte nichtselbstständige Tätigkeit nach der sog. Tie-Breaker-Regelung in Art. 15 Abs. 2 OECD-MA besteuern, wenn u.a. diese Einkünfte nicht von einem im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber getragen werden (sog. wirtschaftlicher Arbeitgeber). Der folgende Beitrag untersucht die Voraussetzungen für eine solche „Gehaltstragung“ näher, da sich diesbezüglich in der Praxis regelmäßig Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung – insbesondere bei Lohnsteueraußenprüfungen – ergeben.
1. Abkommensrechtliches Besteuerungsrecht von Arbeitslohn
Das abkommensrechtliche Besteuerungsrecht von Einkünften für eine nichtselbstständige Tätigkeit erhält nach Art. 15 Abs. 1 S. 1 OECD-MA grundsätzlich der Ansässigkeitsstaat. Soweit die unselbstständige Tätigkeit, für die der Arbeitslohn gewährt wird, jedoch nicht im Ansässigkeitsstaat, sondern im sog. Tätigkeitsstaat ausgeübt wird, wird diesem nach Art. 15 Abs. 1 S. 2 OECD-MA das entsprechende Besteuerungsrecht zugewiesen; das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats wird insoweit ausgeschlossen. Ausnahmsweise entfällt jedoch das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats nach der sog. Tie-Breaker-Regelung in Art. 15 Abs. 2 OECD-MA und wird dem Ansässigkeitsstaat zugewiesen, wenn
2. Deutsche Finanzbehörden fordern vollständige Gehaltstragung
In der Praxis kommt es regelmäßig zu Streitigkeiten mit den Finanzbehörden, wie das Tatbestandsmerkmal der Gehaltstragung auszulegen ist. Insbesondere in den Fällen, in denen dem ausländischen Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit nach Art. 15 Abs. 1 S. 2 OECD-MA zugewiesen wird, versuchen die deutschen Finanzbehörden regelmäßig nach der Tie-Breaker-Regelung die Zuweisung des abkommensrechtlichen Besteuerungsrechts an den deutschen Fiskus zu erreichen.
Sie vertreten in der Praxis die Ansicht, dass eine Gehaltstragung des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat gemäß Art. 15 Abs. 2 OECD-MA nur dann vorliegt, wenn der ausländische Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat die Gehaltsaufwendungen des Arbeitnehmers vollständig, d.h. 1:1, trägt. Wird das Gehalt nur anteilig (d.h. nicht im Verhältnis 1:1) oder mittelbar vom ausländischen Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat getragen, ist – vorbehaltlich des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen der Tie-Breaker-Regelung – das entsprechende Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus der nichtselbstständigen Tätigkeit im Tätigkeitsstaat Deutschland als Ansässigkeitsstaat zuzuweisen. Das Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats wird entsprechend ausgeschlossen.
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