04.09.2008 | Umsatzsteuer
Praxisüberblick über „europäische Gegenstücke“ zum deutschen Reverse-Charge-Verfahren
Zum 1.1.02 wurde das Abzugsverfahren durch die Übertragung der Umsatzsteuerschuld auf den Leistungsempfänger ersetzt (sogenanntes Reverse-Charge-Verfahren, § 13b UStG). Damit ist die Frage geklärt, wie deutsche Unternehmer zu verfahren haben, wenn sie von Ausländern sonstige Leistungen oder Werklieferungen beziehen, deren umsatzsteuerlicher Leistungsort im Inland liegt. Weitgehend offen ist dagegen die Frage, welche umsatzsteuerlichen Folgen grenzüberschreitende Leistungen deutscher Unternehmer haben. Kommt man zu dem Ergebnis, dass der Leistungsort im EU-Ausland – z.B. in Frankreich – liegt, lautet die Antwort der Praxis häufig: „In diesem Fall ist der französische § 13b UStG anzuwenden.“ Dass dem aber nicht so ist, verdeutlicht der folgende Beitrag.
1. Einführung
Das Problem, vor dem deutsche Unternehmer und deren Steuerberater stehen, lässt sich am ehesten an einem Fallbeispiel verdeutlichen:
Beispiel |
Das in Dortmund ansässige Institut I analysiert im Kundenauftrag u.a. Bodenproben, die von Grundstücken in Frankreich, Italien und Spanien entnommen wurden.
Unterliegen die Vorgänge der deutschen Umsatzbesteuerung oder der Umsatzbesteuerung Frankreichs, Italiens und Spaniens? Ist Letzteres der Fall: Ergeben sich für I steuerliche Pflichten in Frankreich, Italien und Spanien oder werden diese auf die Auftraggeber verlagert? |
Die Bestimmung des Ortes sonstiger Leistungen wurde im europäischen Umsatzsteuerrecht (weitgehend) harmonisiert. Ein deutscher Unternehmer kann den Leistungsort durch Anwendung der deutschen §§ 3a, 3bund 3f UStG bestimmen (diese beruhen auf den europäischen Vorgaben der MwStSystRL). Insoweit stellen die grenzüberschreitenden Sachverhalte den deutschen Unternehmer – und damit seinen steuerlichen Berater – in der Regel vor keine größeren Probleme. Schwierigkeiten ergeben sich erst bei den anschließenden Verfahrensfragen. In Deutschland führen sämtliche von Ausländern erbrachte sonstige Leistungen und Werklieferungen zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. Im europäischen Ausland werden entsprechende Vorgänge hingegen unterschiedlich beurteilt.
2. Reverse-Charge-Verfahren innerhalb der EU
Die Besteuerung richtet sich nach dem jeweiligen europäischen Umsatzsteuerrecht, das sich seinerseits an den Vorgaben der MwStSystRL messen lassen muss. Die in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten anzuwendenden Vorschriften beruhen auf den Vorgaben der Art. 194 ff. MwStSystRL. Dabei ist zu beachten, dass die Mitgliedstaaten in den Fragen des „ob“ und des „wie“ der Umsetzung relativ frei sind (vgl. Art. 194 Abs. 1 MwStSystRL: „können“, Art. 194 Abs. 2 MwStSystRL: „legen die Bedingungen … fest“, Art. 205 MwStSystRL: „können“). UStG, UStDV und UStR 2008 enthalten insoweit keine Anweisungen.
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