11.01.2011 | Umsatzsteuer
Vorlage an EuGH zum Begriff der Auslandsansässigkeit i.S. von § 13b UStG
von Georg Nieskoven, Troisdorf
Abweichend vom Grundsatz der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers schuldet nach § 13b UStG der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer, wenn der Leistungserbringer im Ausland ansässig und damit dem Zugriff des deutschen Fiskus weitestgehend entzogen ist. Diese Auslandsansässigkeit wird zwar in § 13b Abs. 4 UStG (seit 1.7.10: § 13b Abs. 7 UStG) definiert. Der BFH hat den EuGH nun jedoch aufgrund von Auslegungsschwierigkeiten um eine Vorabentscheidung zum Begriff der Auslandsansässigkeit gebeten (BFH 30.6.10, XI R 5/08, Abruf-Nr. 102845). |
Sachverhalt
Einzelunternehmer E hatte im Streitjahr 2002 an zwei Standorten in Österreich ein Gewerbe zur Überlassung von Speditionsfahrern an Transportunternehmen angemeldet. Insofern überließ er bei ihm angestellte Fahrer deutschen Speditionen. Seinen privaten Wohnsitz hatte E zumindest im ersten Halbjahr 2002 unstreitig in Deutschland, bis er ihn zum 1.7.02 nach Österreich verlegte. Auch danach hielt E sich nach den Feststellungen des Hauptzollamtes jedoch noch häufiger bei seiner Lebensgefährtin in Deutschland auf. Aufgrund der Betriebssitze in Österreich und seiner von den österreichischen Steuerbehörden erteilten USt-IdNr. ging E hinsichtlich seiner Personalüberlassungsumsätze davon aus, dass er aus Sicht der deutschen Leistungsempfänger auslandsansässig sei und daher die entsprechende Umsatzsteuer gemäß § 13b UStG von diesen geschuldet werde. Das FA wertete E demgegenüber aufgrund des inländischen Wohnsitzes als Inlandsansässigen und forderte die Umsatzsteuerbeträge von ihm nach. Nach erfolglosem Einspruch gab ihm das FG mit der Begründung Recht, bei der notwendigen gemeinschaftsrechtlichen Auslegung von § 13b UStG sei allein auf die auslandsansässigen Betriebssitze abzustellen. Der BFH hielt dies in der Revision jedoch für fraglich und legte die Rechtsfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Anmerkungen
Die Problematik besteht in der Regelungsdiskrepanz zwischen nationalstaatlichem und gemeinschaftlichem Recht:
- Nach dem Wortlaut des deutschen Rechts ist für den BFH zumindest bis zur Wohnsitzverlegung des E nach Österreich am 1.7.02 die Steuerschuldnerschaftsübertragung i.S. von § 13b UStG nicht einschlägig. Denn für die Verlagerung der Steuerschuld wäre gemäß § 13b Abs. 4 UStG Voraussetzung, dass E als leistender Unternehmer im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung bzw. Zweigniederlassung unterhielte, was aufgrund des inländischen Wohnsitzes bereits zu verneinen sei.
- Auch das Gemeinschaftsrecht fordert zur Steuerschuldnerschaftsübertragung zwar in Art. 21 der 6. EG-RL einen im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen, definiert diese Auslandsansässigkeit jedoch nicht weiter. Da Art. 21 aber auf die Ortsbestimmungsvorschrift des Art. 9 der 6. EG-RL Bezug nimmt, hält es der BFH für naheliegend, bei der Definition der Auslandsansässigkeit des Art. 21 der 6. EG-RL die Sitzdefinition in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e) der 6. EG-RL zu Rate zu ziehen. Danach gilt als Ort der Ansässigkeit der Ort, an dem der Unternehmer den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat oder eine feste Niederlassung unterhält oder - in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung - sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort. Dem Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt kommt also nur dann Bedeutung zu, wenn die Person über keinen Unternehmenssitz verfügt.
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