08.02.2011 | Umsatzsteuer
Anforderungen an den Nachweis der Drittlandsansässigkeit i.S. von § 3a UStG
von Georg Nieskoven, Troisdorf
Gegenüber Nichtunternehmern ausgeführte Leistungen gelten grundsätzlich als am Sitz des leistenden Unternehmers erbracht (§ 3a Abs. 1 UStG). Bei den sog. Katalogdienstleistungen verlagert sich der Besteuerungsort allerdings zum Wohnort des Leistungsempfängers, wenn dieser in einem Drittland ansässig ist. Der BFH hat nun klargestellt, dass für den Nachweis dieser Drittlandsansässigkeit nicht die für Ausfuhrlieferungen geltenden strengen Buch- und Belegnachweiserfordernisse zu erbringen sind (BFH 19.5.10, XI R 6/09, BFH/NV 10, 2211, Abruf-Nr. 103229). |
Sachverhalt
Unternehmer U unterhielt auf einem inländischen Flughafen Wechselstuben. Dabei nahm er in den Streitjahren 1994 bis 1999 vorwiegend von Einreisenden ausländische Währungen entgegen und wechselte diese in inländische Zahlungsmittel (DM). Aus seinen unternehmerischen Eingangsbezügen machte er den Vorsteuerabzug insofern geltend, als dieser auf den Sortenwechsel gegenüber drittlandsansässigen Kunden entfiel. Den Anteil dieses Geschäfts ermittelte U dabei anhand von Aufzeichnungen über die mündlichen Ansässigkeitsangaben der Kunden. Im Zuge einer Außenprüfung wertete das FA den Wechsel ausländischer Sorten in DM als „Lieferung“ von Zahlungsmitteln, deren Ort sich gemäß § 3 Abs. 7 UStG im Flughafen befinde. Infolge der Steuerfreiheit des Geldwechsels nach § 4 Nr. 8b UStG sei ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage statt (FG Hessen 25.11.08, 6 K 1627/03). Es wertete den Sortenwechsel als sonstige Leistung, deren Leistungsort bei drittlandsansässigen Kunden gemäß § 3a Abs. 3 S. 3 UStG ins Ausland verlagert wird. Daher ist nach § 15 Abs. 3 Nr. 2b UStG ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich. In der Revision bestätigte dies der BFH und sah zudem die Aufzeichnungen der mündlichen Ansässigkeitsangaben der Kunden als ausreichenden Beleg für die Drittlandsansässigkeit an.
Anmerkungen
U hatte zu den einzelnen Wechselvorgängen kundenspezifische „residency- sampling-reports“ erstellt, in denen er die mündlichen Kundenauskünfte zu ihrem Wohnsitzstaat aufzeichnete. Das FA hielt diese Nachweisform für nicht ausreichend, sondern ging davon aus, U habe den Beleg über die Drittlandsansässigkeit nach Ausfuhrnachweisgrundsätzen führen müssen - also durch Vorlage des Passes und Aufzeichnung des Namens und der Anschrift des Wechselkunden. Dem tritt der BFH entgegen: Anders als bei Ausfuhrlieferungen, bei denen in § 6 Abs. 4 UStG der Nachweis gesetzlich vorgeschrieben ist und in den §§ 8 bis 17 UStDV ausführlich konkretisiert wird, enthalte zum Erfordernis der Drittlandsansässigkeit des § 3a Abs. 3 S. 3 UStG weder das Gesetz noch die UStDV eine Regelung zu den Nachweismodalitäten. Nach Ansicht des BFH sind daher die zum Ausfuhrnachweis bestehenden Regelungen bei § 3a Abs. 3 S. 3 UStG weder unmittelbar noch analog anwendbar. Mangels gesetzlich fixierter Nachweisregelungen habe das FG daher in freier Beweiswürdigung urteilen dürfen. Seine Einschätzung, die schlichten Wohnsitzabfragen bei den Kunden seien plausibel, hält der BFH nicht für beanstandungswürdig. Aus seiner Sicht scheint es auch ausgeschlossen, dass die Wechselkunden die „reports“ durch Falschangaben ihres Wohnsitzes verfälscht haben könnten, denn sie hätten keinerlei Interesse an bzw. Vorteile von falschen Angaben gehabt.
Praxishinweise
Bei den Katalogdienstleistungen des § 3a Abs. 4 UStG unterbleibt die Belastung mit deutscher Umsatzsteuer, wenn die Leistungen gegenüber drittlandsansässigen Kunden erbracht werden. Diese Rechtsfolge der „Nichtbesteuerung“ im Inland ist auch durch die grundlegende Reform der Leistungsortsbestimmung zum 1.1.10 unverändert geblieben, sodass die Fragestellung nach wie vor Aktualität besitzt. Wie der Unternehmer den Nachweis der Drittlandsansässigkeit zu führen hat, dazu enthalten jedoch die Verwaltungsverlautbarungen (Abschn. 3a.8 UStAE; BMF 4.9.09, IV B 9 - S 7117/08/10001, Rz. 59) keine konkreten Ausführungen. In der Praxis forderten die FA allerdings - in Anlehnung an die Ausfuhrnachweisbestimmungen - häufig entsprechend konkrete und prüfbare Belege zum Leistungsempfängersitz. Aus der vorliegenden BFH-Entscheidung ergibt sich nun die Unzulässigkeit dieser Analogisierung - nicht nur für Finanzdienstleistungen i.S. von § 3a Abs. 4 Nr. 6 UStG, sondern ganz generell für alle Katalogdienstleistungen i.S. von § 3a Abs. 4 UStG. Fraglich ist allerdings, welche Folgen hieraus für die künftige Nachweispraxis resultieren.
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